(Registrieren)

DER STANDARD - Kommentar: "Das Ende des Sonnenscheins" von Christoph Prantner

Geschrieben am 06-06-2013

Wien darf sich auch nach dem Golan-Abzug nicht aus der
Verantwortung stehlen. (Ausgabe vom 7/6/2013)

Wien (ots) - Vor ziemlich genau 39 Jahren fuhr ein erster Konvoi
mit österreichischen Panzergrenadieren im Auftrag der Uno vom
Suezkanal in Richtung Golan ab. Die Blauhelme schlugen sich auf zum
Teil abenteuerliche Weise durch, etablierten die UN-Mission auf dem
strategisch bedeutsamen Hochplateau, hielten über Jahrzehnte Israelis
und Syrer auseinander - und daneben die Region stabil. Lange Zeit
galt die United Nations Disengagement Observer Force (Undof) als eine
"Sunshine Mission", als ein Einsatz, bei dem ein zünftiger Kater das
Gefährlichste war, was den Soldaten zustoßen konnte. Österreich
konnte sich damit trotzdem den ehrenhaften Ruf eines Landes erwerben,
das seine Soldaten nur für den Frieden aufmarschieren lässt. Mit dem
Ausbruch des Aufstands gegen das syrische Regime vor gut zwei Jahren
hat sich die Lage schlagartig geändert. Die UN-Mission geriet immer
mehr zwischen die Fronten, die syrische Armee setzte sich in der
entmilitarisierten Zone fest, im Mandatsgebiet der Undof liegen die
Dörfer von Unterstützern und Gegnern Präsident Bashar al-Assads nur
wenige Kilometer voneinander entfernt. Blauhelme wurden gekidnappt,
direkt beschossen oder von Querschlägern getroffen - der Sonnenschein
wich der Dunkelheit der Schutzbunker, ein militärischer Nutzen der
Mission war nicht mehr darstellbar. Die politische Entscheidung, die
österreichischen Soldaten abzuziehen, ist nach den jüngsten
Kampfhandlungen in dem Gebiet nur folgerichtig. Der ursprüngliche
Auftrag der Truppe - die Überwachung des Waffenstillstands zwischen
Israel und Syrien - ist unter diesen Umständen einfach nicht mehr zu
erfüllen. Und der gesamte Undof-Einsatz steht damit infrage. Die Uno
verlöre bei einem Ende der Mission eines ihrer wenigen Standbeine in
einer Region und in einem Konflikt, dem sie ohnehin schon seit Jahr
und Tag hilflos gegenübersteht. Daneben steigt das Risiko, dass auch
Israel direkt in die Kampfhandlungen hineingezogen wird. Ein erstes
Indiz dafür mag der Angriff von Rebellen auf das Bravo-Gate gewesen
sein - sie verlieren derzeit an allen Fronten gegen die Assad-Truppen
an Boden, eine regionale Eskalation der Kämpfe würde ihnen in die
Hände spielen. Genau dieses regionale Überschwappen des Konflikts auf
Jordanien, den Libanon und eben Israel ist ein Szenario, neben dem
das aktuelle Blutbad in Syrien als ein mildes Vorspiel erscheinen
mag. Niemand will sich ausmalen, was geschehen könnte, käme es
tatsächlich zu einem großen Nahostkrieg. Deswegen endet die
außenpolitische Verantwortung Österreichs für die Region auch nicht
mit der Rückkehr des letzten Bundesheersoldaten aus dem Krisengebiet.
Im Gegenteil: Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael
Spindelegger dürfen sich nicht damit zufriedengeben, ein großes
Risiko für den Nationalratswahlkampf eliminiert zu haben. Sie müssen
vielmehr, nachdem Österreich in dieser Krise unversehens einmal
tatsächlich so etwas wie weltpolitische Bedeutung erlangt hat, weiter
Außenpolitik machen. Sie müssen weiter auf eine Friedenslösung
drängen und so wie zuletzt bei der Debatte um das Waffenembargo der
Europäischen Union Flagge zeigen. Tun sie das nicht, dann müssen sie
sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie im Gegensatz zu den
Militärs weiter auf Sonnenschein-Mission sind.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

468071

weitere Artikel:
  • Der Tagesspiegel: SPD: Minister de Maizière sagt nicht die Wahrheit Berlin (ots) - Die SPD wirft Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) vor, in der Debatte über das Drohnenprojekt "Euro Hawk" Parlament und Öffentlichkeit nicht korrekt informiert zu haben. Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold verwies am Donnerstag auf einen Bericht des "Donau-Kuriers" in Ingolstadt. Bei einem Redaktionsbesuch hatte de Maizière dort bereits am 8. Mai diesen Jahres ein Scheitern des Projekts für wahrscheinlich erklärt. Auf die Frage, ob die Bundeswehr wie geplant vier der Aufklärungsdrohnen beschaffen werde, mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Laumann rät eigener Partei bei der Homo-Ehe "zur Abrüstung" Bielefeld (ots) - Karl-Josef Laumann, Fraktionschef der CDU in NRW, appellierte in einem Gespräch mit der in Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen (Freitagsausgabe) an seine eigene Partei in der Frage der Gleichstellung der Homo-Ehe "abzurüsten". "Das System Ehegattensplitting" nehme keinen Schaden, nur weil künftig neben 13 Millionen Ehepaaren auch 20.000 eingetragene Lebenspartnerschaften davon profitieren könnten, so Laumann. Der CDU-Politiker begrüßte es, dass die Verfassungsrichter das Ehegattensplitting insgesamt im mehr...

  • Mittelbayerische Zeitung: Vorabmeldung der Mittelbayerischen Zeitung (Regensburg): CSU-Wirtschaftspolitiker Hinsken: Geld von deutschen Steuersündern für Flutopfer Regensburg (ots) - Regensburg. Geld von deutschen Steuersündern für Flutopfer verlangt der CSU-Wirtschaftspolitiker Ernst Hinsken. Der niederbayerische Bundestagsabgeordnete, der auch Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses ist, hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in einem Schreiben gebeten, die Mehreinnahmen des Staates, die derzeit von deutschen Steuersündern im Ausland eingetrieben würden, "unbürokratisch für die Flutopfer in Bayern und Ostdeutschland" zur Verfügung zu stellen. "Damit könnte schnell Not gelindert mehr...

  • EFFIZIENZDIALOG / Effiziente und bezahlbare Gebäudesanierung als Beitrag zur Energiewende Berlin (ots) - Die Energieeinsparziele der Bundesregierung stellen für Hauseigentümer und Mieter eine große Herausforderung dar. Bis 2020 sollen im Wärmemarkt insgesamt rund 93 Millionen Tonnen CO2 im Vergleich zu 2008 eingespart werden. Während konkrete Regelungen wie die Energieeinspar-Verordnung weiter auf sich warten lassen, läuft die Diskussion über eine sozialverträgliche energetische Sanierung bereits auf Hochtouren. "Die Hängepartie bei der Novelle der Energieeinspar-Verordnung schadet der Energiewende und verunsichert mehr...

  • Märkische Oderzeitung: Märkische Oderzeitung Frankfurt (Oder) zu Nordkorea: Frankfurt/Oder (ots) - Wenn schon China mittlerweile über Konsequenzen im Falle eines möglichen Regime-Zusammenbruchs in Pjöngjang offen nachdenkt, dann ist es schlimmer bestellt. Darauf deutet auch die massive Zunahme ausländischer Währungen als inoffizielles Zahlungsmittel hin. Umso mehr stellt sich die Frage, was das Säbelrasseln letztlich sollte. Wahrscheinlich diente es nur zur Festigung der Macht Kim Jong-uns. Immerhin sollen in den vergangenen Monaten auch zahlreiche Funktionäre verschwunden sein. +++ Pressekontakt: mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht