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fög - Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft: Onlinenews - mehr Konzentration, stagnierende Einnahmen, niedrigere Qualität

Geschrieben am 25-09-2013

Zürich (ots) - Die Medienkonzentration ist bei den
Online-Informationsmedien deutlich ausgeprägter als bei der Presse.
Nur die grössten drei Verlagshäuser - neben der SRG SSR - konnten
bislang nutzungsstarke Newssites lancieren. Die Medienvielfalt ist im
Onlinesegment damit deutlich kleiner als im Pressebereich,
gleichzeitig ist die Qualität der Onlinemedien in der Regel niedriger
als in gedruckten Informationsmedien. Trotz steigender Nutzungszahlen
stagnieren zudem online die Werbeeinnahmen.

Jahrbuch 2013 Qualität der Medien - Schweiz Suisse Svizzera

Zum vierten Mal hat das fög - Forschungsinstitut Öffentlichkeit
und Gesellschaft / Universität Zürich die Versorgung der Schweiz mit
Informationsmedien, deren Qualität und Nutzung sowie die Einnahmen
der Medienunternehmen untersucht. Unter anderem wird gezeigt, dass
2012 bezüglich Finanzierung des Informationsjournalismus ein
schlechtes Jahr war: Die Informationspresse erzielte 183 Mio. CHF
weniger Werbeerlöse als im Vorjahr. Trotz steigender Nutzung
stagnierten die Einkünfte im Bereich der Newssites und auch die
Werbeeinnahmen des öffentlichen Fernsehens waren rückläufig.
Nennenswerte Werbezuwächse waren nur dort zu verzeichnen, wo kein
publizistischer Mehrwert entsteht, d.h. bei den Werbefenstern
ausländischer Privatfernsehangebote sowie bei branchenfremden
Anbietern (u.a. Bluewin.ch) und Suchmaschinen (Google). Wo in den
Verlagshäusern noch Geld verdient wird (z.B. mit Onlinerubriken wie
Autoscout oder Homegate), da erschwert ein Profitcenter-Denken die
Querfinanzierung des Informationsjournalismus.

Kontinuierlich sinkende Einordnungsleistung

Knappe Ressourcen gefährden die Qualität im
Informationsjournalismus. Besonders deutlich zeigt sich dies bei der
Kernaufgabe des Journalismus, Ereignisse einzuordnen und Hintergründe
aufzuzeigen. Diese Einordnungsleistung ist im Zeitraum von 2010 bis
2012 kontinuierlich gesunken. Die Berichterstattung ist also
episodischer geworden und vermittelt weniger Hintergrundwissen.

Qualitätsscoring: Gratiszeitungen fallen hinter Boulevardzeitungen
zurück

Fast alle Medientypen mit überdurchschnittlichen Qualitätswerten
erleiden im Vergleich zum Vorjahr Qualitätseinbussen. So erzielte das
öffentliche Radio 2012 zwar immer noch das beste Resultat aller
untersuchten Medientypen, der entsprechende Qualitätswert ist von
2011 auf 2012 aber beträchtlich gesunken und auch bei den
Abonnementszeitungen ist die Qualität von 2011 auf 2012 tiefer
geworden.

Über alle Medientypen mit unterdurchschnittlichen Qualitätswerten
hinweg haben sich die Newssites der Gratiszeitungen von 2011 auf 2012
qualitativ am meisten verschlechtert. Einen erheblichen
Qualitätsverlust erleiden auch die gedruckten Ausgaben der
Gratiszeitungen. Demgegenüber haben sich die Boulevardzeitungen seit
2010 kontinuierlich verbessert. Die Qualität der Gratiszeitungen on-
und offline fällt damit im Jahr 2012 erstmalig hinter die der
Boulevardzeitungen zurück.

Ein Qualitätsscoring sämtlicher hinsichtlich ihrer inhaltlichen
Qualität im Jahr 2012 untersuchten Medientitel findet sich in den
«Hauptbefunden» zum Jahrbuch Qualität der Medien, Ausgabe 2013,
abrufbar auf: www.foeg.uzh.ch.

Medienkonzentration online noch stärker als offline

Die Medienkonzentration in der Schweiz hat sich verschärft und
prägt auch den Onlinemarkt. Nur die drei grössten Verlagshäuser sind
- neben der SRG SSR - bislang in der Lage, nutzungsstarke Newssites
zu betreiben. Ein hoher Investitionsbedarf, starke Konkurrenz durch
branchenfremde Anbieter (Telekom-, Softwareunternehmen,
Suchmaschinen), stagnierende Werbeeinnahmen und marktmächtige
Online-Verbundsysteme wie Newsnet schränken die Anzahl relevanter
Newssiteangebote stark ein.

