(Registrieren)

"DER STANDARD"-Kommentar: "Der neue Wunderwuzzi" von Gudrun Harrer

Geschrieben am 04-08-2013

Der iranische Präsident Hassan Rohani stärkt die Mitte und
schwächt die Ränder - Ausgabe vom 5.8.2013

Wien (ots) - Je größer die Erwartung von Veränderung, desto
heftiger oft der Dämpfer: Der erfreulichste "Change" ist nicht
gleichbedeutend mit einem kompletten Neuanfang, und Kontinuität in
manchen Bereichen begleitet sogar jeden sogenannten Epochenwandel.
Der neue iranische Präsident Hassan Rohani, der bei seinem
Amtsantritt selbst den Bruch mit acht Jahren Mahmud Ahmadi-Nejad
beschwor, befindet sich dabei in einem besonders komplexen Umfeld.
Sein "Neues" muss so aussehen, als ob er einen verlorenen Faden
wiederaufgreifen würde. Denn ein Konfrontationskurs mit der
religiösen Führung gehört zum "Alten" der letzten Jahre, nicht zum
Neubeginn, den er verspricht. Und dennoch setzen so viele Menschen
innerhalb und außerhalb des Iran große Hoffnungen in Hassan Rohani.
Sechzehn Jahre Herausforderung liegen hinter dem System der
Islamischen Republik. Im Jahr 1997 wurde der Außenseiter Mohammed
Khatami zum Präsidenten gewählt. Der gebildete Mullah testete in der
Folge aus, welchen Spielraum der Tatsache gegeben werden darf, dass
die Islamisten im Iran eben keine eindeutige gesellschaftliche und
kulturelle Hegemonie ausüben. Viele seiner glühenden Anhänger und
Anhängerinnen waren enttäuscht, als sie erkannten, dass Khatami das
islamische System aber keineswegs abschaffen, sondern durch die
Öffnung retten wollte. Für die anderen war das dennoch alles viel zu
viel - und das bereitete den Boden für den radikalen Populismus
jener, die zum Schutz und zur Verteidigung der Revolution ausrückten.
Es folgten ab 2005 acht Jahre Geisterbahn mit Ahmadi-Nejad. Sein
Wille zur Macht und seine Manipulationsfähigkeit trieben einen tiefen
Keil durch das konservative Lager. 2009 bekam das radikale Lager
Aufwind, als es nach den umstrittenen Wahlen zulässig wurde, die
Ahmadi-Nejad-Gegner zu kriminalisieren. Später wurde aus dem
einstigen Lieblingspräsidenten des religiösen Führers selbst ein
Abweichler: Ahmadi-Nejad, der im Westen als "der" iranische
Systempolitiker galt, stellte besonders gegen Ende seiner zweiten
Amtszeit durch seine Aktionen dieses System radikal infrage. Und nun
kommt Rohani, der jene Kandidaten, aus deren Reihen allen Voraussagen
nach der nächste iranische Präsident kommen hätte sollen, locker
besiegt hat. Für das iranische Regime ist er fast so etwas wie ein
Wunderwuzzi: Er beruhigt jenen Sektor in der iranischen Gesellschaft,
der sich seit 2009 vom Staat noch weiter entfernt hat, steht aber
gleichzeitig für die Kontinuität in der Islamischen Republik. Und die
radikalen Kräfte, die ja mit dem Scharfmacher Saeed Jalili einen
Kandidaten hatten, haben die Wahlen verloren und müssen die
Legitimität Rohanis anerkennen. Rohani wird hoffentlich sein
Versprechen halten können und den Menschen im Iran mehr Luft zum
Atmen verschaffen. Sein Projekt, ihnen auch wieder etwas auf die
Teller zu bringen, den Iran aus der wirtschaftlichen Abwärtsspirale
zu holen, ist jedoch mit Reformen und einer neuen Wirtschaftspolitik
alleine nicht zu bewerkstelligen. Das geht nur mit einem Deal im
Atomstreit, um die Sanktionen loszuwerden. Rohani alleine kann da
keine schwerwiegenden Entscheidungen treffen. Aber er hat Expertise,
und er hat ein Mandat des Volkes - und er könnte dem Iran einen
gesichtswahrenden Weg aus der Krise weisen, wenn es die da oben
zulassen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

478176

weitere Artikel:
  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Spareinlagen Halle (ots) - Die Spareinlagen der Bundesbürger werden in diesem Jahr 14 Milliarden Euro an Wert verlieren, weil die Zinsen niedriger sind als die Inflationsrate, schätzt die Postbank. 14 MilIiarden - das ist eine enorme Summe, die sich allerdings relativiert, wenn man bedenkt, dass die Spareinlagen insgesamt 1 750 Milliarden Euro ausmachen. Im Durchschnitt beträgt der berechnete Verlust also 0,8 Prozent. Gerade für Menschen mit geringen Einkommen, die nur mit Mühe ein bisschen Geld beiseite legen können, ist der Wertverlust dennoch mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Doping Halle (ots) - Es ist ein Lehrstück in Sachen Sportpolitik, das Deutschland gerade aufführt. Da gibt es endlich eine Studie, die wissenschaftlich belegt, dass auch im West-Sport eine systematische Doping-Politik umgesetzt worden ist. Und schon vor der eigentlichen Veröffentlichung entbrennt ein absurder moralischer Wettbewerb. Wer war denn nun schlimmer? Die im Osten oder die im Westen? Dabei ist genau das eine falsche Richtung, in die die Debatte nicht marschieren darf. Wer die beiden Doping-Systeme gegeneinanderhält, vergleicht Äpfel mehr...

  • Stuttgarter Zeitung: Interview mit Bundeswehrgeneral Matz: "Afghanistan braucht uns" Stuttgart (ots) - Stuttgart. Isaf-General Michael Matz spricht sich dafür aus, die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte nach dem Ende des Isaf-Mandats 2014 fortzusetzen. "Es ist sicher noch viel Unterstützung vonnöten", sagte der stellvertretende Chef des deutschen Einsatzkontingents im Interview der "Stuttgarter Zeitung" (Montagausgabe). "Daher würde es uns gut zu Gesicht stehen, wenn wir nach 2014 weiter eingesetzt werden." Man habe sich vorgenommen, dass die Afghanen für ihre eigene Sicherheit sorgen könnten. "Dabei sind mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Terrorwarnung Halle (ots) - Nachtigall, ick hör Dir trapsen. In einer Situation, da der Sinn und die Berechtigung des maßlosen weltweiten Abhörens und Ausspionierens der US-Geheimdienste auch in den USA in die Kritik gerät, beweisen die schnell mal ihre Berechtigung mit einer frischen Terrorwarnung. Das Misstrauen gegen die geheimen Dienste wird immer größer, je mehr Dank des ehrenwerten Verräters Snowden über ihr heimliches Wirken bekannt wird. Also schien den Verantwortlichen schnelles Handeln wohl geboten. Niemand wird je nachprüfen können, ob mehr...

  • Berliner Zeitung: Kommentar zur Kooperation von NSA und BND Berlin (ots) - Entweder haben die Geheimdienste ein solches Eigenleben entwickelt, dass sie auch die Bundesregierung im Dunkeln über ihr Tun lassen können. Oder die Regierung täuscht die Öffentlichkeit. Beides wäre ein Skandal. Die Opposition hat nicht nur alles Recht, sie hat die Pflicht, Merkel und ihre Leute zu Antworten zu zwingen. Pressekontakt: Berliner Zeitung Redaktion Telefon: +49 (0)30 23 27-61 00 Fax: +49 (0)30 23 27-55 33 bln.blz-cvd@berliner-zeitung.de mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht