(Registrieren)

Bundestagswahl 2013: Sozialpädiater fordern politische Umsetzung von Kinderbewusstsein

Geschrieben am 05-08-2013

Hamburg/Bonn (ots) - Kinder und Jugendliche drohen angesichts der
andauernden europäische Finanz- und Wirtschaftskrise bei der
Bundestagswahl wieder einmal in Vergessenheit zu geraten.

Dennoch finden sich in den Wahlprogrammen aller Parteien zum Teil
sehr konkrete Aussagen, um hierzulande politisches Handeln im Sinne
eines stärkeren Kinderbewusstseins voranzubringen. Gerade auch daran
werden insbesondere Familien die Parteien bei der Stimmabgabe am 22.
September 2013 messen, ist die Deutsche Gesellschaft für
Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) überzeugt.

Doch woran macht sich das fehlende Kinderbewusstsein fest? Zum
Beispiel daran, dass schon seit längerer Zeit fast jedes fünfte Kind
der unter Dreijährigen in Deutschland in Armut leben muss. Oder
daran, dass jedes siebte Kind keine verlässliche Beziehung in der
frühen Kindheit zu einer Bezugsperson aufbauen kann. Oder auch an den
ca. 70.000 "verlorenen Kindern", die in jedem Jahr die Schule ohne
Abschluss verlassen.

Um Kinderbewusstsein in Deutschland fest zu verankern, müssten
Kinderrechte gesetzlich geschützt werden. Im Alltag sei es eben nicht
selbstverständlich, dass alle Kinder Träger der Grundrechte unserer
Verfassung sind, kritisiert Dr. Christian Fricke, Präsident der
DGSPJ. Deshalb fordert Fricke einen neuen Artikel 2a im Grundgesetz
der Bundesrepublik, der die Rechte auf Förderung, Schutz und
Beteiligung sowie den Vorrang des Kindeswohls bei allem staatlichen
Handeln festschreibt. Das allein würde die Position von Kindern als
eigenständige und gleichberechtigte Grundrechtsträger erheblich
aufwerten.

Weitere zentrale Forderungen der DGSPJ an die Parteien im Vorfeld
der Bundestagswahl sind:

- Schaffung des Amtes eines "Kinderbeauftragten des Deutschen
Bundestages." Dieser müsse allerdings dann von seinen
Befugnissen genauso wie der Wehrbeauftragte ausgestattet werden.
Zudem müssten auch über die bisher rund 100 Kommunen und
Bundesländern hinaus weit mehr regionale Kinderbeauftragte
eingerichtet werden.
- Weiterentwicklung des Inklusionsgedankens, wobei insbesondere
die Stellung des Schularztes zum Beispiel für begleitende
Maßnahmen der Eingliederungshilfe (Schulbegleitung, Einsatz
eines Integrationshelfers) deutlich gestärkt werden müsste.
- Qualitative Verbesserung der Betreuung der unter 3-jährigen in
Kindertageseinrichtungen. Notwendig dafür ist eine ausreichende
Anzahl von Erzieherinnen sowie deren qualifizierte Aus- und
Fortbildung.

Doch auch bei der multiprofessionellen Versorgung von
entwicklungsgestörten oder behinderten Kindern und Familien liegt in
Deutschland derzeit einiges im Argen. Zwar können Eltern auf ein Netz
von 141 Sozialpädiatrischen Zentren zugreifen, die neben ihrer
fachlichen Kompetenz auch zu einer Koordinationsstelle mit anderen
Fachleuten aus Kindergarten und Schule ebenso wie aus der Jugendhilfe
geworden sind. Gerade deshalb fordert DGSPJ-Vizepräsident Dr. Helmut
Hollmann von den Parteien:

- Die Sicherstellung einer tatsächlich kostendeckenden
Finanzierung der SPZ's im medizinisch-therapeutischen Bereich
- Die Klärung der seit 1992 nicht geregelten Refinanzierung für
sozial- und heilpädagogische Leistungen und
- Längere Fristen für die Erneuerung der Ermächtigung.

Insbesondere der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (KJGD) im
Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) dürfe nicht weiter ab-, sondern
müsse stärker ausgebaut werden. Gerade für besonders benachteiligte,
bildungsferne und sozial belastete Familien biete der KJGD die
Chance, auch mit aufsuchenden interdisziplinären Angeboten Kinder und
Jugendliche mit besonderem Bedarf in Krippen, Kindergärten und
Schulen zu erreichen. Auch bei den "Frühen Hilfe" im Rahmen des
Kinderschutz-Gesetzes müssten Gesundheits- und Jugendhilfe weit
besser verzahnt werden und speziell die Kinder- und Jugendärzte nicht
nur punktuell, sondern flächendeckend einbezogen werden. Erst wenn
diese und weitere Maßnahmen (mehr unter www.dgspj.de) konsequent
umgesetzt würden, könne sich hierzulande nach Ansicht Frickes und
Hollmanns ein stärkeres Kinderbewusstsein entwickeln. Alle
verantwortlichen Politiker müssten sich unabhängig vom Ausgang der
Bundestagswahl und ihrer Parteicouleur darüber im Klaren sein, dass
sich unsere Gesellschaft fehlendes Kinderbewusstsein angesichts der
demographischen Entwicklung mit immer weniger Kindern auf Dauer nicht
mehr leisten kann.



