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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zum Flexibilisierungsjahr: Endlich mehr Zeit von Louisa Knobloch

Geschrieben am 06-09-2013

Regensburg (ots) - Mit dem Flexibilisierungsjahr führt Bayern eine
Art "G9 light" ein. Für die Schüler ist das eine gute Sache.

Jedem Schüler die Lernzeit geben, die er braucht - das Ziel von
Kultusminister Ludwig Spaenle klingt gut. Ab dem neuen Schuljahr
können junge Leute in Bayern also selbst entscheiden, ob sie sich den
Gymnasialstoff in acht oder neun Jahren aneignen wollen. Individuelle
Lernzeit heißt das Modell. Mit der Neuerung reagiert der Minister auf
die anhaltende Kritik von Schülern und Eltern am G8: Diese hatten
über volle Lehrpläne, viel Nachmittagsunterricht und kaum noch Zeit
für Hobbys geklagt. In bundesweiten Umfragen spricht sich eine große
Mehrheit der Eltern für eine Rückkehr zum G9 aus: Acht Jahre für das
Gymnasium seien einfach zu kurz. In einigen Bundesländern wurde die
Rolle rückwärts zum G9 bereits vollzogen. So führen in
Baden-Württemberg 44 Schulen wieder in 13 Jahren zur allgemeinen
Hochschulreife. In Bayern lehnt das Kultusministerium eine Rückkehr
zum neunjährigen Gymnasium oder eine Wahlmöglichkeit zwischen G8 und
G9, wie SPD und Freie Wähler sie fordern, ab. Dies würde dem Minister
zufolge einen großen Teil der Schüler benachteiligen. Denn von den
verschiedenen Zügen - mathematisch-naturwissenschaftlich,
neusprachlich, humanistisch oder musisch - könnten an einer Schule
nicht alle als G8- und G9-Zug angeboten werden. Vielleicht hat Ludwig
Spaenle aber auch Bedenken, dass sich die überwiegende Mehrheit der
Eltern im Falle einer Wahlmöglichkeit für den G9-Zug entscheiden
würde. Mit der individuellen Lernzeit und dem Flexibilisierungsjahr
als zentraler Maßnahme wird nun also eine Art "G9 light" eingeführt.
Ob das nur eine weitere Reform auf der Großbaustelle Gymnasium ist
oder ob das Modell Schüler und Eltern mit dem G8 versöhnen kann, muss
sich erst noch zeigen. Schon jetzt sei das Interesse an dem Modell
groß, betonte Spaenle: An über der Hälfte der Gymnasien wollten
Schüler die individuelle Lernzeit nutzen. Wie viele es aber
tatsächlich werden, und wie die Schulen das Konzept im Einzelnen
umsetzen, ist derzeit noch unklar. Dass noch keine konkreten Zahlen
vorliegen, erschwert die Planung. Für die zusätzlichen individuellen
Lernangebote braucht es entsprechend Lehrer und Räume. Spaenle
zufolge ist im Durchschnitt pro Gymnasium eine halbe Stelle
vorgesehen - je nach Schulgröße. Das könnte sich jedoch als viel zu
wenig erweisen. Die individuelle Lernzeit richtet sich übrigens nicht
nur an Schüler, die Defizite in einzelnen Fächern aufarbeiten wollen,
sondern auch an solche, die ihre musikalische oder sportliche
Begabung weiterentwickeln oder ein Jahr ins Ausland gehen wollen. Das
ist gut, da gerade für solche Aktivitäten im bisherigen G8 oft wenig
Zeit blieb. Und Zeit ist es, was Kinder und Jugendliche in diesem
Alter brauchen. Zeit, sich zu entwickeln, die Welt zu entdecken und
den eigenen Platz darin zu finden. Zeit, neue Hobbys auszuprobieren
und so die eigenen Stärken und Schwächen kennenzulernen. Und
natürlich Zeit, um einfach mal jung zu sein und das Leben zu
genießen. Ein Jahr mehr oder weniger Zeit kann einen unglaublichen
Unterschied machen. Das haben auch die Verantwortlichen an den
Hochschulen festgestellt, die es mit immer jüngeren Bewerbern zu tun
bekommen. Mit 17 das Abitur in der Tasche zu haben und mit 20 oder 21
den Bachelor - das mag aus wirtschaftspolitischer Sicht sinnvoll
sein, aus Sicht der persönlichen Entwicklung ist es das nicht
unbedingt. Wenn Schüler die individuelle Lernzeit nutzen, dann
sollten sie sich also nicht ärgern, dass sie ein Jahr verloren haben.
Denn sie gewinnen Wissen und Erfahrung - und das ist sehr viel wert.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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