(Registrieren)

Badische Neueste Nachrichten: Der immerwährende Spuk

Geschrieben am 21-07-2013

Karlsruhe (ots) - Spionage ist ein globales Ereignis. Ein
Gespenst, das im Dunkeln operiert und Rechtsnormen durchbricht.
Spionage ist schmutzig. Ein immerwährender Spuk. Keine Macht der Welt
wird jemals an diesem unmoralischen Spiel etwas ändern. Geheimdienst
kann nur dort erfolgreich sein, wo er auch geheim bleibt. Das
eigentliche Phänomen der Spähaffäre ist nicht die Debatte um das
fragwürdige Handwerk der Spione. Auch nicht die Erkenntnis, dass eine
seit 9/11 fiebernde Weltmacht internationale Spionage betreibt,
zusammen mit den Briten und vielen anderen Ländern. Es ist die
mutmaßliche Dimension einer Breitwand-Späh-Offensive, in der sich ein
riesiger Daten-Staubsauger über Millionen von Quellen hermacht und
gierig vertilgt. Es ist die Zäsur einer Zeit vor und nach Snowden:
Programme wie Prism und XKeyscore bedeuten eine Abkehr vom Muster der
"gezielten Spionage", weil sie die Kommunikation einer ganzen
Internet-Gemeinschaft ins Visier nehmen. Datensammlung total - jeden
muss dieses beunruhigen, auch wenn es um Präventivspionage geht,
Natürlich wird die Kanzlerin im Dolomitenurlaub nicht ausspannen
können. Zuwarten und Hilflosigkeit wirft ihr die Opposition vor - und
erinnert sie an ihren Amtseid. Ihrem Innenminister wird nichts
anderes als politisches Alibi-Reisen in die USA bescheinigt. Es gibt
allerdings kaum etwas einfacheres, als einer Regierung in
Spionage-Turbulenzen Ohnmacht vorzuwerfen. Jede andere politische
Größe würde hier an Erklärungsgrenzen stoßen. Millionenfacher
Rechtsbruch, historische Grundrechtsverletzung - das sind die starken
Vokabeln einer Opposition, die natürlich ganz genau weiß, wie bedingt
Rechtsnormen auf Spionage-Ebene anzuwenden sind, weil sich
geheimdienstliche Aktivitäten wie eine glitschige Qualle allen
Einordnungen entziehen. Auch im Kalten Krieg schufen Agenten-Umtriebe
etliche Rechtsverletzungen an deutschen Bürgern - ohne dass sich ein
Ankläger erhob, auch nicht in rot-gelben Zeiten. Wäre es nicht ein
Wunder, wenn die gut vernetzten Politiker von SPD und Grünen von der
Einbindung des BND in internationale Spionage-Verflechtungen kaum
etwas wüssten? Schon 2001, in Zeiten der rot-grünen Bundesregierung,
gab es US-Korrespondenzen über die massive Ausweitung eines
geheimdienstlichen Sicherheitsprogramms. Empörung ist immer die erste
Reaktion nach dem Sündenfall. Das schwierige Thema Spionage verdient
sachliche Betrachtungen außerhalb des Wahlkampfs. Die USA - auch mit
Obama - sind der Freund, dem Deutschland in konstruktiver Wachsamkeit
begegnen muss. Weil jeder sein eigenes Interesse hegt - und
Deutschland den Schutz seiner Bürger im Auge behalten muss. In der
ganzen Abwägung zwischen Daten-Prävention und sinnvoller
Terrorbekämpfung. Die Lehre aus dem, was Snowden in einer Ambivalenz
aus Heldentum und Geheimnis-Preisgabe mitteilt, zielt ins Herz einer
in Sicherheitsfragen betäubten Internet-Gesellschaft - Politik und
Wirtschaft eingeschlossen: Es ist die geplatzte Blase der großen
Freiheit im Netz. In einer Welt, in der Microsoft und Apple,
Facebook, Twitter und Google ihre Anwender tagtäglich an die Hand
nehmen, bei jedem Klick, Daten-Update, Tweed oder Suchvorgang
begleiten, rüsten auch die Geheimdienste die digitale Lupe auf. Wo
war in all den Jahren nur ein Teil der Sorge, die Datenrechtler in
den 80ern gegen die Volkszählung aufbegehren ließ? Snowdens
Enthüllungen stoßen Lernprozesse an. Vielleicht werden sie dem Web
endgültig den Zauber der Vertrauensseligkeit rauben.



Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

476033

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Kujat warnt Untersuchungsausschuss vor Konzentration auf de Maizière Düsseldorf (ots) - Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, hat den an diesem Montag mit seinen Zeugenbefragungen beginnenden Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Drohnen-Affäre davor gewarnt, sich zu sehr auf die Rolle von Verteidigungsminister Thomas de Maizière zu konzentrieren. "Das ist zwar verständlich, geht aber an der Sache vorbei", sagte Kujat der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Montagausgabe). Das Kernproblem liege in der Frage, warum es binnen sechs Jahren nicht gelungen sei, die mehr...

  • Rheinische Post: Gröhe kritisiert SPD-Spekulationen um große Koalition und Linksbündnis Düsseldorf (ots) - CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hat die Koalitionsspekulationen in der SPD kritisiert. Die Überlegungen von SPD-Vize Hannelore Kraft über die Möglichkeit auch einer großen Koalition nach den Bundestagswahlen bezeichnete Gröhe als "Ablenkungsmanöver". "Unvergessen ist ihre Bereitschaft, sich von der Linken in NRW ins Amt der Ministerpräsidentin hieven zu lassen, nachdem sie dies vor der Wahl abgelehnt hatte", sagte Gröhe der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Montagausgabe). Dazu passe, dass SPD-Chef mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: Späh-Affäre Unions-Innenpolitiker Uhl gegen Ablösung des BND-Chefs Schindler Halle (ots) - Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, hat die Forderung des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel nach einer Ablösung des BND-Präsidenten Gerhard Schindler abgelehnt. "Herr Schindler ist ja jetzt erst ins Amt gekommen", sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Online-Ausgabe). "Er kann keineswegs Verantwortung übernehmen für die vielen Jahre, in denen Ernst Uhrlau BND-Präsident war." Unter diesem habe die enge Kooperation mit den US-Geheimdiensten begonnen - und mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: Späh-Affäre Links-Politiker Bockhahn legt Geheimdienstchefs und Kanzleramtsminister den Rücktritt nahe Halle (ots) - Der linke Bundestagsabgeordnete Steffen Bockhahn, der dem Parlamentarischen Kontrollgremium angehört, hat den Präsidenten von Bundesnachrichtendienst und Bundesamt für Verfassungsschutz, Gerhard Schindler und Hans-Georg Maaßen, sowie Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) den Rücktritt nahe gelegt, falls sie die neuesten Berichte über eine Kooperation mit dem US-Geheimdienst NSA nicht aufklären könnten. "Über diese unmittelbare Verknüpfung sind wir nicht informiert worden", sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen mehr...

  • Neue OZ: Neue OZ - Interview mit Lasse Becker, Vorsitzender der Jungen Liberalen Osnabrück (ots) - Junge Liberale fordern europaweite Kontrolle der Geheimdienste Vorsitzender Becker: Gemeinsame Standards definieren - Plädoyer für Schwarz-Gelb Osnabrück.- Die FDP macht sich für eine neue Form der Überwachung der Arbeit von Geheimdiensten stark. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag) schlug Lasse Becker als Vorsitzender der Jungen Liberalen vor, dass die Kontrollausschüsse der europäischen Geheimdienste gemeinsame Standards für einen Verhaltenskodex definieren sollten. Dies sei mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht