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DER STANDARD-Kommentar: "Stümperhafte Politik" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 25-03-2013

"Die Zypern-Rettung hat das Vertrauen in das Projekt Europa
massiv erschüttert"; Ausgabe vom 26.03.2013

Wien (ots) - Zypern ist gerettet, aber das Vertrauen ist dahin -
und zwar jenes der Bürger in den Euro, in die Europäische Union und
die Lösungsfähigkeit von Politikern. Das miserable Krisenmanagement
hat nachhaltigere Folgen als das monatelange Tauziehen um finanzielle
Hilfen für Griechenland. Dieser Vertrauensverlust bei der Bevölkerung
wiegt noch schwerer als Reaktionen an den Börsen, die diesmal
überraschend verhalten ausfielen. Dass sich jetzt selbst dem
europäischen Projekt positiv gestimmte Menschen fragen, was das soll
und wie es weitergehen wird, zeigt das Ausmaß der Verstörung. Für
diese Stümperhaftigkeit, mit der die Rettungsaktion abgelaufen ist,
ist zum einen die politische Führung Zyperns verantwortlich. Sie hat
in Brüssel Zusagen gemacht, die sie dann zu Hause nicht einlösen
konnte oder wollte. Damit stießen die Zyprioten gleichermaßen ihre
europäischen Partner und ihre Landsleute vor den Kopf. Zum anderen
war auch die Vorgangsweise der Finanzminister wenig durchdacht:
Selbst wenn der ursprüngliche Vorschlag, auch kleine Sparer zu
belasten, in einer kleineren Gruppe gefasst wurde: Bevor diese
Meldung an die Öffentlichkeit geht, hätten die anderen Ressortchefs -
auch die österreichische Finanzministerin Maria Fekter - aufschreien
müssen. Denn man braucht nur Hausverstand, um vorauszusehen, dass
dieser Schritt Aufregung bei allen Bürgern auslöst, die etwas auf die
hohe Kante gelegt haben. Dass damit das Vertrauen in die Zusage, dass
die Einlagensicherung bis zu 100.000 Euro gesichert ist, in ganz
Europa erschüttert wird, war absehbar. Dazu braucht man keinen
politischen Scharfblick. Ein Freibetrag für kleinere Sparbeträge
hätte viel Aufregung erspart. Denn dass russische Oligarchen oder
Anleger aus Österreich wie Peter Hochegger, die ihr Geld aus
persönlichen Gründen in Zypern angelegt haben, zur Kasse gebeten
werden, ist nachvollziehbar. Vermögende haben auch von den
vergleichsweise hohen Zinsen profitiert. Nach der in der Nacht zum
Montag erzielten Einigung ist nicht ausgeschlossen, dass es alle
Zyprioten trifft. Denn fast jeder Arbeitnehmer hat über Jahre einen
Teil seines Gehalts einer Pensionskasse anvertraut, die es in
Bankanleihen investierte, die durch die jüngsten Entwicklungen in
Mitleidenschaft gezogen werden. Aus Sicht der meisten Sparer und der
europäischen Steuerzahler ist diese Vereinbarung fairer als die
vorherige, weil die Kosten für die Sanierung der zypriotischen Banken
anders als für jene in Irland nicht der Allgemeinheit aufgebürdet
werden. Aber warum hat man mehr als eine Woche für diese Reparatur
gebraucht? Obwohl die Euro-Minister mittlerweile genügend
Krisenerfahrung gesammelt haben sollten, haben sie sehr lange
gebraucht, um zu reagieren. Es mag auch daran liegen, dass mit Jeroen
Dijsselbloem ein noch nicht sehr erfahrener Minister Chef der
Eurogruppe ist. Wieder einmal zeigt sich, dass in Europa starke
Führungskräfte fehlen. Kommissionschef José Manuel Barroso war auch
in der Krise kaum präsent. Durch die Debatte um Zypern gerät das
Bankgeheimnis in Österreich erneut unter Druck. Der Finanzplatz
Österreich wirbt, wie Luxemburg, damit bei ausländischen Anlegern.
Misstrauen ist auch hier angebracht - und die Vorgänge in Zypern sind
ein Warnsignal.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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