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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum NSU-Prozess

Geschrieben am 15-04-2013

Bielefeld (ots) - Es geht um zwei Sprengstoffanschläge, mehrere
Banküberfälle und mindestens zehn Morde. Es geht um mehr als 13 Jahre
Pleiten, Pech und Pannen bei den Ermittlungen dieser Taten, hinter
denen vermutlich das Terrornetzwerk »Nationalsozialistischer
Untergrund« (NSU) steckt. Doch bevor sich das verhandelnde
Oberlandesgericht (OLG) München darum kümmern kann, muss es die
Vergabe der Presseplätze vernünftig regeln. Die Reihe der
Peinlichkeiten setzt sich fort - der Prozessstart muss um drei Wochen
verschoben werden. Das ist das Eingeständnis des Gerichts, dass bei
allem Bemühen, bloß keine Fehler zu machen, zu viel schief gelaufen
ist. Von Anfang an war klar, dass der Saal 101 des Oberlandesgerichts
München dem Ansturm der Öffentlichkeit - Bürger und Medien - nicht
gewachsen sein würde. Aber sowohl der Gerichtspräsident als auch
Manfred Götzl als Vorsitzender Richter haben alle Bedenken energisch
abgebügelt. Dafür muss der Vorsitzende Richter sich und seine
Entscheidungen ständig verteidigen. Erst das Bundesverfassungsgericht
rief ihn mit seiner Eilentscheidung vom Freitag zur Ordnung.
Ausländische Medien haben sehr wohl ein besonderes Interesse an
diesem Prozess. Acht der zehn Mordopfer, für die das
NSU-Terrornetzwerk verantwortlich gemacht wird, stammen aus der
Türkei. Warum tut sich das Gericht so schwer, diesen Umstand zu
würdigen? Stattdessen müssen die Münchener Richter bei einer
schnellen Umsetzung des Karlsruher Beschlusses kapitulieren. Sowohl
Journalisten als auch Juristen hatten versucht, dem Gericht Brücken
zu bauen. Keinen der Vorschläge wollte Götzl annehmen. Dabei ist auch
klar, dass ein neues Vergabeverfahren zu neuen Ungerechtigkeiten
führen kann. Fest steht auch, dass das öffentliche Interesse
nachlassen wird. Nicht an jedem Verhandlungstag werden im
Gerichtssaal alle Stühle besetzt sein. Denn eines ist schon jetzt
klar: Das Gericht kann die hohen Erwartungen nicht erfüllen. 71
Nebenkläger wollen wissen, warum ihre Angehörigen nicht mehr leben,
warum Polizei und Verfassungsschutz bei der Aufklärung versagt haben,
ob die Hauptangeklagte Beate Zschäpe ein Wort der Reue findet. Das
Oberlandesgericht kann Ermittlungspannen nicht beseitigen oder gar
Wiedergutmachung leisten. Die Richter können nicht darüber urteilen,
wer für die bisherigen Fehler verantwortlich ist oder wie sie künftig
vermieden werden können. Das OLG ist eben kein
Untersuchungsausschuss. Im Gericht geht es vornehmlich um die
Wahrheitsfindung, um eine mögliche Schuld und erst dann um eine
gerechte Strafe. Hier stehen die fünf Angeklagten und nicht die Opfer
des Neonazi-Terrors im Mittelpunkt - so sehr sich die Angehörigen
verständlicherweise etwas anderes wünschen mögen.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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