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Exklusives stern-Interview mit Julija Timoschenko aus dem Gefängnis: "Ich habe gelernt, durch Mauern zu blicken"

Geschrieben am 17-12-2013

Hamburg (ots) - Die inhaftierte Ex-Ministerpräsidentin der
Ukraine, Julija Timoschenko, hat die Europäische Union zum Handeln
gegen den ukrainischen Staatspräsidenten Wiktor Janukowitsch
aufgerufen. In einem schriftlich geführten, exklusiven Interview mit
dem Hamburger Magazin stern erklärt sie: "Die endlosen Verhandlungen
haben überhaupt keinen Sinn. Man muss handeln!"

Timoschenko ruft den Westen dazu auf, Sanktionen gegen Präsident
Wiktor Janukowitsch, seine Familie sowie Regierungsmitglieder und
hochrangige Vertreter des ukrainischen Machtapparats zu verhängen.
Unter anderem Einreiseverbote und das Einfrieren von Auslandskonten.
Zudem solle eine Experten-Gruppe aus Diplomaten, Ermittlern und
Journalisten "die korrupten Machenschaften des Janukowitsch-Clans
untersuchen". Timoschenko im stern: "Europa muss sich entscheiden
zwischen den europäischen Bestrebungen des ukrainischen Volkes und
dem Wohlstand eines korrupten Diktators."

Die Ex-Regierungschefin wirft dem Präsidenten vor, er habe das
Assoziierungsabkommen mit der EU niemals unterzeichnen wollen. Die
demokratischen Werte der EU seien "nicht kompatibel mit seinem Plan,
ewig zu herrschen". Die Politikerin fährt fort: "Er hat sich dafür
entschieden, dem Klub der Diktatoren beizutreten. Keiner soll dabei
stören, dem Land die letzten Ressourcen zu nehmen, die Gefängnisse
mit politischen Gefangenen zu füllen und die Herrschaft nach seinem
Lebensende an seine Milliardärssöhne weiterzugeben." Die Angst
Janukowitschs vor ihr sei "so groß, dass er sie nicht verstecken
kann". Statt sie freizulassen, wie die EU es gefordert habe, ziehe er
es vor, "eine Geisel in seiner Folterkammer zu haben". Für den Fall
einer Annäherung der Ukraine an Russland prognostiziert die
Politikerin, das könne "der Anfang vom Ende unserer Unabhängigkeit"
werden: "Mit Russland werden wir alles verlieren, was wir haben.", so
Timoschenko im stern.

Ausführlich spricht Timoschenko über ihre Haftbedingungen in einem
Charkiwer Krankenhaus. Ihr Aufenthalt habe "mit medizinischer
Versorgung nicht viel zu tun". Sie sei in einer Zelle eingesperrt und
seit dem 5. August 2011, dem Tag ihrer Verhaftung, nicht mehr an der
frischen Luft gewesen. Viele der Ärzte hätten ihr Hilfe verweigert,
"selbst als ich das Bewusstsein verloren hatte oder verprügelt
wurde". 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche werde sie von
Kameras beobachtet. Sie könne sich nicht einmal ungestört waschen.
"Diese 'Teleshow' hat große Wirkung auf mich."

Wenn sie aus dem Fenster schauen wolle, sehe sie nichts, denn "die
Fenster wurden innen und außen mit Farbe beschmiert". Doch sie habe
gelernt, "durch zugeklebte Fenster und durch Mauern hindurch zu
blicken". Timoschenko im stern: "Heute sehe und spüre ich, wie der
Majdan in Kiew dröhnt, wie die Sonne in meinem Land aufgeht." Deshalb
fühle sie sich trotz ihrer Haftbedingungen und Schmerzen
hervorragend: "Denn die Ukraine ist wieder gegen die Niedertracht und
Abscheulichkeit eines autoritären Regimes aufgestanden. Selbst hier
im Gefängnis kann man den Wind der Freiheit einatmen."

Diese Vorabmeldung ist nur mit der Quellenangabe stern zur
Veröffentlichung frei.



Pressekontakt:
stern-Redakteurin Bettina Sengling, Telefon 040 - 3703 3629


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