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Rheinische Post: Kommentar: Die FDP - zu viel Ich, zu wenig Wir

Geschrieben am 20-01-2013

Düsseldorf (ots) - Was ist die FDP eigentlich für eine Partei? Sie
erreicht in Niedersachsen ihr Rekordergebnis bei dortigen
Landtagswahlen und diskutiert in der nächsten Minute wieder über das
Schicksal ihres Bundesvorsitzenden Philipp Rösler. Klammheimliche
Enttäuschung mischt sich in die Gratulationen der innerparteilichen
Rösler-Gegner. Der Vorsitzende selbst traut seinem Glück offenbar
auch nicht. Intern hat er bereits signalisiert, dass er die
"Spitzenkandidatur" der FDP bei der Bundestagswahl am 22. September
abzugeben bereit ist - an Bundestagsfraktionschef Rainer Brüderle.
Parteichef aber will Rösler bleiben. Wahrscheinlich wird er auf dem
Parteitag, der eigentlich seinen Sturz herbeiführen wollte, erneut in
dieses Amt gewählt. Die Bilder, wie er dann lächelnd neben Brüderle
und seinem neuen Vize-Widersacher Christian Lindner in die Kameras
winkt, sieht man schon heute vor sich. Dennoch ist Rösler nach der
Wahl stabilisiert. Denn er kann seine politische Zukunft jetzt
immerhin mitgestalten, sie wird ihm nicht von Parteifeinden
gestaltet. Am Wahlabend wurde von den geschockten Demoskopen der
öffentlich-rechtlichen Fernsehsender viel über die "kompetenzfreie"
FDP gesprochen. Es wurde die Tatsache hervorgehoben, dass die Partei
kein einziges Thema hat, das sich überzeugend mit ihren Fähigkeiten
verbindet. Gern wurde auch auf "Leihstimmen" verwiesen, als sei die
taktische Entscheidung aufgeklärter bürgerlicher Wähler für die
erfolgreiche niedersächsische Landesregierung und vielleicht auch die
anerkannte Merkel-Bundesregierung eine Art Stimme zweiter Klasse. Das
zeigt zweierlei: Zum einen müssen die Demoskopen ihre
Ahnungslosigkeit vor der Wahl, als sie die Liberalen allerhöchstens
mit fünf Prozent im Parlament sahen, im Nachhinein erklären. Zum
anderen verdeutlicht es das Problem der FDP: Die Partei lenkt mit
ihren Ränkespielen derart von ihrem Markenkern ab, etwa dem Eintreten
für eine ordnungspolitisch saubere soziale Marktwirtschaft, dass sie
konturenlos wirkt, ohne es tatsächlich zu sein. Zu ihrer Tragik
gehört, dass sie sich häufig als Partei des Ich, selten jedoch als
Partei des Wir präsentiert. In unserer konsensorientierten
Gesellschaft ist das auf Dauer fatal. Denn die Niedersachsenwahl war
auch ein Stimmungstest für den Bund. War der Niedersachse Rösler für
seine Landes-FDP am Ende sogar ein Motor, so war SPD-Kanzlerkandidat
Peer Steinbrück ein Bremsklotz. Wie Rösler hat Steinbrück aber nach
dem Wahlkrimi von Hannover sein Schicksal in der eigenen Hand. Findet
er zu einem pannenfreien Wahlkampf, hat Rot-Grün keine große, aber
immerhin eine Chance auf die Macht im Bund.



Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2621


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