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"DER STANDARD"-Kommentar: "Ein Held namens Fritz" von Michael Völker

Geschrieben am 18-12-2013

Die Beamten setzten ein Zeichen ihrer Macht - und ihrer
Unzufriedenheit - Ausgabe vom 19.12.2013

Wien (ots) - Kaum ein Beruf ist so klischeebehaftet wie jener des
Beamten. Und jeder hatte schon eine Begegnung mit ihm: mit dem
unwilligen, griesgrämigen, herablassenden Beamten. Mit dem man nicht
als Bürger, sondern als Bittsteller in Kontakt tritt. Von dem man im
Kreis geschickt wird. Auch wenn dieses Relikt längst vergriffen ist:
Der Ärmelschoner steht sinnbildlich für das Berufsbild des Beamten.
Diesen Beamten gibt es so nicht mehr. Weder Ärmelschoner noch
Pragmatisierung: Die Zahl der Bundesbeamten nimmt ab, jene der
Vertragsbediensteten steigt, und diese genießen weder Pragmatisierung
noch Pensionsprivilegien. Wobei es immer noch ein paar gibt, die es
besonders gut -haben: Die Gemeindebediensteten in Wien und Graz etwa
sind als Privilegienritter unterwegs. Dennoch: Die meisten Beamten
sind engagierte und leistungsstarke Mitarbeiter. Es gibt auch die
motivierten Lehrer. Es geht ihnen nicht schlecht: Beamten und
Vertragsbedienstete verdienen besser als andere Berufsgruppen, unter
den unselbstständigen Erwerbstätigen haben sie das höchste Einkommen.
Und jetzt gehen sie für mehr Geld demonstrieren. Mehrere Zehntausend
waren am Mittwoch auf der Straße, weil ihnen die von der Regierung
angebotene Gehaltserhöhung von 1,7 Prozent nicht ausreicht.
Erstaunlich. Die Beamten haben eine sehr effiziente
Gewerkschaftsvertretung. Ein Fritz Neugebauer kämpft unbeirrt für
seine Sache. Die seiner Leute. Das Werkl der Gewerkschaft
Öffentlicher Dienst läuft wie geschmiert: Wenn die Beamten
demonstrieren gehen, wird der Ring von der Oper bis zum Parlament
gesperrt - als Parkplatz für die Busse. Es geht - auch - um
Folgendes: Nach der Nulllohnrunde im vergangenen Jahr fordert
Neugebauer jetzt den vollen Ausgleich von 2,3 Prozent. Die Beamten
auf der Straße, das war ein beeindruckendes Zeichen der Macht. Und
ein Zeichen ihrer Organisationsfähigkeit. Hochschulprofessoren neben
Polizisten, Krankenpflegerinnen neben Richtern, Kindergärtnerinnen,
Lehrer und Schulwarte - und ihr Held heißt Fritz. Sie haben die
Bundeshauptstadt am Mittwoch ins Chaos geschickt - verkehrstechnisch.
Dass alles andere in Österreich gut funktioniert hat, obwohl
angeblich 30.000 Beamte nicht an ihrem Arbeitsplatz waren, verleitete
so manchen zu Scherzen. Wie ungerecht. Immerhin haben die Beamten
nicht gestreikt. Noch nicht. Fritz Neugebauer schließt auch das nicht
aus. Und es hängt tatsächlich sehr viel an der Person Neugebauer, der
mit seiner Beharrlichkeit der Gewerkschaft einen Weg vorgibt, den sie
sonst so nicht finden und beschreiten würde. Ihm geht es nicht nur um
ein paar Zehntelprozentpunkte. Ihm geht es ums Prinzip. Wer am
Mittwoch genau hingehört hat, konnte feststellen: Nicht nur das
Gehalt war Thema. Da entlud sich bei vielen der beamteten
Demonstranten auch die Unzufriedenheit mit der Politik. Diese
Stimmungslage sollte den Regierenden zu denken geben. Einem Werner
Faymann und Michael Spindeleger fühlt sich die Mehrheit dieser
Bediensteten offenbar nicht verbunden. Die sehen sich bei Fritz, dem
Popstar der Staatsdiener, dem Che Guevara der Hofräte, zu Hause:
nicht nur, damit am Ende ein Zweier vorn steht. Auch, weil es um mehr
geht. Um Anerkennung, um Zusammenhalt, um Stolz. Um Faymann,
Spindelegger und um das Prinzip.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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