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Westdeutsche Zeitung: Die Sexismus-Debatte erreicht unglaubliche Dimensionen - Wo bitte bleibt die Sachlichkeit? Ein Kommentar von Martin Vogler

Geschrieben am 01-02-2013

Düsseldorf (ots) - Dass Sex das Thema Nummer eins in unserer
Gesellschaft ist, haben wir ja schon irgendwie geahnt. Doch die
spezielle Facette, Sexismus-Debatte genannt, die derzeit durchs Land
wabert, stellt in ihrer Intensität alles in den Schatten.
Öffentlich-rechtliche und private Fernsehsender scheinen sich darauf
geeinigt zu haben, sämtliche Talkshows und andere Formate einer
einheitlichen Themenwoche Sexismus unterzuordnen, in denen auch
zweifelhafte Expertinnen und Experten zu Wort kommen und über
"Dirndl-Gate" fabulieren. Etliche gedruckte Medien mischen ebenfalls
sehr emotional mit, und die Schnelligkeit von Internet-Netzwerken
befeuert die Diskussion ganz besonders. Eine neue Dimension der
Diskussionskultur zeichnet sich ab.

Dabei ist der Anlass, gemessen an dem, was sich derzeit abspielt,
banal. Rainer Brüderle hat sich abends an der Bar gegenüber einer
Journalistin verbal daneben benommen. Was nicht korrekt ist und auch
nicht mit Brüderles pfälzisch-fröhlichem Wesen zu entschuldigen ist.
Doch es handelt sich dabei um kein schweres Sexualdelikt. Rainer
Brüderles Geschmacklosigkeit passierte auch nicht bei einem
offiziellen Anlass, sondern in dem eher persönlich-vertraulichen
Rahmen, in dem sich Journalisten und Politiker öfter gemeinsam
bewegen, als das der Öffentlichkeit bewusst ist. In exakt diesem
Rahmen hätte der Vorfall auch aufgearbeitet werden können.

Dass es anders kam, und das Geschehen erst ein Jahr später
veröffentlicht wurde, legt zwei Fragen nahe: Versucht nur ein Magazin
relativ verantwortungslos Auflage zu machen? Und handelt es sich um
eine politische Kampagne gegen einen soeben gekürten
Spitzenkandidaten einer Partei?

Was an der Sexismus-Debatte so befremdet, ist ihre Intensität und
Emotionalität. Auch früher ereiferten sich die Menschen über
Vorfälle, doch das ebbte wieder ab und wurde versachlicht. Schon bei
den Affären um das Ehepaar Wulff bekamen wir einen Vorgeschmack, wie
sich in unserer Gesellschaft die Diskussionsspirale entwickeln kann.
Ein gefährlicher Trend. Denn solch sensible Themen wie sexuelle
Belästigungen sind viel zu wichtig, um sie brüllend und mit Gags
gespickt in Shows zu debattieren. Zurück zur Sachlichkeit - bitte.



Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de
www.wz-newsline.de


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