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Badische Neueste Nachrichten: Letzte Chance

Geschrieben am 13-06-2013

Karlsruhe (ots) - Nach den scharfen Protesten hat der türkische
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan doch noch versucht, das Steuer
herumzureißen. Bei einem Treffen mit Vertretern der Protestbewegung
schlug er ein Referendum über die umstrittene Zukunft des Gezi-Parkes
in Istanbul vor - nachdem er zuvor die Polizei in Istanbul auf die
Demonstranten losgelassen hatte. Offenbar ist Erdogan zu dem Schluss
gekommen, dass eine allzu harte Linie für ihn selbst von Schaden sein
könnte. Sein Verhalten der letzten Tage war nicht nur schlecht für
die Türkei im Innern, sondern auch für ihr Verhältnis zu Europa. Das
hätte nicht sein müssen. Seit Tagen sagt Erdogan, er wolle mit den
friedlichen Demonstranten sprechen, lehne aber Zugeständnisse an
gewaltbereite Protestierer ab. An dieser Position wäre eigentlich
nichts auszusetzen, aber der 59-jährige Premier muss sich fragen
lassen, warum er fast gleichzeitig alle Demonstranten in die Nähe von
Terroristen rückte. Erdogan setzte darauf, dass seine harte Haltung
bei den Wahlen im nächsten Jahr belohnt wird. Am Wochenende startet
seine Partei AKP offiziell in den Kommunalwahlkampf, außerdem will
sich Erdogan im Sommer 2014 zum Präsidenten wählen lassen. Sein
Kalkül läuft darauf hinaus, dass fast die gesamte Wählerschaft der
AKP ein hartes Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten
befürwortet. Hinzu kommen nationalistische Türken, die zwar
normalerweise die Rechtspartei MHP wählen, den harten Erdogan-Kurs
aber ebenfalls unterstützen. Nach seinem Gespräch mit den
Demonstranten ließ Erdogan dann erklären, ein Referendum könne den
Streit um den Gezi-Park klären - das hätte er schon letzte Woche
sagen und damit viel Schaden von der Türkei abwenden können. Offenbar
wollte er zuallererst seinen eigenen Anhängern klarmachen, dass er
sich nicht irgendwelchen Krawallmachern beugen werde. Erst dann war
er zur Verständigung bereit. Die Gewalt erschütterte das Bild der
Türkei als muslimische Demokratie, als Beispiel für eine ganze
Weltgegend. Wenn die Krise dadurch gelöst wird, dass das Volk in
einem Referendum die Entscheidung hat, wird diese Modellfunktion
gestärkt. Ob das auch für die Europa-Ambitionen der Türkei gilt, ist
offen. Die EU hoffte bisher auf eine stabile demokratische
Entwicklung am Bosporus und auf Fortschritte einer praktischen
Zusammenarbeit jenseits der Frage, ob das Land eines Tages Mitglied
der Europäischen Union sein wird oder nicht. Diese Frage der
Mitgliedschaft ist wieder in weite Ferne gerückt. Erdogans Regierung
sagt zwar, große Unruhen habe es auch in EU-Ländern schon gegeben,
wie etwa in Griechenland, doch dieser Hinweis wird ihm in Europa kaum
neue Türen öffnen. Die Eskalation der Gewalt lässt die vielen
demokratischen Fortschritte des Landes in den vergangenen Jahren
plötzlich als papierdünn und oberflächlich erscheinen.



Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de


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