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DER STANDARD-Kommentar "Die letzte Chance" von Grudrun Harrer

Geschrieben am 21-07-2013

Israel und Palästinenser wissen, dass die Zeit für eine
Zweistaatenlösung ausläuft

Wien (ots) - Wenn sich eine Tür schloss, dann kam er durch das
?Fenster wieder herein", so beschreibt Barak Ravid in Haaretz die
Beharrlichkeit von US-Außenminister John Kerry in den vergangenen
Monaten. Seine mit großer Skepsis aufgenommene Initiative, Israelis
und Palästinenser zurück an den Verhandlungstisch zu bringen, zeigt
einen ersten Erfolg. Noch am Donnerstag hatten ihm die Palästinenser
- die vor drei Jahren schworen, nicht mehr weiterzuverhandeln,
solange im Westjordanland die jüdischen Siedlungen weiter wachsen -
abgesagt, am Freitag stimmten sie neuen Gesprächen zu. Die Zustimmung
bleibt eine bloß prinzipielle, solange nicht die letzten Details zur
Basis "formalisiert sind" (Kerry), auf der verhandelt werden soll.
Das sind vordergründig kurzfristige beiderseitige Zugeständnisse:
Israel wird palästinensische Gefangene freilassen, die Palästinenser
werden ihre politischen Möglichkeiten als Uno-Beobachterstaat nicht
nützen. Aber natürlich geht es bei "Verhandlungsbasis" um mehr.
Sowohl Jerusalem als auch Ramallah schweigen dazu, und das ist die
einzige Möglichkeit: Es wird einmal mehr nötig sein, eine Formel zu
finden, die den beiden Parteien eine gesichtswahrende Interpretation
nach außen erlaubt. Dass die USA - und nicht erst seit Barack Obama -
an eine territoriale Lösung glauben, die als Ausgangspunkt die
Waffenstillstandslinie von 1949 (grüne Linie bis 1967) nimmt, mit
beiderseitig vereinbarten Veränderungen, mag den Palästinensern als
"Garantie" dienen - ohne dass irgendwo geschrieben steht, dass Israel
auf dieser Basis verhandelt. Was natürlich der Fall sein wird, ganz
egal, ob man nun das Westjordanland "umstritten" oder "besetzt"
nennt. Das letzte Mal konnte man sich nicht einmal auf eine
Tages?ordnung - was zuerst: Israels ?Sicherheit, Palästinas Grenzen?
- einigen. Es ist anzunehmen, dass Kerry dieses Problem mit einer
Gleichzeitigkeitsformel umgeht, außerdem dürften sich beide Seiten
verpflichten, die sechs bis neun Monate zumindest abzusitzen. Aber
auch bei diesen Verhandlungen wird, falls sie so weit gedeihen, die
Stunde der Wahrheit kommen. Und es gibt wenig, was darauf hinweist,
dass sich im Vergleich zu früheren Versuchen etwas geändert hat: dass
in näherer Zukunft die einen etwas zu geben bereit sind, mit dem sich
die anderen abfinden könnten. Es geht auch nicht nur um
Territorialfragen - wozu auch Ostjerusalem gehört, das bestimmt nicht
bei der ersten großen Verhandlungsrunde dabei ist -, sondern etwa um
den großen Brocken Rückkehrrecht. Der Druck auf beide Parteien war
zuletzt groß: Israel musste sehen, dass sein Verhältnis zur EU
erstmals ganz konkreten Schaden erleidet, Stichwort EU-Richtlinie,
die die besetzten Gebiete von der EU-Förderung ausnimmt. Und dem
Verhandlungswillen der Palästinenserführung werden Drohungen von
Finanzhilfe-Kürzungen nachgeholfen haben. Dieser Druck birgt auch
Gefahren: dass der Friedensprozess einmal mehr als Ausweichmanöver
angelegt ist, um die USA und die internationale ?Gemeinschaft
ruhigzustellen. Allerdings wissen alle Beteiligten, dass sich 2013,
zwanzig Jahre nach Beginn des Oslo-Prozesses, ja doch etwas geändert
hat: Die Zeit läuft aus. Israel und die Palästinenser stehen vor der
vielleicht letzten Möglichkeit, eine Zweistaatenlösung zustande zu
bringen. Wenn

sie das nicht wollen, müssen sie die Konsequenzen tragen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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