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Westdeutsche Zeitung: Der Fall Gustl Mollath bewegt mittlerweile nicht nur Bayern = von Martin Vogler

Geschrieben am 14-06-2013

Düsseldorf (ots) - Gustl Mollath kann mittlerweile das Prädikat
für sich verbuchen, Deutschlands bekanntester Psychiatrie-Insasse zu
sein. Was nur deshalb gut für ihn ist, weil die überwiegend
erschrockene Öffentlichkeit jetzt - nachdem er bereits sieben Jahre
weggesperrt ist - extrem sensibilisiert auf seinen komplizierten Fall
schaut. Die Frage, ob er zurecht in der Psychiatrie sitzt, ist
deshalb noch lange nicht beantwortet. Und auch der
Untersuchungsausschuss des Bayrischen Landtags, vor dem gestern die
in der Kritik stehende Justizministerin des Freistaates, Beate Merk,
aussagte, wird Gustl Mollath nicht die Freiheit schenken. Denn dort
wird nicht seine Schuld oder Unschuld geklärt, sondern primär die in
einem weiß-blauen Doppelwahljahr - es geht um Land- und Bundestag -
brisante Frage, ob die Justiz in dem Verfahren Fehler gemacht hat,
für die die Ministerin Mitverantwortung trüge. Beate Merk zog sich
leidlich aus der Affäre, zeigte wie gewohnt nur selten Selbstzweifel,
überraschte Beobachter aber immerhin mit etwas menschlicher
Anteilnahme. Dennoch bleibt der Verdacht, dass sie sich ohne den
immensen öffentlichen Druck nicht so schnell und weit bewegt hätte.
Immerhin hat die Staatsanwaltschaft mittlerweile die Wiederaufnahme
des Verfahrens gegen Mollath beantragt und sogar die Ministerin
gestern von der Möglichkeit eines Fehlurteils gesprochen. In der Tat
scheint 2004, als Mollath wegen Gemeingefährlichkeit und eines
"paranoiden Wahnsystems" in eine geschlossene Anstalt eingewiesen
wurde, einiges seltsam gelaufen zu sein. Es gibt Zweifel an der
Unabhängigkeit des Richters, ein entscheidendes ärztliches Attest
lässt Fragen offen. Auch die These Mollaths und seiner Freunde, er
sei Opfer eines Komplotts geworden, weil er eine Schwarzgeldaffäre,
in die seine damalige Frau und einflussreiche Personen verwickelt
gewesen seien, öffentlich machen wollte, wiegt schwer. Dennoch ist es
kein Skandal, dass Mollath weiterhin weggesperrt ist. Wegen des
rechtskräftigen Urteils von 2004 ist das sogar logisch. Schwer
verständlich ist hingegen, warum sich die Wiederaufnahme des Falls
durch die bayrische Justiz, nachdem neue Erkenntnisse vorlagen, so
lange hinzog und noch hinzieht. Denn falls Mollath siegt, war jeder
Tag in der Anstalt ein Tag zu viel.



Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de
www.wz-newsline.de


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