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DER STANDARD - Kommentar: "Alter Proporz als neuer Stil" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 08-11-2013

Sogar der Bundespräsident warnt SPÖ und ÖVP, den ORF an die
Kandare zu nehmen. (Ausgabe vom 9.11.2013)

Wien (ots) - Der ORF war?s. Schon am Wahlabend hatten SPÖ und ÖVP
den Schuldigen an ihrem Stimmenschwund ausgemacht. Wie aus den
Koalitionsverhandlungen zu vernehmen ist, wird dort das Thema weiter
erörtert. Schließlich sollte das Rundfunkgesetz nach einer
Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs repariert werden - was die
Gelegenheit ist, ?wieder den guten alten Proporz herzustellen. Die
geplante Verkleinerung der ORF-Gremien von 35 auf 15 Mitglieder soll
dazu genutzt werden, den Einfluss von SPÖ und ÖVP abzusichern und die
Opposition möglichst draußen zu halten. Damit nicht genug: Dass ein
alleiniger ORF-Chef "nicht mehr zeitgemäß" ist, tat der damals noch
für Medien?fragen zuständige ÖVP-Klubob- mann Karlheinz Kopf in einem
?Standard-Interview zwei Wochen vor der Wahl kund. Die ÖVP will einen
der Ihren an der Seite des einst von der SPÖ nominierten Alexander
Wrabetz. Als Kandidaten gelten ORF-Finanzdirektor Richard Grasl und
Kurier-Chefredakteur Helmut Brandstätter. Es trifft sich gut, dass
auch die SPÖ wieder einmal nicht mehr gut auf Wrabetz und
insbesondere seine Programmdirektorin Kathrin Zechner zu sprechen
ist. Unmittelbar nach dem Urnengang hat der damals noch als Klubchef
agierende Josef Cap "die Kommunikation" als Hauptproblem der
Regierung genannt. Damit waren auch die TV-Duelle gemeint. Denn die
übermäßige Präsenz der Opposition auf dem Bildschirm nutzte der
politischen Konkurrenz, darin waren sich die Koalitionäre einig. Wie
absurd das Argument ist, zeigt sich auch daran, dass sich nach
allgemeiner Experteneinschätzung Frank Stronach bei den TV-Duellen
selbst demontiert hat und die nicht eingeladenen Neos dennoch den
Sprung in den Nationalrat geschafft haben. Kanzler Werner Faymann und
Vizekanzler Michael Spindelegger hatten selbst entschieden, trotz
Einladung der Elefantenrunde am Donnerstag vor der Wahl
fernzubleiben. Dass sie dem Druck, die Runde gleich abzusagen, nicht
nachgegeben hat, wird nun der Programmdirektorin zum Vorwurf gemacht.
Ihr weiteres "Vergehen": nicht verhindert zu haben, dass ein
kritischer Beitrag über den niederösterreichischen Landeshauptmann
Erwin Pröll (ÖVP) in der Zeit im Bild ausgestrahlt worden ist. Der
Redakteursrat stärkt ihr in einer Erklärung den Rücken: "Zechner
lässt die Journalistinnen und Journalisten unbeeinflusst arbeiten."
Die ORF-Journalisten warnen vor dem Versuch, die Geschäftsführung in
einen "roten" und "schwarzen" Chef aufzuteilen. "Das wäre ein
Rückfall in den finstersten Parteienproporz der 60er-Jahre." Das
Rundfunkvolksbegehren 1964 richtete sich genau dagegen. Der ansonsten
zur Vorsicht neigende Bundespräsident Heinz Fischer warnte am
Donnerstag öffentlich davor, die Unabhängigkeit des ORF
einzuschränken. Das ist eine Bestätigung, wie ernst es SPÖ und ÖVP
ist, den ORF an die Kandare zu nehmen. All jene, denen "ein wirklich
unabhängiger ORF am Herzen liegt", würden vor allem "die Reihe an
wichtigen Entscheidungen in den nächsten Wochen" mit Aufmerksamkeit
verfolgen, sagte der Bundespräsident. Aus seinem Mund klingt das
schon fast wie eine Drohung und ein Aufruf zum Widerstand. Es zeigt
das Ausmaß der Besorgnis, dass der angekündigte neue Stil der
Koalitionäre als alter Proporz im ORF wiederkehrt.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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