(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zum FDP-Bundesparteitag in Nürnberg: "Liberale Selbstbestärkung" von Reinhard Zweigler

Geschrieben am 05-05-2013

Regensburg (ots) - Die rot-grüne Steuerorgie und die bayerische
Spezl-Affäre könnten der FDP wieder Aufwind verschaffen.

Die deutschen Liberalen haben vielfältige und einschlägige
Erfahrungen mit Formen des politischen Scheintods. Immer mal wieder
wurden die Totenglöckchen geläutet und das sichere Ende der FDP
vorausgesagt. Vor einigen Monaten noch galt die in Berlin und München
mitregierende Truppe der Rösler, Brüderle, Zeil und Co. als
außerparlamentarische Opposition in spe. Ihr Wiedereinzug in den
Bundestag und in das Münchner Maximilianeum wurde von Umfrage zu
Umfrage unwahrscheinlicher. Auf den "netten Herrn Rösler" wollte
keiner mehr einen Pfifferling wetten. Selbst die Union hatte nur noch
mitfühlenden Spott für die Blau-Gelben. Eine leidlich erfolgreiche
Landtagswahl in Niedersachsen, zwei Parteitage und viele markige
Reden später scheint die FDP dem Polit-Scheintod entronnen. Auf dem
Nürnberger Parteitag half jetzt wortreiche Autosuggestion von
Brüderle und Rösler über die liberale Malaise hinweg. Es geht ihr,
rein umfragetechnisch betrachtet, zwar noch nicht viel besser, aber
man redet sich ein, es werde schon wieder für den Bundestag und die
Landtage von Bayern und Hessen reichen. Wer wird das schaffen? Wir
werden es schaffen! So peitscht Brüderle seinen Mitstreitern
gleichsam neues Selbstvertrauen ein. Allerdings hat weniger die
Selbstermunterung noch die Inthronisation von Rainer Brüderle zum
Spitzenkandidaten oder Röslers Wiederwahl zum Parteichef das liberale
Siechtum gestoppt, entscheidend waren vielmehr die knarzigen
Steuererhöhungsprogramme von Rot und Grün. Auch die Vetternwirtschaft
bayerischer Politiker könnte der notleidenden Partei wieder Aufwind
bescheren. Sie sind eine Steilvorlage für die liberalen Saubermänner
und Steuersenker. Der FDP fällt es nun sogar relativ leicht, sich als
eine Art Anti-Robin-Hood-Partei gegen SPD und Grüne zu positionieren.
Hieß das liberale Mantra vor vier Jahren noch, Steuersenkungen nur
mit uns!, heißt es nun: Nur mit uns werden die Belastungen nicht
erhöht! Rot-Grün ist der Beelzebub, der nur von Blau-Gelb vom Haus
ferngehalten werden kann. Die Liberalen setzen offenbar auch auf
enttäuschte Grünen-Anhänger, denen die Umverteilungs- und
Abkassierer-Pläne der Roth und Trittin zu tief ins eigene
Portemonnaie greifen könnten. Die Freidemokraten gaukeln dabei vor,
Opposition und Regierung zugleich zu sein. Sie haben sich mit ihrem
Wahlprogramm zwar eindeutig und fest an die Union gekettet, doch
wenigstens verbal wird auch gegen die Spezl-CSU und die
"schwarzlackierten Sozialisten" der CDU der Stachel gezückt. Die
politische und strategische Verengung, die man Westerwelle vor vier
Jahren vorwarf - und die der Partei fast 15 Prozent bescherte -, ist
nun durch eine neue Vereinseitigung ersetzt worden. Die FDP bleibt
das rechtsstaatsliebende Anhängsel der Union. Zu wirklicher
Eigenständigkeit fehlt ihr offenbar der Mumm. Das Reizthema
Mindestlohn geht die FDP in Nürnberg ebenso verquast an wie die
Union. Weil es keinen - rot-grün-roten - flächendeckenden,
gesetzlichen Mindestlohn geben darf, werden Lohnuntergrenzen für
Branchen und Regionen verlangt. Wie das konkret funktionieren soll,
ist zwar völlig offen, aber zumindest schmettern die Liberalen mit
diesem Schwenk den Vorwurf sozialer Kälte ab. Mit viel Jubel und
Selbstbeweihräucherung hat die FDP in Nürnberg ein Wahlprogramm
beschlossen, das ihr das parlamentarische Überleben sichern soll.
Wieder einmal.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

462112

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Kirchentags-Bilanz Kommentar Von Frank Vollmer Düsseldorf (ots) - Die Sonne. Die Menschen. Die schöne Stadt. Das wird bei vielen Besuchern bleiben vom Evangelischen Kirchentag in Hamburg. Zweifellos ist es ermutigend, wenn viele der rund 155.000 Tages- und Dauergäste die fünf Tage als stärkendes Glaubensfest empfunden haben. Aber die Frage muss erlaubt sein, ob das für eine Veranstaltung reicht, die selbst den Anspruch hat, politische "Zeitansage" zu sein. Der Kirchentag habe den "Nerv der Zeit" getroffen, hat sein Präsident Gerhard Robbers gesagt. Dazu müsste dann aber auch mehr...

  • Rheinische Post: Frühstart der FDP Kommentar Von Gregor Mayntz Düsseldorf (ots) - Natürlich kommt es bei einem Parteitag, zumal in Wahlkampfsichtweite, besonders darauf an, den eigenen Anhang zu überzeugen. Insofern waren die leidenschaftlich und in großer emotionaler Lautstärke daherkommenden Reden von FDP-Chef Rösler und Spitzenkandidat Brüderle erfolgreich. Ist damit aber das Ticket für eine weitere Runde in der Regierung schon gelöst? Sicher nicht. Nach wie vor berührt die FDP nur hin und wieder die Fünf-Prozent-Hürde, nachhaltig entfernt hat sie sich in den Umfragen vom drohenden Rauswurf mehr...

  • Westdeutsche Zeitung: Die FDP will das Image der sozialen Kälte ablegen = von Anja Clemens-Smicek Düsseldorf (ots) - Anfang des Jahres, da hatte sich die FDP eigentlich schon zu einer Fußnote der Geschichte abgewirtschaftet. Im Rücken von Parteichef Philipp Rösler bereiteten vermeintliche Parteifreunde eine Revolution vor, in Umfragen drohten die Liberalen in der Rubrik "Sonstige" zu verschwinden - ganz auf Augenhöhe mit der Tierschutzpartei, den Violetten und den Bibeltreuen Christen. Dass Rösler Ende Januar in seiner Heimat Niedersachsen 9,9 Prozent holte, mochten viele vielleicht noch als letztes Aufbäumen einer sterbenden Partei mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Ende ungewiss / Kommentar zur Eskalation in Syrien Mainz (ots) - Es mag angesichts der massiven Luftangriffe Israels auf Ziele in Syriens Hauptstadt Damaskus auf den ersten Blick paradox klingen, aber in Jerusalem fürchtet man sich vor dem Tag, an dem der Bürgerkrieg im Nachbarland mit dem Sieg der Aufständischen endet. Denn dann wird das Land über kurz oder lang in die Hände derer fallen, die sich die Vernichtung des Judenstaats auf die Fahne geschrieben haben. Längst nämlich haben bei den Aufständischen radikale Fundamentalisten die Regie übernommen. Ihre Einheiten sind die einzig mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Warum die FDP? / Kommentar zum Parteitag Mainz (ots) - Genau eine Woche lag zwischen den Parteitagen der Grünen und der FDP. Zunächst traf sich die Oppositionspartei in Berlin, jetzt die Regierungspartei in Nürnberg. Wer auch immer für diesen Zeitplan verantwortlich sein mag, der FDP lieferte er jede Menge Munition. Der Kampf gegen "den kapitalen Raubzug durch die Mitte der Gesellschaft", der nach Ansicht der liberalen Spitzenmänner durch eine rot-grüne Regierung droht, war eines der Hauptthemen bei dem aktuellen Treffen. Wortgewaltig wetterten Brüderle und Rösler beispielsweise mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht