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Lausitzer Rundschau: Eine politische Zäsur SPD will sich auch für Koalitionen mit den Linken öffnen

Geschrieben am 12-11-2013

Cottbus (ots) - Der Schritt war erwartet worden. Und dennoch
stellt der auf dem Bundesparteitag bevorstehende Beschluss der SPD,
keine Koalitionen mehr auszuschließen (außer mit Rechtspopulisten),
eine Zäsur dar. Es ist de facto das Angebot an die Linkspartei, in
eine gemeinsame Regierung mit Grünen und Sozialdemokraten
einzutreten, wenn die Voraussetzungen dafür stimmen: eine Mehrheits-,
keine Minderheitsregierung. Eine solide finanzierte Politik, kein
Aushebeln der Schuldenbremse. Und das Einhalten der
Bündnisverpflichtungen Deutschlands. Kein Pazifismus um jeden Preis.
Das wird sehr schnell die politische Wirklichkeit in Deutschland
verändern, schon bei den nächsten Landtagswahlen. Auf dieser Ebene
war das Tabu zwar schon gelockert worden, nun ist es komplett weg.
Die Union kann wieder versuchen, mit Warnungen vor Rot-Rot-Grün zu
punkten, doch wird davon niemand mehr geschockt sein. Zumal die Union
ja selbst immer lockerer ihren Rubikon überschreitet, den zu
Schwarz-Grün. Die SPD bekommt mit der Öffnung zu Rot-Rot-Grün wieder
eine eigene Machtperspektive im Bund. Dass sie fehlte, war einer der
Gründe für ihre Wahlniederlage im September. Der Beschluss macht die
SPD stärker und setzt damit die Große Koalition unter Druck, noch ehe
sie gebildet ist. Zum einen werden die anstehenden Wahlkämpfe in den
Ländern nun wohl härter geführt werden, was auf die Zusammenarbeit in
Berlin abfärben dürfte. Vor allem aber wird die Sorge der
Christdemokraten wachsen, mitten in der Legislaturperiode durch einen
Koalitionswechsel der SPD ausgebootet zu werden. Schon jetzt gibt es
ja eine rot-rot-grüne Mehrheit im Bundestag. Und die Union weiß,
wovon sie redet. Sie hat 1982 die FDP dazu gebracht, mitten in der
Wahlperiode die Pferde zu wechseln, von Helmut Schmidt zu Helmut
Kohl. Die Regierung Merkel-Gabriel wird also noch mehr als ohnehin
schon eine Große Koalition des Misstrauens werden. Unter Druck gerät
durch den Beschluss vor allem aber die Linke. Sie muss nun raus aus
der oppositionellen Kuschelecke. Die Haltung zu den (erfolgreichen)
Agenda-Reformen, die Einstellung gegenüber Wirtschaft und
Unternehmertum, der Blick auf Deutschlands Verantwortung in der Welt
- überall wird sich die Linke bewegen müssen. Nicht zur
Prinzipienlosigkeit, aber zur Realpolitik. Sonst sind Stimmen für sie
in den Augen ihrer Wähler bald verlorene Stimmen. Womöglich wird das
die ohnehin stark in einen Ost- und einen West-Flügel
auseinanderdriftende Partei endgültig spalten. Und die SPD? Auch sie
gerät mit dem Beschluss unter Druck. Nämlich, sich selbst nicht noch
weiter nach links zu entwickeln. Sonst wäre das Ganze ein
Nullsummenspiel. Die SPD muss eine soziale Volkspartei bleiben, eine
verantwortliche Volkspartei. Erst recht, wenn sie ein linkes Bündnis
will. Sie muss zur Mitte hin ausgreifen. Das interne Verständnis
vieler Funktionäre und Mitglieder freilich ist ein anderes. Da will
man "Macht" und mit ihr machen, was man will. Den klügsten Satz des
Tages hat ausgerechnet Links-Fraktionschef Gregor Gysi dazu gesagt:
Eine rot-rot-grüne Koalition setze eine Wechselstimmung voraus. Und
sie müsse auf eine Akzeptanz auch bei jenen stoßen, die sie nicht
gewählt hätten. Bis diese beiden Bedingungen erfüllt sind, ist es
allerdings noch ein sehr langer Weg.



Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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