(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Sexismus

Geschrieben am 25-01-2013

Bielefeld (ots) - Es ist schäbig, wenn ein Politiker eine
Journalistin mit sexistisch-chauvinistischen Sprüchen belästigt.
Daran darf kein Zweifel bestehen. Das gilt nicht nur für den
designierten FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle. Diese Grundregel
sollte im Umgang von Männern und Frauen selbstverständlich sein. Es
geht auch nicht darum, Politikern das Flirten zu verbieten. Wenn eine
Reporterin jedoch sagt, dass die professionelle Berufsebene
eingehalten werden soll, muss das reichen. Natürlich ist es ein
taktischer Zug des »Stern«, diese ein Jahr alte Geschichte
ausgerechnet zu veröffentlichen, wenn die FDP Brüderle als das neue
Gesicht der Partei verkauft. Besser wäre es gewesen, den Artikel
sofort zu bringen. Damals war das Verhalten ebenso falsch wie heute.
Es wird nach dem Motto verfahren: Je wichtiger das Amt eines
Politikers, desto höhere Maßstäbe. Das erinnert an Peer Steinbrücks
Honorare. Die waren vor seiner SPD-Kanzlerkandidatur ebenfalls lange
bekannt. Eine verspätete Publikation ist Kalkül. Es ist befremdlich,
dass die FDP Brüderle mit der Strategie verteidigt, auf dem
Veröffentlichungszeitpunkt herumzureiten. Niemand traut sich, ihn in
der Sache zu verteidigen. Zu Recht, denn sein Benehmen ist nicht zu
rechtfertigen. Das sollte die Partei klar sagen. Auf dem »Stern«
herumzuhacken ist zu kurz gegriffen; auf dem FDP-Kandidaten jedoch
auch. Das Problem Sexismus ist tiefgründiger als die teils
oberflächliche Debatte. Brüderle hin, Brüderle her: Der Vorfall hat
ein trauriges Phänomen in der Gesellschaft entlarvt. Alleine das ist
ein Erfolg. Sexismus ist in der Gesellschaft verbreitet und in weiten
Teilen akzeptiert. Wie häufig müssen sich Frauen
doppeldeutig-anzügliche Sprüche anhören? Und es geht nicht um ein
Augenzwinkern. Die Rede ist von peinlich-sexistischem Aufplustern.
Davon wissen Redakteurinnen ebenso ein Lied zu singen wie die meisten
anderen Frauen. Doch sie können auch etwas tun: mit deutlichen Worten
intervenieren. Häufig ertragen Frauen die Kommentare lächelnd statt
den Mund aufzumachen. Dazu braucht es Mut. Zu groß ist die Sorge, in
der Gruppe gleich als überempfindliche Zicke abgestempelt zu werden.
So machen es manche Frauen dem Gegenüber leicht, mit markigen
Sprüchen im Zentrum zu stehen. Der größte Fehler wäre jedoch zu
verallgemeinern. Mann ist ebenso nicht gleich Mann wie Politiker
nicht gleich Politiker ist. Klingt nach einer Binsenweisheit, ist
aber zentral, da viele Beiträge genau in diese Richtung driften. Fakt
ist: Situationen wie die jetzt debattierte kommen zu oft vor. Es geht
nicht zuletzt um das Weltbild einiger Männer, die in einer Generation
aufgewachsen sind, in der Frauen im Beruf keine wesentliche Rolle
spielten. Das prägt Verhalten. Wenn diese Herren auf dem Stand von
gestern verweilen und das zusätzlich von Selbstüberschätzung
begleitet wird, entsteht eine unangenehme Mischung, die nur ein Gutes
hat: Deutschland spricht über Sexismus. Das wurde höchste Zeit.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

443346

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Richtig sparen tut weh = Von Birgit Marschall Düsseldorf (ots) - Die enorme Reserve von fast 30 Milliarden Euro in der Rentenkasse weckt bereits Begehrlichkeiten: Die Koalition könnte den 81-Milliarden-Euro-Zuschuss des Bundes für die Rentenversicherung um ein, zwei oder drei Milliarden kappen, um so ihr ambitioniertes Ziel zu erfüllen, einen Bundesetat 2014 vorzulegen, in dem bei der Neuverschuldung eine "strukturelle Null" steht. Doch in Wahrheit wäre das kein Konsolidierungserfolg für Schwarz-Gelb. Denn die Koalition würde einen merklichen Teil des Sechs-Milliarden-Euro-Lochs mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zur Vergabe der Fußball-EM Halle (ots) - Mit einer EM-Endrunde in 13 Ländern entfacht Platini die Euphorie für die Sportart über den gesamten Kontinent. Kein Land muss künftig mehr Milliarden von Euro in die Hand nehmen, um neue Stadien aus dem Boden zu stampfen, von denen nach dem Turnier viele nicht mehr ausgelastet sein werden. Und Platini schiebt auch der Manipulation einen Riegel vor. Denn die berühmten Einladungen und Geschenke, mit denen Mitglieder der Exekutive kurz vor der Vergabe eines Turniers geschmiert wurden, gehören der Vergangenheit an. mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zu NSU-Ausschuss Halle (ots) - Der Ausschuss hat bei der Aufklärung der Fahndungspannen nicht alle Unklarheiten aufhellen können. Er hat aber bewiesen, dass es richtig war, ihn einzurichten - vieler Unkenrufe zum Trotz. Die Art und Weise, wie er mit dem Thema umgeht, ist ein Beispiel guter politischer Kultur. Dabei fällt auf, dass sich auch Bundespräsident Joachim Gauck des Themas mehr und mehr annimmt. Am Dienstag empfängt er die Ausschuss-Mitglieder im Schloss Bellevue. Im Februar folgen die Angehörigen der Opfer. Gauck wandelt dabei in den Spuren mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zur Grippewelle Halle (ots) - Es ist beeindruckend und irgendwie beruhigend, mit welcher Präzision das Influenzageschehen mittlerweile in Deutschland untersucht, dokumentiert und kommentiert wird. In der Regel unaufgeregt, wenn nicht gerade ein neues Schweinegrippenvirus durchs globale Dorf gejagt wird. Im Internet kann jeder jederzeit erfahren, welche Viren kursieren und welche Ratschläge es gibt. Auch da hat sich nichts geändert: Man sollte sich impfen lassen, öfter die Hände waschen, Kollegen nicht anniesen und auch sonst auf ein gutes Klima mehr...

  • WAZ: Der automatische Krieg - Kommentar von Christopher Onkelbach Essen (ots) - Die Bundeswehr muss Milliarden Euro sparen. Zugleich wachsen die Anforderungen an die Truppe. Auslandseinsätze an zahlreichen Krisenherden der Welt bringen sie schon jetzt an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Vor diesem Hintergrund erscheinen Kauf und Einsatz von Kampfdrohnen vernünftig. Die unbemannten Flugzeuge benötigen keine Besatzung, sie sind preisgünstiger als herkömmliche Kampfflugzeuge und lassen sich aus der Ferne steuern. So werden Verluste von Mensch und Material minimiert. Durch Angriffe aus der Luft mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht