(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zur Niedersachsen-Wahl: "Es gibt ein Leben ohne FDP"

Geschrieben am 03-01-2013

Regensburg (ots) - steht vor einem Superwahljahr, das die
politische Landschaft kräftig durcheinanderwirbeln könnte - so sehr,
dass kein Stein mehr auf dem anderen steht. Den Auftakt erleben wir
in 16 Tagen in Niedersachsen, wo man mit Fug und Recht von einer
Richtungswahl sprechen kann. Denn am 20. Januar steht mehr auf dem
Spiel als die Zukunft der schwarz-gelben Landesregierung von
CDU-Ministerpräsident David McAllister. Es geht zunächst um die
Frage, ob sich die FDP überhaupt noch einmal vom Sterbebett erheben
kann. Und daran entscheidet sich - im Augenblick zumindest - das Wohl
und Wehe der CDU. Denn falls die Liberalen sich nicht wieder
berappeln, braucht die Union schleunigst einen Ersatzpartner für
künftige Regierungsbildungen. Wenn am Abend des 20. Januar die ersten
Hochrechnungen aus Niedersachsen über die Bildschirme flimmern, wird
es so oder so eine politische Zäsur geben. Nennen wir zuerst die
unwahrscheinliche Variante, die alle aktuellen Wahlprognosen auf den
Kopf stellen würde: Ministerpräsident McAllister erreicht tatsächlich
ein Ergebnis, mit dem er Rot-Grün verhindern könnte - ob mit oder
ohne die Liberalen. Dann würde er als großer Sieger dastehen, der den
Abwärtstrend der Union stoppen konnte. Und er würde automatisch in
die ausgedünnte Kronprinzenriege von Königin Angela Merkel aufrücken
- mit großen Zukunftsperspektiven in der Bundespolitik. Nach allen
jetzigen Umfragen käme ein Sieg McAllisters allerdings einem Wunder
gleich. Die wahrscheinliche Variante lautet: Die CDU wird zwar mit
Abstand stärkste Partei, für eine Regierungsbildung reicht es aber
nicht, weil die FDP die fünf Prozent nicht schafft. Für McAllister
wäre das zwar bitter, weil er trotz eines optischen Siegs abgewählt
wäre. Er könnte sich die Niederlage aber versüßen, indem er die
Verantwortung allein auf die Liberalen abwälzt. Und er könnte sich
damit trösten, dass eine Schlappe mit 40 Prozent plus X seine
bundespolitischen Ambitionen nicht verbauen würde. Im Vergleich zu
den meisten anderen Landesfürsten stünde er wahlarithmetisch immer
noch als Lichtgestalt da. Für die Bundeskanzlerin und CDU-Chefin wäre
der Verlust Niedersachsens dagegen ein Fanal. Der Union käme ein
weiteres wichtiges Flächenland abhanden. Ein ähnliches Erlebnis hatte
die SPD unter Altkanzler Gerhard Schröder, als die Sozialdemokraten
reihenweise krachende Niederlagen in den Ländern kassierten. Am Ende
stand die Abwahl der rot-grünen Bundesregierung. Jetzt, so scheint
es, passiert genau das Gegenteil: Schwarz-Gelb wird von den Wählern
abgewatscht. Im Rückblick auf Baden-Württemberg oder
Nordrhein-Westfalen kann man langsam von einem rot-grünen Siegeszug
sprechen, der auch auf den Bund Signalwirkung hätte. Vor allem dann,
wenn sich ein weiterer Trend aus Niedersachsen verstärken sollte: Die
Entwicklung zu einem Drei-Parteien-Parlament ohne FDP, Linkspartei
und Piraten. Falls es auch im Bundestag auf ein Parlament ohne diese
drei hinausliefe, könnte Merkel ihre Kanzlerschaft wohl nur durch
eine absolute Mehrheit für die Union retten. Doch das ist
unwahrscheinlich. Die große Popularität der Kanzlerin allein wird CDU
und CSU wohl nicht zu einem solchen Traumergebnis verhelfen. Vor
diesen Szenarien klingt es nur plausibel, wenn CSU-Chef Horst
Seehofer nun als erster Unionsgrande die Fühler vorsichtig nach den
Grünen als möglichem Koalitionspartner ausstreckt. Denn die Zukunft
der FDP steht in den Sternen. Selbst wenn die Liberalen tatsächlich
einen Putsch gegen ihren glücklosen Vorsitzenden Philipp Rösler wagen
sollten, dann müsste er vor dem 20. Januar geschehen. Ein Austausch
der Führung nach einem Scheitern in Niedersachsen würde nur wie die
Panikreaktion eines Ertrinkenden wirken, nicht aber wie ein
Befreiungsschlag. Man darf gespannt sein, wie sich die Union
demnächst gegenüber FDP und Grünen positioniert. Liebesheiraten - das
ist der Kern von Seehofers Botschaft - gibt es in der Politik nicht,
sondern nur Schicksalsgemeinschaften. Autor: Stefan Stark



