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DER STANDARD - Kommentar: "Auf der Suche nach Mehrheiten" von Conrad Seidl

Geschrieben am 15-07-2013

Die Nationalratswahl wird nicht in Wien entschieden - wo aber
sonst?
(Ausgabe vom 16.7.2013)

Wien (ots) - Verschwörungstheoretiker aufgepasst! Das Ergebnis der
Nationalratswahl vom 29. September ist längst ausgepackelt. In den
Kaffeehäusern zwischen der Wiener Innenstadt und den "Döblinger
Lodenmantelbrigaden"im 19. Wiener Gemeindebezirk. Oder in den
Sektionslokalen der Wiener SPÖ. Oder (wahlweise) in den
Studentenbuden des CV beziehungsweise jenen der schlagenden
Burschenschaften. Wiener Freimaurerlogen reden mit, legen gar im
Vorhinein die Kabinettsliste fest - oder werden (andere Lesart) von
sinisteren Kräften der Bundeshauptstadt von Einflussnahme ganz
ferngehalten. Glaubt das irgendjemand? Ja, genügend österreichische
Wähler wären bereit, die eine oder andere Verschwörungstheorie
bezüglich der Wiener Politzirkel für bare Münze zu nehmen. Und wenn
man darauf verweist, dass neben den rund 1,6 Millionen Wienern noch
4,8 Millionen Wähler in den Bundesländern über die Zusammensetzung
des Nationalrats in der nächsten Legislaturperiode entscheiden, dann
wird man von den Verschwörungstheoretikern ein Aufjaulen hören - und
dann den Hinweis, dass das nur ein weiterer Beweis für die Macht von
Raiffeisen, Jagdverbänden und anderen diesseitigen oder jenseitigen
Verschwörerzirkeln wäre. Das ist natürlich alles Schwachsinn. Wahr
ist, dass die Wiener nur in beschränktem Umfang Stimmgewicht haben -
auch wenn das Augenmerk der Medien auf dem Wahlverhalten in der
Hauptstadt liegt, so werden die Mehrheiten tatsächlich in den
Regionen gebildet. Auf dem sogenannten "flachen Land"ist die ÖVP
besonders stark - und sie hat durch den flächendeckenden Erfolg bei
der Wehrpflicht-Volksbefragung (in allen Ländern außer Wien gab es
eine Mehrheit für die Wehrpflicht) einen starken Schub erfahren. Die
ÖVP-Funktionäre haben jetzt den Eindruck, dass sie etwas bewegen
können - wenn sie sich anstrengen, dann vielleicht auch die Mehrheit
der Wahlberechtigten. Die SPÖ hat es da traditionell schwerer: Sie
hat keinen Bauernbund, der die Wähler aus den entlegensten
Ortschaften, wenn es sein muss mit dem Traktor, zu Versammlungen
führt. Aber sie kann sich darauf verlassen, dass die Bewohner von
Klein- und Mittelstädten ein zunehmend urbanes Lebensgefühl haben.
Das teilen sie mit den Grünen: Diese haben geradezu fantastische
Umfragewerte - 15 Prozent würden bedeuten, dass sie eineinhalbmal so
viele Wähler mobilisieren können wie vor fünf Jahren. Aber diese
Wähler wollen angesprochen und überzeugt werden, was in kleinteiligen
Strukturen schwieriger ist als in Großstädten. Dasselbe gilt für die
anderen Klein- und Mittelparteien: Ob das Team Stronach erfolgreich
sein kann, hängt davon ab, ob es sich irgendwie regional etablieren
kann - bestehende Strukturen kann es nicht übernehmen, denn die hatte
das BZÖ, von dem es viele personelle Reserven abgezogen hat, ohnehin
nicht. Damit ist auch alles über die Wahlkampfmöglichkeiten der
Orangen gesagt: Ihnen fehlt die Präsenz in der Fläche. Bei den
Freiheitlichen ist die Sache etwas anders gelagert: Sie konnten
mangelnde Organisationsdichte bisher oft durch starke Medienpräsenz
und zugkräftige Spitzenkandidaten ersetzen. Und sie hatten mit der
Zuwanderung ein Konfliktthema, das im Moment aber wenig Konjunktur
hat. Alles abgekartet, alles entschieden? Nein, im Gegenteil: ein
spannender Wahlkampf in den Regionen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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