Pressekontakt:
Dr. Christian Fricke, Hamburg
cfricke@werner-otto-institut.de
Dr. Helmut Hollmann, Bonn
Helmut.Hollmann@lvr.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

478243

weitere Artikel:
  • OV: Das Dilemma der SPD Thema: Die Debatte über Rot-Rot-Grün Von Frederik Böckmann Vechta (ots) - Die SPD steckt in einem Dilemma. Sieben Wochen vor der Bundestagswahl hat Gregor Gysi in einem Interview mit der Bild am Sonntag die Debatte über ein rot-rot-grünes-Bündnis nach der Bundestagswahl wieder angestoßen. Die SPD werde lernen, dass sie sich auf die Linke zubewegen müssen. Ansonsten werde sie keine Chance haben, jetzt oder in vier Jahren die Bundesregierung zu führen, sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken, der sich außerdem als Außenminister ins Gespräch gebracht hat. Ganz gleich, ob Gysi diesen Posten mehr...

  • Schnabelbehandlung: Eierwirtschaft warnt vor vorschnellem Ausstieg - und übt Kritik an Minister Meyer Berlin (ots) - In den vergangenen Tagen haben verschiedene Agrarmedien über den freiwilligen Ausstieg der dänischen Eierwirtschaft aus der Schnabelbehandlung berichtet. Klarstellend weist die deutsche Eierwirtschaft nach Rücksprache mit dem dänischen Branchenverband darauf hin, dass dieser Verzicht auf die Schnabelbehandlung ausdrücklich nur für Hennen im ausgestalteten Käfig gilt, nicht jedoch für Legehennen in Boden- oder Freilandhaltung. Hier werde die Schnabelbehandlung weiter praktiziert, bestätigte Jørgen Nyberg Larsen, Geschäftsführer mehr...

  • Forderung an die Energiepolitik: Strom muss bezahlbar bleiben Frankfurt (ots) - Bezahlbarer Strom ist für 70 Prozent der Deutschen aktuell mit Abstand die wichtigste energiepolitische Herausforderung. 43 Prozent der Bundesbürger meinen zudem, dass für das Gelingen der Energiewende ein Energieministerium erforderlich ist. Das belegen die Ergebnisse der repräsentativen Online-Befragung "Energiekompetenz der Bundestagsparteien" des Energiedienstleisters Ensys AG. Faire und annehmbare Strompreise sind für die Mehrheit der Deutschen derzeit die wichtigste Aufgabe der Energiepolitik. Erst an mehr...

  • Profession mit Perspektive: Altenpflege-Auszubildende werben für ihren Beruf / Kreativer Pflegenachwuchs erhält bpa-Azubi-Award Stuttgart (ots) - Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) hat seinen ersten "bpa-Azubi-Award" vergeben. Vorangegangen war ein Wettbewerb im Rahmen der bpa-Initiative "Berufswahl Altenpflege". Hier konnten Azubis in Baden-Württemberg Filme oder Stellenanzeigen einreichen, mit denen Werbung für eine Ausbildung in der Altenpflege gemacht wird. Ziel ist es, die Rekordzahl von gegenwärtig circa 18.900 Ausbildungsplätzen in den bpa-Mitgliedseinrichtungen weiter auszubauen. Rainer Wiesner, Vorsitzender der Landesgruppe, mehr...

  • Der Tagesspiegel: Bisky: Steinbrücks Bemerkung über Merkels fehlende Leidenschaft für Europa ist "Blödsinn" - "Steinbrück, der kennt nichts von Ostdeutschland" Berlin (ots) - Der Europaabgeordnete und frühere langjährige Linken-Parteichef Lothar Bisky nannte Peer Steinbrücks Bemerkungen über Angela Merkels fehlende Leidenschaft für Europa "einfach blödsinnig". Steinbrück versuche sich in der "Abstempelung der Ossis auf Lebensdauer", sagte Bisky dem Berliner "Tagesspiegel" (Dienstagausgabe). Die Ostdeutschen jedoch seien schon immer sehr verschieden gewesen, "einige wollten mehr nach Moskau, die anderen waren immer schon Richtung Westen orientiert". Schon zu DDR-Zeiten sei Europa "für die mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht