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Bundeswirtschaftsminister Rösler muss Einflussnahme der Autolobby auf Klimaschutzverordnung offenbaren

Geschrieben am 06-08-2013

Berlin (ots) - Erfolg der Deutschen Umwelthilfe gegen
Amtsvorgänger Brüderle: Europäischer Gerichtshof bestätigt Anspruch
auf Akteneinsicht zur Novellierung der
PKW-Energiekennzeichnungsverordnung - Umweltinformationsgesetz muss
novelliert werden

Mächtige Industrielobbys in Deutschland können sich in Zukunft
nicht mehr darauf verlassen, dass Details ihrer Einflussname auf die
Umweltpolitik vor der Öffentlichkeit verborgen bleiben. Mit einer
wegweisenden Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) das
deutsche Umweltinformationsgesetz (UIG) als nicht vereinbar mit der
zugrundeliegenden EU-Richtlinie gerügt und den Anspruch der Deutschen
Umwelthilfe e.V. (DUH) auf Einsichtnahme in interne Akten des
Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) bestätigt (Az. C-515/11). Das
UIG muss entsprechend geändert werden.

Im konkreten Fall ging und geht es um die jahrelange und immer
noch andauernde Weigerung der FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle
und Philipp Rösler, das Zustandekommen einer Novelle der
Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (PKW-EnVKV) offen zu
legen. Die Ausgestaltung der Rechtsverordnung hatte 2010 bundesweit
für Kopfschütteln gesorgt, weil auf ihrer Grundlage schwere
spritdurstige Limousinen wie der Audi Q7 in eine bessere
Effizienzklasse eingestuft wurden als Kleinwagen wie der Smart oder
der Fiat Panda. Dafür sorgte eine spezielle, auf das Fahrzeuggewicht
bezogene Systematik bei der Einteilung der Effizienzklassen, die
schwere Fahrzeuge massiv bevorzugt und auf die sich der damalige
Bundeswirtschaftsminister und heutige FDP-Spitzenkandidat Rainer
Brüderle nach eigenen Angaben vorab mit den deutschen
Automobilherstellern verständigt hatte. Die DUH verlangte Einsicht in
die Akten des BMWi, die Aufschluss über die internen Absprachen mit
der Autolobby geben können.

Erst Brüderle und später sein Amtsnachfolger Rösler weigerten
sich, den Umweltschützern die erbetene Akteneinsicht zu gewähren und
verwiesen zur Begründung auf das deutsche Umweltinformationsgesetz
(UIG), wonach die Behörden die Dokumente den Umweltschützern nicht
offenbaren müssen, wenn diese im Zusammenhang mit der Erarbeitung von
Gesetzen oder Rechtsverordnungen erstellt wurden. Die DUH klagte
dennoch im Juli 2010 vor dem Verwaltungsgericht Berlin und stützte
sich dabei von Beginn an auf das Europarecht, mit dem Ziel, die
Rechtswidrigkeit der in Deutschland geltenden gesetzlichen Regelung
feststellen zu lassen. Das VG Berlin legte daraufhin entsprechende
Rechtsfragen dem EuGH zur Entscheidung vor. Dieser entschied nun mit
Urteil vom 18. Juli 2013 (Az. C-515/11), dass die deutsche
Ausnahmevorschrift gegen das Unionsrecht verstößt. Behörden, so der
EuGH, können nur zum Schutz des Parlamentsgeheimnisses die Einsicht
in ihre Akten verweigern. Der Schutz greift demnach bei der
Erarbeitung von Gesetzen, nicht aber bei Rechtsverordnungen, die
allein von der Exekutive erlassen werden.

"Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist ein wichtiges
Signal für mehr Transparenz und gegen den wachsenden Einfluss der
Automobil- und anderer Industrielobbys auf die Politik. Im konkreten
Fall ist sie geeignet, wenigstens in der Zukunft mehr
Waffengleichheit herzustellen zwischen den Interessen der Verbraucher
und der Notwendigkeit des Klimaschutzes auf der einen und den
Geschäftsinteressen der Autoindustrie auf der anderen Seite",
kommentiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Gerade in diesen
Wochen werde angesichts der deutschen Blockade der CO2-Gesetzgebung
der EU für Pkw und des Wechsels des Staatsministers im
Bundeskanzleramt, Eckart von Klaeden, an die Spitze der
Lobbyabteilung des Daimlerkonzerns, die Steuerung der Regierung durch
die Autohersteller sichtbar. Resch: "Dass im Alltag der Lobbyarbeit
gerade der FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle keinerlei Skrupel
kennt, sich Klimaschutzverordnungen in den Justitiariaten der
Autokonzerne schreiben zu lassen, werden wir nach der
EuGH-Entscheidung hoffentlich bald schwarz auf weiß nachlesen
können."

Der Berliner Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem
Rechtsstreit vertritt, betont die über den konkreten Fall
hinausreichende Bedeutung des EuGH-Urteils für die
Informationsfreiheit der Bürger und verweist auf die Tatsache, dass
große Teile des deutschen Umweltrechts über Rechtsverordnungen der
Verwaltung geregelt werden. Klinger: "Es ist für eine Gesellschaft,
in der immer mehr Bürgerinnen und Bürger transparente politische
Entscheidungsprozesse wünschen, essentiell, dass der Einfluss von
Lobbyorganisationen auch bei der Erarbeitung von Rechtsverordnungen
offen gelegt wird." Auf diesem Weg sei die EuGH-Entscheidung ein
Meilenstein.

Auf Basis der Entscheidung des EuGH wird das VG Berlin das
Verfahren nun in Kürze wieder aufnehmen. Da sich
Bundeswirtschaftsminister Rösler nun nicht mehr auf das deutsche UIG
berufen, hofft die DUH auf schnelle Einsicht in die entsprechenden
Akten.



Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
Mobil: 0171 3649170, E-Mail: resch@duh.de

Dr. Remo Klinger, Rechtsanwaltskanzlei Geulen & Klinger
Mobil: 0171 2435458, E-Mail: klinger@geulen.com

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse
Tel. 030 2400867-0, Mobil: 0171 5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de


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