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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Afghanistan

Geschrieben am 26-11-2013

Bielefeld (ots) - Das Tischtuch zwischen Washington und Kabul ist
zerschnitten. Es gibt keine diplomatische Zurückhaltung mehr. Nach
der Weigerung von Präsident Hamid Karsai, der Stationierung von
US-Truppen über 2014 hinaus zuzustimmen, drohen die USA jetzt
unverhohlen mit Abzug. Das hätte extrem weitreichende Folgen. Am
härtesten träfe es die Afghanen selbst, die sich damit vom warmen
Dollarstrom abschnitten und sicherheitspolitisch auf Harakirikurs
gingen - ganz abgesehen von den Folgen für die Zivilgesellschaft.
Frauen und Kinder verlören massiv an Rechten, einfache Bürger fielen
auf Sklavenstatus zurück. Wer das für übertrieben hält, frage im
Kabuler Justizministerium nach, was dort in diesen Tagen allen
Ernstes schon diskutiert wird: Auspeitschen oder Steinigung bei
Ehebruch. Das von den USA verlangte Truppenstatut sieht unter anderem
vor, dass ausländische Soldaten nicht vor afghanische Gerichte
gestellt werden dürfen. Das ist Nato-weit selbstverständlich.
Jahrelang hat sich Karsai, dessen Macht lange Zeit kaum über die
Hauptstadt hinausging, von souverän agierenden US-Truppen schützen
lassen. US-Sicherheitsberaterin Susan Rice hat klargestellt, dass
die USA ohne prompte Unterzeichnung eines Stationierungsabkommens für
die nächsten zehn Jahre »umplanen« müssten. Ohne Abkommen gibt es
keine Finanzzusagen an die noch im Aufbau begriffenen afghanischen
Sicherheitskräfte und auch nicht für den zivilen Wiederaufbau. Für
den Fall, dass die US-Truppen das Land so schnell wie möglich
verlassen, wäre auch die gesamte Nato-Truppenpräsenz beendet.
Deutschland müsste zugleich seine umfangreiche
Entwicklungszusammenarbeit beenden. Viele Erfolg versprechende
Projekte wären für die Katz und die Sicherheit deutscher Zivilhelfer
noch weniger gewährleistet als ohnehin schon. Sollten wieder die
alten Kräfte, egal ob Warlords oder Steinzeit-Islamisten, die Macht
am Hindukusch übernehmen, müsste Deutschland seine Zahlungen sofort
einfrieren. Alles andere wäre gegenüber dem Steuerzahler nicht zu
verantworten und würde letztlich Terror begünstigen. Machen wir uns
nichts vor: Es gibt keine guten Taliban, auch nicht nach dem Tod von
Osama Bin Laden und der weitgehenden Zerschlagung von El-Kaida als
zentral geführtes Netzwerk des Terrors. Das wahrscheinlichste
Szenario für ein Afghanistan ohne westliche Sicherheits- und
Wirtschaftszusammenarbeit dürfte ähnlich aussehen wie das Land nach
dem Abzug der Russen 1989. Damals zerfiel Afghanistan wieder in
Stammesterritorien, es bildete sich eine Nordallianz und Bürgerkrieg
überzog den im Prinzip unregierbaren Süden. 1994 übernahmen die
damals noch Koran-Schüler genannten Taliban mit Kandahar die erste
größere Stadt. Der Rücksturz ins Mittelalter war nicht mehr
aufzuhalten.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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