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DER STANDARD - Kommentar "Heraus aus den Gräben" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 27-09-2013

Ein offener Brief einer Wählerin an die Politiker nach diesem
Wahlkampf - Ausgabe vom 28./29.9.2013

Wien (ots) - So wirklich Lust, an diesem Sonntag meine Stimme
einzubringen, habe ich nach diesem Wahlkampf nicht. Es wurde viel
geredet, aber wenig gesagt. Am wenigsten über jene Themen, die uns
alle über den Wahltag hinaus beschäftigen. Das Land ist zugepflastert
mit Plakaten, auf denen nicht einmal mehr etwas Konkretes versprochen
wird. Reflexartig sind alle Parteien wieder in ihre Klientelpolitik
zurückgefallen. Die Konfrontationen im ORF und auf den Privatsendern
hätten wirkliche Debatten ermöglicht. Aber was jeder Interessierte zu
sehen und hören bekam, war kein Beitrag zur Steigerung der
Diskussionskultur in diesem Lande, sondern zur Selbstbeschädigung der
Politiker. Es wurde geduzt, die Schläge waren häufig unter der
Gürtellinie. Es ging vor allem darum, den anderen schlechtzumachen.
Konstruktive Ansätze und neue Ideen waren nicht auszumachen. Obwohl
alle Parteien Steuersenkungen im Wahlkampf versprochen haben, ist
klar, was auf uns zukommt: ein Sparpaket. Wie viele Milliarden allein
für die Hypo Alpe Adria noch gebraucht werden, dürfte längst klarer
sein als öffentlich kommuniziert. Hypo Alpe Adria, Kommunalkredit und
ÖVAG kosten die Steuerzahler zusammen mindestens 20 Milliarden Euro.
Das sind 2500 Euro pro Österreicher. Ohne zusätzliche Belastungen für
die Bevölkerung wird es nicht gehen, will man die Verschuldung nicht
weiter steigern - was die EU-Kriterien verletzen würde. Ob die ab
2014 eingeplanten 500 Millionen Euro an Einnahmen aus der
Finanztransaktionssteuer tatsächlich fließen, ist mangels EU-Einigung
noch längst nicht fix. Die Wahl in Deutschland, nicht jene in
Österreich, war der Grund dafür, warum so wenig über den weiteren
Finanzbedarf für Griechenland gesprochen wurde. Dass weiter etwas auf
uns zukommen wird, ist auch klar. Apropos Sparen: Es ist Zeit, wieder
einmal die 599 Vorschläge des Rechnungshofs zum Thema Verwaltungs-
und Föderalismusreform herauszuholen. Bis zu fünf Milliarden Euro
könnten gehoben werden. Es ist Zeit, darüber offen zu diskutieren, ob
ein kleines Land solche Strukturen braucht: neun Bundesländer, mit
Landtagen, dem Bundesrat etc. Wenn, wie in der Steiermark, Gemeinden
zusammengelegt werden, sollte man auch über die nächste Ebene reden -
und das nicht zum Tabu machen. Auch über das Thema Pensionen wird
nicht offen gesprochen: Jeder weiß, das geht sich nicht mehr aus,
wenn nur noch jede dritte Pension beitragsfinanziert ist - und die
Lebenserwartung steigt. Höchste Zeit ist es, sich dem Thema Bildung
zu widmen: Kommt raus aus euren Gräben, vergrabt eure ideologischen
Standpunkte und sucht Modelle, die dazu beitragen, dass Schüler
besser lernen und engagierte Lehrer mehr einbringen können. Der
nächste logische Schritt ist, mehr in Wissenschaft, Forschung und
Entwicklung zu investieren. Das hat im Wahlkampf gar keine Rolle
gespielt. Steuerreform, Integration sind weitere Themen, die
angegangen werden müssen - da gab es wenigstens konkrete Vorschläge
im Wahlkampf. Dagegen ist das Thema Wahlrecht und direkte Demokratie
untergegangen. In den nächsten fünf Jahren habt ihr Zeit zu
diskutieren und konkrete Schritte zu setzen, damit am Ende der
Legislaturperiode nicht wieder so viele zweifeln, ob sie das hart
erkämpfte Wahlrecht tatsächlich nutzen sollen. Trotz allem: Ich wähle
auch diesmal, Alexandra Föderl-Schmid

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445


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