Gesamthaft zeigt sich bei den Informationsmedien im Onlinebereich
- entgegen den Hoffnungen, die ins Internet gesetzt wurden - nicht
eine höhere, sondern gegenüber den Printmedien geringere
publizistische Vielfalt: Die Titelzahl der nutzungsstarken
Informationsangebote im Onlinebereich ist um 40% geringer als im
Printsektor. Es bestätigt sich zudem erneut, dass die publizistische
Qualität der Online-Informationsmedien in der Regel niedriger ist als
bei den entsprechenden Printmedien. Unter anderem wirkt sich im
Onlinebereich der hohe Aktualitätsdruck stark negativ auf die
Einordnungsleistung aus.

Tamedia führt den Konzentrationsprozess an

Treibende Kraft hinter dem Konzentrationsprozess im Print- wie
Onlinebereich ist die Tamedia AG. In der Suisse romande kontrolliert
die Tamedia AG mittlerweile 68% des weitverbreiteten Pressemarktes,
in der Deutschschweiz sind es 36%, in der gesamten Schweiz 41%.
Dieses Verlagshaus konnte seine Marktanteile auch im Onlinebereich in
allen Sprachregionen am deutlichsten steigern: In der Deutschschweiz
erzielt die Tamedia AG einen Anteil von 23%, gefolgt von Swisscom
(Bluewin.ch) mit 20% und der Ringier AG mit 17%. In der französischen
Schweiz erreichte die Tamedia AG sogar einen Online-Marktanteil von
32%, gefolgt von Microsoft Advertising Schweiz (msn.ch) mit 26% und
Swisscom mit 21%. Diese Zahlen zeigen zudem, dass die Hauptkonkurrenz
der Verleger im Onlinebereich nicht die SRG SSR ist, sondern
branchenfremde Anbieter, die neben Servicedienstleistungen (z.B.
Webmail) auch News anbieten.

Konzentration und Kommerzialisierung im Ländervergleich

Eine Vertiefungsstudie zum Langzeitwandel der Medienstrukturen in
fünf europäischen Vergleichsländern (Deutschland, Frankreich,
Grossbritannien, Österreich, Schweiz) zeigt, dass die Schweiz in
Bezug auf Medienkonzentration und Kommerzialisierung nicht allein
ist. Die Dynamik beginnt in der Schweiz später, verläuft seit den
1980er Jahren allerdings rascher als in anderen Ländern. In allen
untersuchten Ländern ist eine hohe und stark steigende Bedeutung des
Boulevardjournalismus feststellbar, die - ausser in Deutschland - in
den letzten 15 Jahren durch Gratiszeitungen und Newssites akzentuiert
wird.

Redaktionelle Twitter-Nutzung ohne publizistischen Mehrwert

Eine weitere Vertiefungsstudie zur Twitter-Kommunikation von
Medienredaktionen und Journalisten kommt zum Ergebnis, dass die
Verwendung von Twitter durch die Medienredaktionen kaum einen
publizistischen Mehrwert erbringt. Twitter wird von den Redaktionen
primär als Promotionskanal für Beiträge aus dem eigenen Haus
verwendet. Und die Möglichkeiten zur Interaktion werden praktisch
nicht genutzt.

Twitter zeigt damit deutliche Züge massenkommunikativer
Einwegkommunikation mit Werbecharakter und wird dem Anspruch des
Sozialen (Social Media) nicht gerecht. Wenn einzelne Journalisten
twittern, so ist ein grösserer publizistischer Mehrwert
festzustellen. Journalisten diskutieren auf Twitter vergleichsweise
oft medienkritische Fragen. Allerdings konzentriert sich diese
Medienkritik auf die Erzeugnisse der anderen Verlage und bleibt in
ihrer Reichweite stark limitiert, d.h. sie wird nicht von
reichweitenstarken Informationsmedien aufgegriffen.

