"DER STANDARD"-Kommentar: "Was in Österreich als normal gilt"
von Michael Völker
Geschrieben am 11-03-2013 |
Von der Unfähigkeit zum bösen Vorsatz: Wie öffentliches Geld
vernichtet wird - Ausgabe vom 12.3.2013
Wien (ots) - Norbert Darabos kann man Unfähigkeit vorwerfen, aber
nur schwerlich böse Absicht: Als Verteidigungsminister hatte er den
von der schwarz-blauen Regierung abgeschlossenen Ankauf der
Eurofighter abzuwickeln - und abzumildern, wo es nur ging. Das hat er
offenbar so ungeschickt angestellt, dass die von ihm genannte Summe
an Einsparungen massiv infrage zu stellen ist: Laut Rechnungshof hat
sich Darabos bei seinem Eigenlob mutwillig um eine Milliarde
"verrechnet". Und mit der Vertragsänderung auch jede Menge Schaden
angerichtet. Die Eurofighter sind, ganz grob gesagt, praktisch nicht
einsatzfähig. Nachtflüge gehen gar nicht, ein Drittel der Maschinen
ist fluguntauglich, die Piloten kommen nicht auf ihre notwendigen
Flugstunden. Ein Riesenpfusch also. Auch wenn viele der Ansicht sind,
dass Darabos' Rückzug aus dem Verteidigungsministerium längst
überfällig war, könnte man auch sagen: Hier stiehlt sich ein
Politiker aus seiner Verantwortung. Was Darabos angerichtet hat, wird
der neue Verteidigungsminister Gerald Klug nie und nimmer reparieren
können. Aber wie gesagt: Böse Absicht kann nicht nachgewiesen werden.
Ganz anders die Situation im Innenministerium. Dessen Vergabepraxis
wird ebenfalls vom Rechnungshofbericht zerpflückt - und wurde davor
schon mehrfach im Standard thematisiert. Die Praxis im Ministerium
war nahezu bösartig: hart an der Illegalität vorbei, von
Vetternwirtschaft getrieben. Da wurden (schwarze) Parteifreunde
bedient, Ausschreibungsrichtlinien vorsätzlich umgangen. Als Beispiel
nur: Freihändig - also ohne Ausschreibung - darf der Bund in der
Regel nur Aufträge bis 100.000 Euro vergeben. Der offizielle
Auftragswert im Fall der Einführung einer elektronischen Amtssignatur
lag dann bei 99.999,99 Euro. Eine glatte Verhöhnung. Gezahlt wurden
schließlich fast 430.000 Euro - ohne Ausschreibung. Eine
entscheidende Rolle spielten der ehemalige Innenminister Ernst
Strasser und sein damaliger Kabinettschef Christoph Ulmer: Der von
den beiden betreute Aufbau des "Blaulichtfunks", das digitale
Funknetz für Polizei, Rettung und Feuerwehr, wird voraussichtlich
Mehrkosten von 340 Millionen Euro verursachen. Das Vergabeverfahren
war von Korruptionsvorwürfen begleitet, der Rechnungshof kritisiert
eine ganze Reihe von Unregelmäßigkeiten, führt immer wieder Ulmers
Tätigkeit ins Treffen. 2011 sollte dessen Werbeagentur einen
Riesenauftrag zugeschanzt bekommen: Das Innenministerium wollte die
"Kommunikationsdienstleistungen" extern vergeben. Ein Bericht des
Standard stoppte die Vergabe - auch wenn Innenministerin Johanna
Mikl-Leitner behauptete, die Ausschreibung sei das "Normalste vom
Normalen". Im Ministerium setzte jedenfalls mit großem Aufwand die
Suche nach dem Leck ein. Die große, institutionelle Sauerei: Im
Innenministerium liegen Auftragsvergabe und interne Revision in einer
Hand. Zuständig dafür ist die Sektion IV, deren Chef Hermann Feiner
ist. Ihm untersteht auch das Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung, was
praktisch ist, sollte gegen eigene Leute ermittelt werden - was immer
wieder vorkommt. Das "Normalste vom Normalen"? In Wirklichkeit ein
unhaltbarer Zustand. Am Montag reagierte die Ressortchefin
schließlich, Mikl-Leitner wird die Aufsicht über die interne Revision
selbst übernehmen. Höchste Zeit. Nein: viel zu spät.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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