(Registrieren)

DER STANDARD - Kommentar "Das Spiel mit der Angst" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 22-02-2013

Boulevardmedien und Parteien bilden in Österreich eine
Koalition von Populisten

Wien (ots) - Boulevardmedien und Parteien bilden in Österreich
eine Koalition von Populisten Seinerzeit galt in Rom: Brot und
Spiele. Heutzutage gilt in Wien: Wasser und Spiele. Der römische
Dichter Juvenal kritisiert in seiner Satire, dass das Volk in der
Zeit der funktionierenden Republik die Macht an Feldherren vergeben
hat und nur noch unterhalten werden wollte. In Wien hat das Volk die
Macht mittels Wahl an die rot-grüne Regierung übertragen und soll nun
unterhalten werden: mit einer Volksbefragung, die sich Fragen widmet,
die sich gar nicht stellen. Zum Beispiel jener, ob Wasser oder
Gemeindebauten privatisiert werden sollen. Die SPÖ hat die Stadt mit
roten Plakaten überzogen, die in dicken weißen Buchstaben verkünden:
Die SPÖ schützt. Etwas kleiner gedruckt steht dann dabei: Wiener
Wasser bzw. Gemeindebauten vor Privatisierung. Nur - wer will denn
privatisieren? Die Antwort liefern die Boulevardmedien. "Die EU
schielt nach unserem Wasser", erklärt die Kronen Zeitung. Seit Tagen
wird getrommelt: "Hände weg von unserem Wasser!" Diese Medien und
Wiener SPÖ-Politiker muss EU-Kommissar Michel Barnier im
Standard-Interview gemeint haben, als er sagte: Es gebe "Leute, die
Interesse daran haben, falsche Informationen zu verbreiten". Dass die
SPÖ nun einräumt, für das Wiener Wasser habe genauso wenig wie für
Gemeindebauten und den öffentlichen Verkehr Gefahr bestanden,
zwangsverscherbelt zu werden, zeugt von gewisser Einsicht. Diese geht
aber doch nicht so weit, die Plakate abzunehmen. Nun richtet sich das
Schutzangebot nicht mehr gegen die EU, sondern die
Oppositionsparteien, weil diese laut SPÖ ständig ankündige,
Gemeindeeigentum verkaufen zu wollen. Das ist wie ein schlechter
Witz, dessen Pointe man sich nicht kaputtmachen lassen will. Dass die
Wiener SPÖ die EU-Richtlinie nicht lesen konnte oder wollte, wie in
sozialen Medien behauptet wird, stimmt natürlich genauso wenig wie
die Behauptung, es fehle an zündenden Themen für diese
Volksbefragung. Die Frage, ob sich Wien um die Austragung der
Olympischen Sommerspiele 2028 bemühen soll, drängt sich schlicht auf.
Eine Gemeinde, die es seit Jahren nicht schafft, ihr Stadthallenbad
zu sanieren, braucht hochgesteckte und zeitlich gestreckte Ziele, um
selbiges zu erreichen. Bei so viel Linkspopulismus dürfen in
Österreich rechtspopulistische Töne nicht fehlen. Jenseits der
Grenzen des roten Wien findet im schwarzen Niederösterreich ein
Landtagswahlkampf statt, den die aus diesem Bundesland stammende
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner befeuern will. Nicht anders sind
ihre Law-and-Order-Vorstöße der vergangenen Wochen zu erklären: Von
Haartests bei Drogenverdacht bis zu Forderungen nach
Strafverschärfungen bei Einbrüchen und einer Quasipflicht zur Annahme
von Saisonjobs für Asylwerber. Mit dem Schüren von Ressentiments
gegen Ausländer und Kriminelle geht auch die FPÖ auf Stimmenfang.
"Offene Grenzen - drei Viertel der Wiener in Angst", titelte
Österreich nach der Erweiterung des Schengenraums 2007. In Artikeln
wurde insinuiert, die Kriminalität werde ansteigen. Das ist nicht
geschehen. Auch Parteien versuchen, Gefahren heraufzubeschwören und
für ihre Zwecke zu nutzen. Das ist für Österreich typisch: eine
informelle Koalition von politischen und medialen Populisten, die
sich wechselseitig aufeinander beziehen und die der
Politikwissenschafter Fritz Plasser "Boulevarddemokratie" nennt.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

