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Mittelbayerische Zeitung: Auch Studenten wählen Minister Ramsauer schiebt des Problem der studentischen Wohnungsnot vor sich her - ein grober Fehler. Von Christian Kucznierz

Geschrieben am 07-06-2013

Regensburg (ots) - Die Idee eines Runden Tisches klingt ja immer
erst einmal gut: Man setzt sich zusammen, um ein Problem gemeinsam
anzugehen. Und das in bester Arthus- Manier: An der Tafelrunde des
Sagenkönigs sollte keiner am Kopf der Tafel sitzen und damit der Chef
sein. Alle sind gleichberechtigt. Was am Ende auf die altbekannte
Formel hinausläuft: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, bild' ich einen
Arbeitskreis. Sprich: Hinterher ist man oft genauso schlau wie
vorher. So auch gestern beim Runden Tisch zum Thema studentische
Wohnungsnot. Allerdings wäre derjenige, der sich etwas Substanzielles
erwartet hätte vom Ausgang des Treffens im Bundesbauministerium, auch
naiv. Schließlich ist der Chef der Tafelrunde Peter Ramsauer, und der
ist nicht unbedingt bekannt dafür, Probleme ernsthaft anzugehen.
Ankündigen, meist mit großen Brimborium, mit schönen Fotos und
markigen Sprüchen, um dann zum nächsten Verlautbarungstermin zu
ziehen. Beispiel gefällig? An der Notwendigkeit der Elektrifizierung
der Bahnstrecke Regensburg-Hof hat der Minister keine Zweifel, sagte
er jüngst im Interview mit unserer Zeitung. Unternehmer und
Bahnfahrer aus der Region haben daran auch keinen Zweifel, und das
seit Jahrzehnten. Nur: Sie werden noch Jahrzehnte auf die
Umsetzungwarten müssen, solange im Verkehrsministerium ein Minister
sitzt, der Güterverkehr lieber mit Gigalinern auf die Straßen
schickt. Am Freitag also wurde das Problem, das tausende von
Studenten seit Jahren vor allem jedes Wintersemester haben, wieder
einmal vertagt. Im November soll ein weiterer Runder Tisch
stattfinden, auf dem dann aller Voraussicht nach gesagt wird, warum
es nach der Wahl nicht anders aussieht als vor der Wahl. Es ist ein
Trauerspiel: Von den mehr als 400 000 Studenten, die zum
Wintersemester 2013/14 auf den Wohnungsmarkt drängen, werden sich
viele erneut zunächst mit Notunterkünften begnügen müssen. Nach wie
vor fehlen in Deutschland rund 70 000 Wohneinheiten. Und Ramsauer
setzt allen Ernstes weiterhin seine Hoffnungen auf Initiativen
zwischen Investoren, Immobilienwirtschaft und Studentenwerken - als
ob die ein gemeinsames Ziel verfolgten. Die Studentenwerke fordern
seit Jahren mehr Fördermittel für den Bau von Wohnheimen, während es
Investoren vor allem um Profit geht. Das ist ihr gutes Recht. Aber
die wenigsten Studienanfänger haben das Geld, um sich eine neu
gebaute Wohnung zu mieten, geschweige denn zu kaufen. Und dass
günstiger Wohnraum in den Städten knapp ist, wissen nicht nur die
Studenten, sondern alle, die auf ihr Geld achten müssen, also auch
Familien mit geringem oder mittleren Einkommen. Für die Studenten
hatte Ramsauer vor dem Treffen am Freitag erneut leer stehende
Kasernen ins Spiel gebracht - ein klassischer Ramsauer-Vorstoß:
klingt besser als er ist. Kasernen sind oftmals entkernt und von der
Energie- und Wasserversorgung abgekoppelt. Und Mehrbettzimmer sind
vielleicht eine Lösung für Soldaten; für Studenten, die
unterschiedliche Stundenpläne und Prüfungstermine haben und über
Jahre hinweg weit weg von zuhause ein wenig Privatsphäre brauchen,
kann das nur eine Notlösung sein. Ein langfristiges Konzept ist das
ebenso wenig wie das Aufstellen von Wohncontainern, über das man in
Berlin nachdenkt. Es ist heute schon oft genug der Fall, dass
Studenten ihren Studienort nicht nur nach der Qualität der Lehre
wählen, sondern auch danach, wo sie es sich leisten können zu leben.
Wer nicht möchte, dass der Geldbeutel über das Studium entscheidet,
wer will, dass deutsche Hochschulen weiterhin attraktiv sind, der
darf nicht so tun, als würde sich das Problem zunehmender
Studentenzahlen von alleine lösen. Die doppelten Abiturjahrgänge
mögen sich eines Tages verlaufen; aber die meisten Studenten sind
mindestens drei Jahre an den Unis. Und die Zahl der Studienanfänger
steigt von Jahr zu Jahr. Was Ramsauer und Co. offenbar vergessen:
Auch Studenten wählen - nicht nur ihr Studienfach.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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