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"DER STANDARD"-Kommentar: "Die Saudis übernehmen das Ruder" von Gudrun Harrer

Geschrieben am 07-07-2013

Ahmad al-Jarba, neuer syrischer Oppositionschef, ist ein Mann
Riads (Ausgabe ET 8.7.2013)

Wien (ots) - Während die Welt gebannt auf Ägypten schaut, geht
das Sterben in Syrien weiter: Die Toten der Schlacht, die das Regime
soeben zur Rückeroberung der geschundenen Stadt Homs führt, machen
keine Schlagzeilen mehr - so wie auch die mit dem Krieg in Syrien in
Zusammenhang stehenden, fast täglichen konfessionellen Anschläge im
Irak nicht. Während die Vorarbeiten zu einer internationalen
Syrien-Konferenz in Genf einstweilen ins Leere laufen, ist das
geplante amerikanisch-russische Präsidententreffen von Barack Obama
und Wladimir Putin Anfang September der nächste Hoffnungstermin für
die Syrien-Diplomatie.

Davor werden sich die Kämpfe wieder verstärken, denn nach den
militärischen Erfolgen des Regimes in den vergangenen Monaten werden
die Rebellen von außen in die Lage versetzt werden, wieder Terrain
gutzumachen: Sonst ist die Aussicht, dass sie an Verhandlungen
teilnehmen, noch geringer. Militärstrategen gehen davon aus, dass der
Vorstoß im Süden Syriens erfolgen wird, wo die US-saudi-arabische
Hilfe die Free Syrian Army (FSA) über Jordanien erreichen kann.

Denn das ist die neue Konstellation: Ahmad al-Assi al-Jarba, der
Mann Saudi-Arabiens in der syrischen Koalition, dessen von Michel
Kilo geführte Gruppe im Mai nur mit Ach und Krach überhaupt in die
Syrian National Coalition hineingepresst wurde, ist neuer syrischer
Oppositionschef. Er ist ein tribaler Führer - Mitglied der Shammar,
einer riesigen Stammeskonföderation, die in Syrien, Saudi-Arabien und
im Irak beheimatet ist.

Jarba besiegte am Samstag seinen Kontrahenten Mustafa al-Sabbagh,
den Mann, der vom Emirat Katar gefördert wurde (und der sogar Geld
für Stimmen geboten haben soll). Für Saudi-Arabien war das nach dem
Sturz der Muslimbrüder in Ägypten der zweite Sieg in einer Woche:
Auch der überdimensionale Muslimbruder-Einfluss in der Syrian
National Coalition ist gebrochen. Die Rolle Katars, auch der Türkei,
im Lager der syrischen Rebellen wird momentan schrittweise gestutzt,
die Saudis, mit den USA und deren Partner Jordanien im Rücken,
übernehmen das Ruder. Die von Salim Idris - der ebenfalls dem
saudischen Lager zugerechnet wird - geführte Free Syrian Army bekommt
mit Jarba das passende politische Pendant. Nicht mehr der Emir von
Katar ist nun der große Macher, sondern Prinz Bandar bin Sultan bin
Abdulaziz, der saudische Geheimdienstchef.

Das tribale Element im Syrien-Konflikt wird - auch wegen seiner
Komplexität - unterbelichtet. Schon bei den ersten
Auseinandersetzungen mit dem Regime - in Deraa oder auch in Hasaka -
im Frühjahr 2011 waren auf der Gegenseite Akteure, hinter denen
Stämme als Multiplikator der Empörung standen. Viele Milizen sind
nach Stammesloyalitäten organisiert, auch wenn sie religiöse Namen
tragen.

Jarba kommt aus der Region Al-Jazira im
syrisch-irakisch-türkischen Dreiländereck, wo die Jihadisten
besonders stark sind. Teilweise kooperieren die Stämme mit ihnen,
teilweise kommt es bereits zu Machtkämpfen. Die Hoffnung hinter der
jetzigen Stärkung der Stammesakteure ist sicher auch, dass sie das
konfessionelle Element des Konflikts zurückdrängen.

Mit Jarba - Mitstreiter des für viele Assad-Gegner viel zu
pragmatischen Michel Kilo - ist auch die Chance gestiegen, dass die
Koalition an Verhandlungen teilnimmt. Parallel dazu hoffen die USA,
dass Russland Druck auf Bashar al-Assad ausübt.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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