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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Berliner Stadtschloss

Geschrieben am 12-06-2013

Bielefeld (ots) - In der Bundesrepublik leben 951 200 Millionäre.
80 Millionen Euro der Baukosten des Berliner Stadtschlosses sollen
von privaten Spendern kommen. Taschenrechner raus: Hätte jeder
deutsche Millionär 84 Euro und 11 Cent gespendet, könnten all die
Putten und Ranken und Arabesken und Pilastergruppen für die barocke
Fassade gleich jetzt beim Steinmetz bestellt werden. Zeit in Hülle
und Fülle hatte man ja: Der Wiederaufbaubeschluss des Bundestags
datiert vom 4. Juli 2002. Die 84,11 Euro pro Millionär wären ein
Indiz für die »Herzensangelegenheit« gewesen, die das Schloss allen
Deutschen ist, wie der Bauherr behauptet. In Wahrheit schämt man
sich, die in neun langen Jahren gesammelte Spendensumme exakt zu
beziffern. Zehn Millionen? 26 Millionen? 20 Prozent von 80 Millionen?
Herzensangelegenheit? Als gestern der Grundstein für das symbolische
Herz nicht nur der Hauptstadt, sondern gleich der ganzen
wiedervereinigten Republik gelegt wurde, traf sich Kanzlerin Angel
Merkel mit Lobbyisten der Wasser- und Energiewirtschaft. Deutlicher
kann die nationale Politik kaum kundtun, wie egal ihr das Schloss
ist. Dazu passt, dass in der Diskussion die Fassade (Barock) meistens
wichtiger war als der Inhalt (Humboldt-Forum). Irgendwas mit Barock
geht immer, findet Berlins traditionsorientiertes Bürgertum. Die
hauptstädtische Avantgarde wiederum ist damit gar nicht
einverstanden, sie hätte lieber etwas aus Glas und Beton - das
flimmert so schön, so modern. Schließlich aber musste man sich dann
doch um Inhalte kümmern: Irgendwas mit Preußen geht immer, dozierten
die einen. Weil aber das überraschend moderne Preußen vor 200, 300
Jahren sammelte (und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz 2019 im
Schloss präsentieren will), was schon vor 200, 300 Jahren multikulti
war, dürfen sich jetzt die anderen auf Inka-Keramik und
Südsee-Einbaum freuen. Die Pfähle im schlickigen Untergrund der Spree
sind eingerammt, Bundespräsident Joachim Gauck hat den Grundstein
festgeklopft, die Baulücke wird geschlossen, bald ist Berlins Mitte
komplett. Die kalkulierten Baukosten in Höhe von 590 Millionen Euro
sind dafür sicher nicht zuviel, aber ebenso sicher auch nicht das
letzte Wort. Doch sprechen wir nicht über Geld. Sprechen wir über die
Fassade: Die Moderne hatte ihre Chance - leider ließ sie den Bürger
mit seinem Wunsch nach malerischer Schönheit allzuoft allein. Jetzt
soll die Architektur der Historie ruhig wieder ein paar jener Rechte
zuerkennen, die ihr die Betonkubisten vor Jahrzehnten abgesprochen
haben. Sprechen wir über Inhalte: Vis-à-vis der Museumsinsel, auf der
die Besucher in klassischer Ästhetik schwelgen dürfen, entsteht mit
dem Humboldt-Forum ein Schaufenster in die Welt. Es wird so
international wie die Millionen Gäste, die sich künftig in Berlins
Mitte einladen lassen. Und das ist auch gut so.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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