448588

weitere Artikel:
  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Gauck-Rede Halle (ots) - Das offene Wort hat etwas befreiendes. Bundespräsident Joachim Gauck hat sich in seiner Grundsatzrede zu Europa getraut, auch Defizite beim Aufbau der Europäischen Gemeinschaft anzusprechen. Nicht schonungslos, aber ohne Umschweife. Die schnelle Osterweiterung der EU nach dem Zerfall des kommunistischen Lagers hält Gauck nachträglich für verfrüht, weil das nötige Fundament für eine so große Gemeinschaft damals gefehlt habe. Bei der Einführung des Euros vermisst er die durchgreifende finanzpolitische Steuerung. mehr...

  • Trierischer Volksfreund: Gaucks Europarede - Leitartikel, Trierischer Volksfreund, 23.02.2013 Trier (ots) - Europa hat keinen gemeinsamen Gründungsmythos wie die Vereinigten Staaten von Amerika als das Land der Freien. Und auch der Bundespräsident hat gestern nicht die neue Erzählung Europas, die so viele in der aktuellen Stimmungskrise vermissen, liefern können. Die gibt es nämlich nicht. Joachim Gauck wollte allerdings wohl, dass diese erste bedeutende Rede seiner Präsidentschaft als große Rede wahrgenommen wird. Dafür freilich war sie nicht mutig genug. Dann hätte er nämlich Klartext reden müssen gegen die, die in der Politik mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Staatsüberschuss Bielefeld (ots) - Mit einem Überschuss von 0,2 Prozent könnte kein Unternehmen lange überleben. Beim Staat sieht das anders aus. Er könnte zwar pleite gehen, ausbaden müssten das aber die Bürger, die für die Schulden aufkommen. Den Steuerzahlern, den Unternehmen und den Taraifpartnern, die die Sozialkassen speisen, ist es zu verdanken, dass die deutsche Staatskasse das Jahr 2012 mit einem leichten Plus abschließt. Wenn die Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherung erhöht werden und gleichzeitig die Leistungen begrenzt werden, mehr...

  • Rheinische Post: Ungerecht für Jüngere = Von Birgit Marschall Düsseldorf (ots) - Bund und Länder lassen die Finger von Veränderungen bei den Lebensversicherungen: Es wird kein Gesetz geben, das den Versicherern vorschreibt, aus ihren Bewertungsreserven weniger Geld an Kunden auszuschütten, deren Verträge bald auslaufen. Gegen das von der Branche geforderte Gesetz, das Union und FDP vorgelegt haben, formierte sich unüberwindlicher Widerstand der Verbraucherschützer - und auch der SPD-geführten Länder. Doch der vor allem von den Grünen durchgesetzte Sieg der Verbraucherschützer wird sich bald mehr...

  • Rheinische Post: Risiko Rüstungsexport = Von Helmut Michelis Düsseldorf (ots) - Deutschland hat seine Rüstungsverkäufe an die Golfstaaten verdoppelt - welch ein Anlass für Grüne und Linkspolitiker, erneut die Bundesregierung anzuprangern, liefert sie doch angeblich immer bedenkenloser Waffen in Krisenregionen. Doch die Empörung läuft diesmal ins Leere: Fast die Gesamtsumme jener heftig kritisierten Lieferungen entfällt auf eine gigantische Grenzsicherungsanlage für Saudi-Arabien. Und damit können nun weder Demonstranten noch fremde Länder attackiert werden. Es mag nicht behagen, dass ausgerechnet mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht