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Mittelbayerische Zeitung: Den Kurs korrigieren Nord und Süd driften immer weiter auseinander. Die EU muss endlich gegensteuern.Von Hanna Vauchelle

Geschrieben am 08-01-2013

Regensburg (ots) - Geahnt hat man es schon lange, nun liegt der
Beweis schwarz auf weiß in Form des EU-Sozialberichts vor: Die Krise
zerreißt Europa in zwei Teile. Während der Süden immer näher an den
Abgrund rutscht, geht es dem Norden so gut wie lange nicht mehr.
Damit nicht genug. Ausgerechnet in der Eurozone ist die Kluft
zwischen Arm und Reich so groß wie noch nie. Damit zeigt sich einmal
mehr: Die Mängel der Währungsunion tragen zu dieser
besorgniserregenden Entwicklung bei. Es ist höchste Zeit, den von der
Bundeskanzlerin propagierten Sparkurs zu überdenken. Es sind die
berühmten zwei Seiten der Medaille. Im vergangenen Jahr hat die EU in
Sachen Krisenbekämpfung viel erreicht. So kann man 2012 wohl als das
Jahr bezeichnen, in welchem Europa die Eurokrise endlich
weitestgehend in den Griff bekommen hat. Der dauerhafte
Rettungsschirm ESM trat in Kraft, selbst der Europäische Gerichtshof
gab grünes Licht. Gleichzeitig weitete die Europäische Zentralbank
ihre Anleiheeinkäufe maroder Euro-Staaten aus und verhinderte so die
Implosion der Währungszone. Auch die Einigung zur Vervollständigung
der Bankenunion beim letzten Dezembergipfel war ein eindeutiger
Erfolg für die Stabilität der Eurozone. Allein bei den europäischen
Bürgern sind diese Entwicklungen noch längst nicht angekommen. Sie
leiden nach wie vor unter den Folgen einer Krise, die es so
sicherlich nicht gäbe, wenn der Währungsunion ein anderer Bauplan
zugrunde liegen würde. Der Reformeifer der Eurostaaten steht auf dem
Prüfstand. Jetzt rächt es sich, dass beim letzten EU-Gipfel im
Dezember wirklich wegweisende Vorschläge auf die lange Bank geschoben
worden sind. Einen Eurozonen-Haushalt, der einen automatischen
Finanzausgleich in Krisenfällen ermöglicht, wird es erst einmal nicht
geben. Dabei könnte ein solches Instrument ein Auseinanderdriften von
Nord und Süd, wie es derzeit zu beobachten ist, in Zukunft
verhindern. Umso bedauerlicher ist es, dass über den langfristigen
Umbau der Währungsunion Unklarheit herrscht. Dabei müsste der gestern
präsentierte Sozialbericht die Politik eigentlich aufrütteln.
Sicherlich, eine bloße Reform der Eurozone kann den Menschen in
Griechenland oder Spanien nicht aus der aktuellen Misere helfen.
Europa muss vielmehr bei seiner Krisenbewältigung umdenken. Dafür
braucht es nichts weniger als einen Politikwechsel: Die verheerenden
Zahlen aus dem Brüsseler Bericht zeigen, dass der vor allem von der
Bundesregierung vorangetriebene Austeritätskurs an seine Grenzen
geraten ist. Selbst der Internationale Währungsfonds (IWF) vertritt
mittlerweile die Ansicht, dass die überharten Sparprogramme, die den
Krisenländern von Deutschland und Co. diktiert werden, die
staatlichen Schuldenstände eher erhöhen als reduzieren. Schließlich
kommt eine schlechtere Wirtschaftsentwicklung den Staat teuer zu
stehen. So sinken die Steuereinnahmen, während die Kosten für
Arbeitslosenunterstützung und Fürsorge steigen. Neuesten Studien
zufolge senkt jeder Euro, den der Staat einspart, das
Bruttoinlandsprodukt um zwei Euro. Steuert Europa hier nicht endlich
gegen, wird sich die Kluft zwischen Nord und Süd weiter verbreitern.
Mit einer schnellen Korrektur des Kurses braucht man allerdings nicht
zu rechnen. Denn Kanzlerin Angela Merkel kommen solche Forderungen
äußerst ungelegen. Sie will sich mit Hinblick auf die Bundestagswahl
weiterhin als strenge Spar- und Krisenmeisterin inszenieren. Zudem
müssten Wachstumsmaßnahmen in Europa auch mit deutschen Steuergeldern
finanziert werden. Dem Süden Europas droht ein weiteres miserables
Jahr.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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