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Badische Neueste Nachrichten: Die Bahn muss umdenken

Geschrieben am 18-08-2013

Karlsruhe (ots) - Bahnfahrer sind Kummer gewohnt: Nachdem die Flut
im Juni auf etlichen Strecken die Gleise überspült hat, verlieren
inzwischen auch die gutmütigsten Reisenden die Geduld. 50 Minuten
Verspätung zwischen München und Berlin sind heute die Regel, nicht
die Ausnahme. Jeder vierte Fahrgast im Ost-West-Fernverkehr kommt
seit dem Hochwasser nur auf Umwegen an sein Ziel. So gesehen passt
das Chaos am Mainzer Hauptbahnhof wie das berühmte Tüpfelchen auf das
i zu einem Konzern, dem die Probleme längst über den Kopf gewachsen
sind. Mit höherer Gewalt wie seinerzeit bei der Flut kann Bahn-Chef
Rüdiger Grube sich diesmal jedoch nicht herausreden. Im Gegenteil.
Wie schon beim Berliner Nahverkehrsdebakel vor vier Jahren, als die
S-Bahn wegen eklatanter Wartungsmängel 200 von 500 Zügen aus dem
Verkehr nehmen musste, sind auch die aktuellen Engpässe bei den
Fahrdienstleitern hausgemacht - das Ergebnis eines falsch
verstandenen Renditedenkens und einer bemerkenswert sorglosen
Personalpolitik. Wäre die Bahn unter Grubes Vorgänger Hartmut Mehdorn
tatsächlich an die Börse gegangen: Ihr Kurs befände sich trotz eines
erwarteten Jahresgewinnes von zwei Milliarden Euro im freien Fall.
Umso folgerichtiger ist es, wenn sich der Bahnchef jetzt bei den
Kunden entschuldigt. Ein Unternehmen, das so von seiner Pünktlichkeit
und seiner Zuverlässigkeit lebt wie die Bahn, lässt sich eben nicht
wie eine Zementfabrik führen. Genau das aber hat der noch von Gerhard
Schröder installierte Mehdorn getan, indem er kühl kalkulierend
Werkstätten schließen ließ, indem er Tausende von Stellen strich, die
Ausbildung jäh vernachlässigte und dem etwas naiven Glauben aufsaß,
ein Stellwerk benötige heute vor allem eines: einen leistungsfähigen
Rechner, der die Signale schaltet, die Weichen stellt und so für
einen reibungslosen Verkehr sorgt. Welche Rolle der Faktor Mensch im
modernen Bahnbetrieb noch spielt, zeigt nun ein halbes Dutzend
kranker und verreister Mitarbeiter. Ohne sie geht, buchstäblich,
nichts mehr. Anders als die Bahn es zunächst darzustellen versuchte,
ist Mainz auch kein Einzelfall, sondern nur die Spitze des Eisberges.
Alleine ihre 12 000 Fahrdienstleiter haben mehr als eine Million
Überstunden angehäuft, gleichzeitig tut sich die Bahn schwer, neues
Personal zu finden - sie ist als Arbeitgeber nicht attraktiv genug,
und das liegt keineswegs nur an den unpopulären Wochenenddiensten und
der Schichtarbeit, sondern auch am lädierten Ruf des Unternehmens.
Wer wechselt schon in einen Betrieb, in dem das Missmanagement über
Jahre Methode hatte? Dass Grube kein neuer Mehdorn ist, sondern ein
Mann mit Augenmaß und Gespür, hat zwar das Binnenklima im Konzern
verbessert. Der Berg an Problemen allerdings ist dadurch noch nicht
niedriger geworden. Ganz unschuldig an Skandalen wie bei der Berliner
S-Bahn oder jetzt, in Mainz, ist auch die Politik nicht. Ob Hans
Eichel, Peer Steinbrück oder Wolfgang Schäuble - die dreistelligen
Millionenbeträge, die die Bahn dem Bund Jahr für Jahr an Dividende
überweist, hat bisher noch jeder Finanzminister dankend angenommen.
Sie sind, wenn man so will, die lukrative Hinterlassenschaft von
Hartmut Mehdorn, der den trägen Staatskonzern konsequent auf Profit
getrimmt, dabei aber den Faktor Mensch nicht beachtet hat.



Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de


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