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BERLINER MORGENPOST: Frühe Einschulung in der Kritik Leitartikel von Regina Köhler über die Rolle rückwärts bei den Schulreformen

Geschrieben am 28-02-2013

Berlin (ots) - Es ist besser, Reformen zu korrigieren, anstatt sie
umzusetzen, obwohl sie sich in der Praxis bereits als falsch erwiesen
haben. So wurde im vergangenen Jahr die verpflichtende Einführung des
jahrgangsübergreifenden Lernens an den Grundschulen wieder
abgeschafft. Die Schulen können nun selbst entscheiden, ob sie ihre
Klassen altersmäßig mischen oder nicht. Das Kernstück der 2004
eingeleiteten Grundschulreform ist damit vom Tisch. Und jetzt wird
offenbar ein weiterer Teil dieser Reform gekippt: die Einschulung mit
fünfeinhalb Jahren. Vieles deutet darauf hin. Doch das wäre kein
Fehler, sondern eine vernünftige Entscheidung. Schließlich sollen
Reformen den Betroffenen nutzen. Bewirken sie stattdessen das
Gegenteil, müssen sie hinterfragt und verändert werden.

Nach der Jahrgangsmischung will die CDU jetzt auch die
Früheinschulung wieder flexibler gestalten und eine Gesetzesänderung
veranlassen. Als Erste haben die Grünen dafür plädiert, das
Einschulungsalter anzuheben. In der SPD gibt es dazu hingegen kein
offizielles Statement. Dabei hat Bildungssenatorin Sandra Scheeres
bereits vor einem Jahr dafür gesorgt, dass Rückstellungen, die
zunächst nur in Ausnahmefällen vorgesehen waren, wieder leichter
möglich sind - für die Eltern ist das allerdings ein sehr aufwendiges
Prozedere.

Zudem lässt die Bildungsverwaltung nun ermitteln, ob es vor allem
die früh eingeschulten Kinder sind, die länger in der
Schulanfangsphase bleiben. Auch die Ergebnisse der in der dritten
Klasse geschriebenen Vergleichsarbeiten sollen dazu überprüft werden.

Das ist höchste Zeit. Schulpraktiker berichten seit Langem von
großen Problemen mit vielen der früh eingeschulten Kinder. Die
Schulen seien weder personell noch räumlich dafür ausgestattet, diese
sehr kleinen Kinder angemessen zu fördern, mahnen sie.
Besorgniserregend ist auch die Tatsache, dass im vergangenen Jahr
rund 15 Prozent der Berliner Schüler die zweite Klasse wiederholen
mussten.

Die Vorsitzende des Grundschulverbandes, Inge Hirschmann,
kritisiert zudem, dass es keine Alternativen für die Kinder gibt, die
mit der frühen Einschulung überfordert sind. Schon nach acht bis zehn
Wochen zeige sich, welche Kinder noch nicht bereit seien. Diese
hätten dann aber keine Chance, wieder auszusteigen. Es gebe weder
temporäre Kleingruppen für sie an der Schule noch ein Zurück in die
Kita. Die Kleinen müssten mitgezogen werden, koste es, was es wolle.

Das aber darf nicht sein. Schließlich geht es hier um die
Schullaufbahn der Kinder. Und die wird nur schlecht geraten, wenn es
ihnen schon zu Beginn derart schwer gemacht wird. Die Korrektur von
Reformen ist deshalb ein Muss. Wobei gleichzeitig die Frage erlaubt
sein sollte, ob diese Reformen handwerklich gut gemacht worden sind.
Was die frühe Einschulung betrifft, wäre ein wissenschaftlich
begleiteter Modellversuch auf jeden Fall sinnvoller gewesen, als nun
im Nachhinein Überprüfungen anzuordnen. Für viele Schulanfänger ist
es bereits ziemlich schiefgelaufen.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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