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"DER STANDARD"-Kommentar: "Salzburg ermittelt" von Andreas Schnauder

Geschrieben am 16-01-2013

Der Finanzbericht passt bestens zur bisherigen dilettantischen
Aufklärungsarbeit - Ausgabe vom 17.1.2013

Wien (ots) - Nun liegen sie auf dem Tisch, die lange erwarteten
Zahlen zu den Salzburger Finanzen. Auch wenn die vorgelegten Berichte
noch einer genaueren Analyse bedürfen und viele Fragen offengeblieben
sind, lässt sich vorweg schon eines sagen: Sicher sind nur die
zusätzlichen Schulden, die bisher im Verborgenen schlummerten,
während die Habenseite auf wackeligen Beinen steht.
Externe Prüfer und Beamte taxieren den Wert der Derivate auf rund 450
Millionen Euro. Doch die Bundesfinanzierungsagentur ist der Ansicht,
dass dieser Status um 178 Millionen geschönt ist. Teilt man diese
Auffassung, rutscht der positive Saldo aus Schulden und
Finanzvermögen von 74 Millionen deutlich ins Minus. Doch damit
beginnen die offenen Fragen erst. Selbst in der strengeren Berechnung
fehlt die Aufarbeitung der Vergangenheit. Sind bisher angelaufene
Verluste in früheren Budgets versteckt worden? Darauf weist
jedenfalls der Umstand hin, dass die zusätzliche Verschuldung
deutlich über dem "geheimen" Wertpapierdepot liegt.
Nicht minder interessant ist die Frage, warum der fantastische
Spielgewinn aus den Derivaten nicht einfach realisiert wird. Der
Finanzexperte Wilhelm Hemetsberger räumt ein, dass ein sofortiger
Ausstieg "sehr teuer" kommen könnte. Damit ist der positive Wert der
Spekulationsgeschäfte schon wieder Makulatur. Es handelt sich nämlich
um eine rein akademische, auf komplexen Annahmen beruhende
Berechnung, bei der allein schon die geringste Veränderung des
fiktiven Zinssatzes gewaltige Verschiebungen auslöst. Und was noch
viel schwerer wiegt: Wert sind die toxischen Produkte letztlich so
viel, wie der Käufer dafür hergibt. Hier zeigen die Erfahrungen, dass
theoretische Annahmen mit der Realität nicht allzu viel gemein haben
müssen.
Antworten auf diese Fragen wird erst - hoffentlich - der Rechnungshof
geben, der auch die zurückliegende Gebarung analysiert. Die am
Mittwoch vorgelegten Ergebnisse sind jedenfalls keinen Deut besser
als die ursprünglichen Befürchtungen - tickt in Salzburg doch eine
auf Pump aufgenommene Zeitbombe. Die Äußerung des selbsternannten
Chefaufdeckers David Brenner, es sei kein Schaden entstanden, klingt
angesichts des massiven Schieflage wie blanker Hohn. Und zeigt, wie
wenig aus der Affäre gelernt wurde. Gegenseitige Schuldzuweisungen
haben ebenso Hochkonjunktur wie das Lizitieren des eigenen
Kenntnisstandes über die Vorkommnisse nach unten.
An schonungsloser Aufklärung hat insbesondere die SPÖ in Salzburg
kein Interesse: Das bewies Brenner schon mit der Auswahl im
Alleingang von Ex-Bank-Austrianer Hemetsberger (die Bank trieb es in
seiner Amtszeit mit dem Land besonders wild). Die schiefe Optik wurde
durch die Widersprüchlichkeit des Prüfberichts bestätigt. Das in
zahlreichen Protokollen des Finanzbeirats dokumentierte
Spekulationsfieber im offiziellen Part der Veranlagungen unter
Brenners Regentschaft kann ohnehin nicht weggewischt werden. In Summe
wirkt die Aufklärungsarbeit wie ein Drehbuch für eine Krimiserie, für
die der Titel "Salzburg ermittelt" passend wäre.
Doch ebenso wie die SPÖ sei auch der Koalitionspartner ÖVP gewarnt,
denn abgerechnet wird am Schluss. Erst Rechnungshof, Justiz und
möglicherweise Untersuchungsausschuss werden die Verantwortung
klären. Und den Schaden, der aus Sicht der Steuerzahler im Zentrum
steht.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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