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WAZ: Pflegezeit - ein Flop mit Ansage - Kommentar von Stefan Schulte

Geschrieben am 16-07-2013

Essen (ots) - Eine Million Menschen in Deutschland pflegen ihre
Angehörigen zu Hause. Viele gehen dabei über ihre Kräfte hinaus. Wenn
von dieser Million etwa 100 die Familienpflegezeit in Anspruch
nehmen, ist das Wort Flop erlaubt. Die als große Erleichterung für
die Betroffenen verkaufte Reform der unglückseligen
Familienministerin geht an der Wirklichkeit in den deutschen Familien
meilenweit vorbei. Es ist nicht das erste Werk aus dem Hause
Schröder, das an seiner Halbherzigkeit scheitert. Sie mochte den
Unternehmen nicht vorschreiben, die Pflegezeit zu gewähren, sondern
beließ es beim Appell. Wie fruchtbar solche freiwilligen
Vereinbarungen sind, hat die Debatte um die Frauenquote hinlänglich
gezeigt - unabhängig davon, wie sinnvoll sie wäre. Schröder hätte es
wissen und sich ein Beispiel an Kollegin von der Leyen nehmen können.
Ob man deren Ideen - etwa das gegen Widerstände im eigenen Lager
durchgesetzte Elterngeld oder die am gleichen Widerstand gescheiterte
Mindestrente - gut findet oder nicht: Von der Leyen verfolgt ihre
Ziele mit einer ins Lästige driftenden Beharrlichkeit. So geht
Politik. Von Schröders Amtszeit übrig bleiben wird das unsägliche
Betreuungsgeld, das sie sich von bayrischen Traditionalisten
aufzwingen ließ. Kinder aus schwierigen Familien, die künftig zu
Hause bleiben statt in die Kita zu gehen, darf sie sich gern in ihre
Vita heften. Es mag zwei Gründe geben, warum die Pflegezeit nicht
ankommt: Die Betroffenen wollen sie nicht oder ihre Arbeitgeber. Die
wurden aber ohne Not aus der Pflicht gelassen. Ihr Risiko ist
überschaubar. Der Staat streckt das Geld vor, mit dem das Gehalt des
Beschäftigten trotz geringerer Arbeitszeit aufgestockt wird. Es
spricht wenig dagegen, die Wirtschaft in die Pflicht zu nehmen.
Pflegende Angehörige opfern sich nicht nur für ihre Lieben auf,
sondern unfreiwillig auch für das chronisch klamme System. Müssten
die Menschen, um die sie sich kümmern, von ambulanten Diensten oder
gar im Heim gepflegt werden, wäre die Pflegeversicherung über Nacht
pleite. Es gibt also mehr als nur menschliche Gründe für die Politik,
ihnen zu helfen. Eine schöne Aufgabe für Schröders Nachfolger.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


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