(Registrieren)

"DER STANDARD"-Kommentar: "Ein Abbild der Welt" von Gudrun Harrer

Geschrieben am 24-09-2013

Wirklichkeit und Rezeption der Uno-Vollversammlung stimmen
nicht überein - Ausgabe vom 25.9.2013

Wien (ots) - Die alljährliche Vollversammlung der Vereinten
Nationen in New York mag tatsächlich "die Welt" abbilden - wie das,
was sich dort abspielt, öffentlich aufgenommen und reflektiert wird,
ist jedoch ziemlich selektiv und ein Spiegel der globalen
Machtverhältnisse. Die Uno selbst ist natürlich in diesen Rahmen
gepresst, dessen Symbol der Sicherheitsrat mit den fünf Atommächten
ist. Aber die Vollversammlung ist eine gute Gelegenheit, besonders im
sogenannten Westen daran zu erinnern, dass die Erde nicht (mehr)
flach ist. Die Rezeption der alljährlichen Rampenparade der Staats-
und Regierungschefs fällt je nach geografischer Lage grundverschieden
aus. Auch wenn die vielen interessanten Nebenschauplätze der
Vollversammlung kaum wahrgenommen werden, ist das alles nicht einfach
irrelevant. Wer das so sieht, wischt die multilaterale Diplomatie -
den Versuch, alle möglichen Sachverhalte zwischen den Staaten der
Welt auszuverhandeln, einmal mit mehr, einmal mit weniger Erfolg -
vom Tisch, ohne zu bedenken, dass sie ein großer Fortschritt des 20.
Jahrhunderts und ein Kind der politischen Moderne ist. Die Aufregung
rund um den ersten Auftritt des neuen iranischen Präsidenten Hassan
Rohani ist das beste Beispiel für die Rezeptionsunterschiede. Die USA
und die EU wollen "das Richtige" hören, um danach zu sehen, ob denn
nun auch die "Substanz" - ein signifikantes Einlenken Teherans im
Atomstreit - folgen wird. Die Islamische Republik hat aber in der Uno
immer schon auch das gehabt, was der österreichische Iranist Walter
Posch die "Ersatzweltöffentlichkeit" nennt. Momentan steht der Iran
an der Spitze der Blockfreienbewegung (NAM) - aber es wäre unrichtig
zu behaupten, dass Teheran den NAM-Staaten zur Interpretation des
Atomwaffensperrvertrags (NPT) einfach nur die eigene Position
diktiert. Die Auseinandersetzung der "nuklearen Habenichtse" mit den
offiziellen und inoffiziellen Atomwaffenstaaten ist nicht nur eine
iranische Frage. Dass die Atomwaffenstaaten damit durchkommen, am NPT
nur den Nichtverbreitungsaspekt interessant zu finden (dass kein
Atomwaffenstaat dazukommt) und nicht den Abrüstungsaspekt (die
Abrüstung ihrer eigenen Atomwaffen), fällt aus Sicht vieler Staaten
unter "globale Ungerechtigkeit". Diese Rolle, die dem Iran
zupasskommt, wenn es zu beweisen gilt, dass seine internationale
Isolierung relativ ist, macht allerdings ein iranisches strategisches
Arrangement mit dem Westen nicht einfacher. Mit dem Amtsantritt
Rohanis ist die Hoffnung verbunden, dass der Iran zu den
pragmatischen Ansätzen einer Politik der eigenen Interessen
zurückkehrt. Wenig Hoffnung gibt es auf einen Durchbruch, was eine
internationale Position zu Syrien anbelangt. Mangels politischer
Fortschritte hält man sich an der Neuigkeit fest, dass Syrien nun der
Organisation zum Verbot von Chemiewaffen (OPCW) beitritt. Weil der
humanitäre Aspekt bei Syriens Aufgabe seiner Chemiewaffen eine so
große Rolle spielt, erwarten sich Optimisten sogar mehr Gewicht für
das Argument, dass auch Atomwaffen aus humanitären Gründen (nicht nur
der internationalen Sicherheit) gebannt gehören. Diese Hoffnung
könnte überzogen sein, aber in Zeiten der Krise des
Atomwaffensperrvertrags ist es immerhin wohltuend, wenn ein
Instrument zur Kontrolle von Massenvernichtungswaffen gestärkt wird.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

487468

weitere Artikel:
  • WAZ: Merkels letzter Trumpf: Neuwahl - Kommentar von Ulrich Reitz Essen (ots) - Natürlich war es eine Eselei, die Grünen links von der SPD zu platzieren, und der Rückzug von Deutschlands wohl arrogantestem Politiker ist daher nur konsequent. Für die Grüne Wahlniederlage hatte Jürgen Trittin die blöden Deutschen verantwortlich gemacht, noch mal sein O-Ton zum feinschmecken: Die gesellschaftliche Mehrheit "war in ihren Überzeugungen noch nicht so weit, wie wir das zu Beginn unseres Wahlkampfs dachten". Da sind sie wieder, die Grünen als besserwisserische Oberlehrerpartei. Aber reden wir über mehr...

  • neues deutschland: Krieg und Bildung: Zielkonflikt Berlin (ots) - Als Kind habe er anhand der Nachrichten vom Krieg lesen gelernt, erklärte einmal der US-Philosoph Michael Walzer im Interview. Ein Aperçu, das für Anthony Lake - ebenfalls US-Amerikaner - wenig tröstlich sein dürfte. Lake ist Exekutivdirektor des Kinderhilfswerks UNICEF und forderte jetzt (wieder einmal), dass Bildung nie das Opfer eines bewaffneten Konflikts sein dürfe. Ein frommer Wunsch angesichts von 28,5 Millionen Kindern, die aufgrund solcher Konflikte nicht die Grundschule besuchen können. Eine schändliche Zahl, mehr...

  • NRZ: Die SPD in der Sackgasse - ein Kommentar von JAN JESSEN Essen (ots) - Mit Rot-Rot-Grün wäre ein Politikwechsel möglich gewesen. Die SPD hat das von vorneherein ausgeschlossen und sich so in eine Sackgasse manövriert. Gleichwohl war das kategorische "Nein" nachvollziehbar. Innenpolitisch mögen die Schnittmengen - Mindestlohn, höhere Besteuerung von Reichen - sowohl koalitionsfähig wie auch im Sinne der Mehrheit der Bürger sein. Der große Knackpunkt ist die Außen- und Sicherheitspolitik. Der radikalpazifistische Kurs der Linkspartei - raus aus der Nato, keine Bundeswehreinsätze im Ausland mehr...

  • neues deutschland: Oxfam-Experte: Millennium-Entwicklungsziele nicht völlig gescheitert Berlin (ots) - Der Oxfam-Experte für Entwicklungszusammenarbeit Tobias Hauschild betrachtet die Millennium-Entwicklungsziele weiter als wichtige Herausforderung. "Ich halte die MDGs nicht für völlig gescheitert, ich halte sie aber auch nicht für erfolgreich abgearbeitet", sagte Hauschild im Gespräch mit der Tageszeitung "neues deutschland" (Mittwochausgabe) über die UN-Ziele zur Bekämpfung von Hunger, Armut und HIV/Aids. Bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York wollen die Staats- und Regierungschefs am Mittwoch mehr...

  • Rheinische Post: Obamas Syrien-Appell = Von Matthias Beermann Düsseldorf (ots) - Barack Obama hat vor der UN-Generalversammlung noch einmal eine Resolution des Sicherheitsrats gefordert, die dem syrischen Diktator Assad mit klaren Konsequenzen droht, sollte er die versprochene Vernichtung seiner Chemiewaffen hintertreiben. Und er hat unterstrichen, dass Assad spätestens seit dem abscheulichen Giftgas-Angriff auf die Zivilbevölkerung sein Recht verwirkt hat, Syrien weiter zu regieren. Es war eine dringend notwendige Klarstellung, zu sehr hatte der US-Präsident mit seinem Slalom in der Syrien-Krise mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht