(Registrieren)

Lausitzer Rundschau: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt die Ukraine

Geschrieben am 01-05-2013

Cottbus (ots) - So klar und berechtigt Julia Timoschenkos Sieg vor
dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte auch war: Der Fall
der inhaftierten ukrainischen Oppositionsführerin ist und bleibt eine
Frage der Macht und der politischen Interessen, nicht des Rechts. Die
Entscheidung über ihr Schicksal treffen weder die unabhängigen
Richter in Straßburg noch die Marionetten in der ukrainischen Justiz.
Das Urteil fällt allein Präsident Viktor Janukowitsch. Man mag das
bedauern, muss es aber zur Kenntnis nehmen. Das wiederum hat
weitreichende Folgen für die gesamteuropäische Geopolitik.
Timoschenko ist längst mehr als eine willkürlich eingekerkerte
Oppositionsführerin in einem autoritären Staat. Sie ist zum Spielball
und zum Symbol im Ringen zwischen der EU und der Ukraine um eine
engere politische und wirtschaftliche Anbindung geworden. Davon ist
zentral auch die sogenannte strategische Partnerschaft zwischen der
EU und Russland betroffen. Fest steht: Bleibt Timoschenko auf Dauer
in Haft, kann es eine echte Assoziierung der Ukraine nicht geben. Das
wissen alle Beteiligten. In schwierigen und langwierigen
Verhandlungen geht es deshalb derzeit hinter den Kulissen in Kiew und
Brüssel um die Modalitäten eines politischen Handels. Janukowitsch
wird Timoschenko vermutlich irgendwann vor dem EU-Osteuropa-Gipfel im
November unter strengen Auflagen amnestieren. Entscheidend für ihn
dürfte dabei sein, dass seine Rivalin nicht als gleichberechtigte
Gegnerin in die Präsidentenwahl 2015 ziehen kann. Um dies zu
verhindern, verfügt er allerdings über ausreichend innenpolitische
Druckmittel. Zugleich möchte und muss Janukowitsch sein Gesicht
wahren und sich dem eigenen Volk als erfolgreicher Staatsmann
präsentieren können. Denkbar wäre deshalb, dass Brüssel dem Ukrainer
schnelle Visa-Erleichterungen für seine Landsleute in Aussicht
stellt. Derzeit spricht immerhin vieles dafür, dass sich die EU und
die Ukraine annähern und damit den russischen Präsidenten Wladimir
Putin ausbooten. Der Kremlchef setzt Janukowitsch seit Monaten unter
Druck, sich nach Osten zu wenden und sich einer Union mit Russland,
Kasachstan und Weißrussland anzuschließen. Kommt es anders, wäre dies
zweifellos ein Gewinn für die westliche Welt.  Wer die
Ukraine ins europäische Boot holen will, erweitert die Union
um eine ostslawische Komponente. Ähnlich wie im Falle der Türkei, so
geht es auch bei der Ukraine um einen Partner, dessen Integration den
Rahmen der heutigen EU sprengen würde. Es gibt Gründe dafür, dies
anzustreben. Man sollte sich aber klarmachen, dass die EU mit den
beiden Regionalmächten eine eurasische Dimension erhielte und sich
von Grund auf verändern würde. All dies ist Zukunftsmusik. Aber jeder
Weg beginnt mit ersten Schritten. Es ist fahrlässig, loszumarschieren
und später zu schauen, wohin der Pfad führt. Deshalb ist es höchste
Zeit, dass sich die EU grundsätzliche Gedanken über die Ziele ihrer
Assoziierungs- und Erweiterungspolitik macht.



Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

461516

weitere Artikel:
  • Allg. Zeitung Mainz: Ohne Worte / Kommentar von Ralf Heidenreich zum NSU-Prozess Mainz (ots) - Laut einer Forsa-Umfrage hoffen 42 Prozent der Deutschen, dass die gerichtliche Aufarbeitung der Neonazi-Morde im NSU-Prozess um Beate Zschäpe das Ansehen Deutschlands in der Welt steigert. Doch bevor der Prozess beginnt, ist diese Hoffnung bereits zerstört. Und das liegt nicht etwa an dem Prozess als solchem, sondern am verantwortlichen Gericht. Als dem Münchner Oberlandesgericht bei der Vergabe der Presseplätze die erste große Panne unterlief, dachte man, dass es schlimmer nicht kommen kann. Falsch gedacht. Denn mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Die Beichte / Kommentar von Friedrich Roeingh zum Fall Hoeneß Mainz (ots) - Da ist sie, die unvermeidliche Beichte, auf die die Öffentlichkeit so sehnlich gewartet hat. Uli Hoeneß, der größte aller aktuell bekannten Sünder, hat sich dafür nicht den Beichtstuhl Bild-Zeitung ausgesucht, sondern die "Zeit" - eine moralische Instanz unter den Medien. Und seine Aussichten auf Vergebung sind besser, als er dies selbst so kurz nach der Empörungswelle der vergangenen Tage wahrnehmen kann oder wahrnehmen mag. Bei der öffentlichen Aufarbeitung von Fehltritten prominenter Vorbilder ist stets zwischen der mehr...

  • Südwest Presse: KOMMENTAR · STEUERHINTERZIEHUNG Ulm (ots) - Gaucks Moral-Appell Jetzt hat sich auch das Staatsoberhaupt in das aktuell am meisten aufrüttelnde Thema der Deutschen eingeschaltet und die Steuerhinterziehung als asozialen Akt gebrandmarkt. Doch Bundespräsident Joachim Gauck bringt zunächst nur Selbstverständliches zum Ausdruck. Den Vorwurf, auf der populären Welle zu reiten, die der Fall Hoeneß ausgelöst hat, braucht er sich jedoch nicht vorhalten zu lassen. Gaucks Festlegung zielt schließlich auf die moralische Bewertung dessen ab, was der Bürger seinem Staat mehr...

  • WAZ: Rot-Grün hat viel zu verlieren - Kommentar von Theo Schumacher Essen (ots) - Die kommunale Finanzreform mit drohenden Einschnitten für Städte im Revier ist nur aufgeschoben. Mehr nicht. Und doch ist in der aufgeladenen Situation eine Atempause die einzig richtige Antwort. Für die Kommunen, die der Schuldenfalle zu entrinnen versuchen und neue Rückschläge in Millionenhöhe nicht wegstecken könnten. Für den Innenminister, der es sich nicht leisten kann, eine derart komplizierte Gesetzesoperation durchzupeitschen. Denn für die Koalition steht zu viel auf dem Spiel. Sie konterkariert ihren eigenen mehr...

  • WAZ: Debatte über Drohnen ist nötig - Kommentar von Miguel Sanches Essen (ots) - Thomas de Maizière hat es probiert. Der Bundesverteidigungsminister hat versucht, die Beschaffung von Kampfdrohnen wie eine übliche Bestellung zu behandeln. Aber die unbemannten Flugzeuge sind keine beliebigen Waffen. Sie sind vielen Bürgern unheimlich. Vor allem sind sie dabei, den Krieg zu verändern. Aus Washington, wo der Minister zu Besuch war, kommen Nachrichten, die sich scheinbar widersprechen. Auf der einen Seite stellte er klar, dass der Kauf Zeit habe; Schritt für Schritt wolle man die rechtlichen, ethischen, mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht