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WAZ: Die Lehren aus dem NSU-Terror. Kommentar von Miguel Sanches

Geschrieben am 21-08-2013

Essen (ots) - In alle Richtungen wurde ermittelt, am wenigsten: im
rechten Milieu. Das war fatal. Die Aufklärung der Untaten der
Neonazi-Zelle NSU ist eine Chronik des Versagens. Den Bundestag
treibt sie bis zum Ende seiner Amtszeit um, heute mit dem
Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses und am 2. September mit
einer Debatte. Abgeordnete sind keine Ermittler. Manche Fragen werden
offen bleiben, solange Beate Zschäpe vom NSU-Trio im Prozess in
München weiter schweigt. Kein Polizeipräsident hat wegen der Affäre
seinen Hut nehmen müssen. Dagegen hat sie den Verfassungsschutz
erschüttert. Die Polizei kam relativ gut weg. Man könnte fast
vergessen, dass sie - nicht der Verfassungsschutz - für die
Strafverfolgung zuständig ist. Der endgültige Fadenriss beim
Verfassungsschutz war die Vernichtung von Akten und Daten. Danach
überwog das Misstrauen. Der Untersuchungsausschuss im Parlament hat
seinen Job erledigt. Es gab keine parteipolitischen Spielchen, weil
der Schock tief saß und weil alle großen Parteien Fehler verantworten
müssen. Viele Faktoren kamen zusammen. Erstens: Das Murphy-Prinzip.
Das besagt, dass irgendwann alles schief geht, was schief gehen kann.
Zweitens: Die Behörden waren auf dem rechten Auge blind. Sie haben
nicht den Hass unterschätzt, dem rechten Milieu aber nicht die
kriminelle Professionalität zugetraut. Die Vorgehensweise des NSU
passte nicht zum bekannten Muster. Drittens: Die Kleinstaaterei, das
Gerangel zwischen Bund und Ländern um Kompetenzen war erschreckend.
Beim Verfassungsschutz sind nicht nur Köpfe gerollt. Er hat sich neu
aufgestellt. Da sind Konsequenzen gezogen worden. Das System mit den
V-Leuten ruft aber weiter großes Unbehagen hervor. Die Polizei
wiederum braucht, was man interkulturelle Kompetenz nennt: Beamte,
die sich im Milieu der Migranten bewegen können. Der Umgang mit den
Familien der NSU-Opfer war völlig unsensibel. Ob sich der NSU-Fall
wiederholen kann? Lehren werden die Ermittler gewiss gezogen haben.
Erfolg und Misserfolg hängen davon ab, ob der Verfassungsschutz
künftig ein besseres Frühwarnsystem abgibt.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


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