Untersuchungsanlage und Methodik

Diese Untersuchung der Qualität der Medien vollzieht sich auf zwei
Stufen. Erstens wird die publizistische Versorgung - d.h. die Auflage
bzw. die Nutzung, die Einnahmen und die Besitzverhältnisse der
Informationsmedien in der Schweiz - untersucht. Im Jahre 2012
erreichen 148 Medientitel die für diese Untersuchung erforderliche
Abdeckungsrate von 0.5% der sprachregionalen Wohnbevölkerung. Von
diesen Titeln werden jeweils in einem zweiten Schritt die 39
bedeutendsten Titel aller Mediengattungen (Presse, Radio, Fernsehen,
Newssites) in den drei grossen Sprachregionen der Schweiz einer
inhaltlichen Validierung auf der Basis der Qualitätsmerkmale
Vielfalt, Relevanz, Aktualität und Professionalität unterzogen.
Ergänzend wird für 12 Medientitel des Privatrundfunks in diesem
Jahrbuch eine vertiefte Qualitätsvalidierung durchgeführt.
(Weiterführende Informationen auf: www.foeg.uzh.ch ).

Jahrbuch 2013 Qualität der Medien - Schweiz Suisse Svizzera

Wozu dieses Jahrbuch? Das Ziel dieses Jahrbuchs ist die Stärkung
des Qualitätsbewusstseins bei den Medienmachern und beim Publikum.
Das Jahrbuch bildet eine Quelle für Medienschaffende, Akteure aus
Politik und Wirtschaft, die Wissenschaft und für alle Interessierte,
die sich mit der Entwicklung der Medien und ihren Inhalten
auseinandersetzen wollen. Anstoss für das Jahrbuch bildet die
Einsicht, dass die Qualität der Demokratie von der Qualität der
medienvermittelten Kommunikation abhängt. Das Jahrbuch will einen
Beitrag dazu leisten, dass die Qualität der Medien ein wichtiges
Thema öffentlicher Kommunikation wird.

Was sind die Neuerungen im diesjährigen Jahrbuch? Das Jahrbuch
2013 wurde verschlankt, indem die bisher im Rahmen des Jahrbuchs
veröffentlichten Vertiefungsstudien als separate ePublikationen
veröffentlicht werden ( www.schwabeverlag.ch / www.foeg.uzh.ch ). Das
gedruckte Jahrbuch besteht jetzt und künftig aus den Hauptbefunden
und der systematischen jährlichen Beobachtung der Schweizer
Medienarena sowie aller Gattungen der Informationsmedien (Presse,
Radio, Fernsehen und Online).

Wer zeichnet für dieses Jahrbuch verantwortlich? Das Jahrbuch wird
herausgegeben durch das fög - Forschungsinstitut Öffentlichkeit und
Gesellschaft / Universität Zürich ( www.foeg.uzh.ch ). Folgende
Autoren sind am Jahrbuch 2012 beteiligt (in alphabetischer
Reihenfolge): Urs Christen, Mark Eisenegger, Patrik Ettinger, Angelo
Gisler, Susanne Gedamke, Lucie Hauser, Florent Heyworth, Kurt Imhof,
Otfried Jarren (Gastautor), Esther Kamber, Jens Lucht, Mario Schranz,
Linards Udris.

Wer finanziert und unterstützt dieses Jahrbuch? Die Finanzierung
für das Jahrbuch wird durch die gemeinnützige Stiftung Öffentlichkeit
und Gesellschaft ( www.oeffentlichkeit.ch ) eingebracht. Der
Stiftungsrat setzt sich zusammen aus: Christine Egerszegi-Obrist,
Kurt Imhof, Yves Kugelmann, Oswald Sigg, Peter Studer und neu ab
September 2013: Fabio Lo Verso, Dick Marty.

Die Stiftung verdankt die Mittel für das Projekt den folgenden
Donatoren: Adolf und Mary Mil Stiftung, Allreal Holding AG, Anne
Frank Fonds Basel, Credit Suisse Foundation, Die Schweizerische Post
AG, Verband Interpharma Basel, Paul Schiller Stiftung, Schweizerische
Mobiliar Versicherungsgesellschaft AG, Stiftung für Gesellschaft,
Kultur und Presse - Schweiz, Stiftung Qualitätsjournalismus
Ostschweiz, Swiss Re, Vontobel-Stiftung, Zürcher Kantonalbank und
verschiedenen Einzeldonatoren.

Wo erscheint das Jahrbuch? Das Jahrbuch erscheint im Schwabe
Verlag in gedruckter Form (ISBN 978-3-7965-2945-0) und als
Online-Book (ISBN 978-3-7965-2946-7). Unter www.foeg.uzh.ch
publiziert das fög laufend weitere Untersuchungen und kommuniziert
deren zentrale Befunde.



Pressekontakt:
fög - Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft / Universität Zürich
Andreasstrasse 15
CH-8050 Zürich
Tel.: +41 (0)44 635 21 11
Fax: +41 (0)44 635 21 01
E-Mail: kontakt@foeg.uzh.ch


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