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

439481

weitere Artikel:
  • Neue OZ: Kommentar zu Gesundheit / Kriminalität Osnabrück (ots) - Viele Opfer im Gesundheitssystem Es ist schädlich, wenn nicht medizinische Argumente entscheiden, sondern Geld. Da können im milliardenschweren Gesundheitssystem viele Gruppen zu Opfern von Korruption werden: etwa Patienten, denen der Arzt nur ein kostentreibendes, aber nicht das beste Medikament verschreibt, weil eine Pharmafirma Geschenke verteilt hat. Kliniken und Labore, die außen vor bleiben, weil sie keine Prämien zahlen. Oder Sanitätshäuser und Hörgeräteakustiker, die sich weigern, der Entscheidungsfindung mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Irak / Konflikte Osnabrück (ots) - Kein irakischer Frühling Der Irak ist keine Insel von Frieden und Demokratie, wie es sich der ehemalige US-Präsident George W. Bush gewünscht hatte. Doch das zerrissene Land ist nach Abzug der letzten US-Truppen nicht untergegangen. Wenn jetzt in sunnitischen Hochburgen Proteste gegen die schiitisch geführte Zentralregierung aufflammen, sind das nicht die Anfänge eines "irakischen Frühlings", sondern Wutdemonstrationen. Diese können eskalieren. Sie bergen aber nicht die Gefahr einer Revolution, wie sie die Welt mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Indien / Vergewaltigung / Prozess Osnabrück (ots) - Zehntausende Opfer, ein Prozess Mehrfach vergewaltigt, gefoltert, aus einem Kleinbus geworfen wie ein Sack Müll. Die tödliche Tat, die Indien seit drei Wochen in Unruhe versetzt, ist so grauenhaft, dass man sie sich weder vorstellen kann noch mag. Nun müssen sich die Tatverdächtigen wegen Mordes vor Gericht verantworten. Ungewöhnlich und erfreulich schnell wollen die Behörden die Täter verurteilen, um die aufgebrachte Menge zu beruhigen. Dabei ist es erstaunlich, dass überhaupt ein Prozess stattfindet. mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Die Zeche der Abzocker Zum griechischen Schwarzgeld in Deutschland Cottbus (ots) - In Berlin und anderen deutschen Großstädten balgt sich seit einiger Zeit Fluchtkapital aus Südeuropa um jede verfügbare Wohnung. Gekauft wird, was der Markt hergibt, zu nahezu jedem Preis. Die Folge: Die Mieten explodieren, Menschen mit geringen Einkommen bekommen Probleme. Die griechischen, spanischen und italienischen Millionäre flüchten nicht aus Angst um die Stabilität des Euro oder ihrer heimischen Banken - die wird ja mit vielen Garantiemilliarden gerade hergestellt. Sie flüchten vor dem eigenen Fiskus, wie die mehr...

  • Rheinische Post: Symbolthema Steuer Düsseldorf (ots) - Kommentar von Antje Höning Die Wahl der Steuerklasse führt in vielen Ehen zu Verdruss. Viele Frauen, die nach der Familienphase in den Job zurückkehren, haben bei der ersten Lohnabrechnung das Gefühl, dies lohne nicht. Nicht nur, dass oft der größere Teil der Hausarbeit an ihnen hängenbleibt. Bei ihnen kommt auch, wenn sie Steuerklasse V haben, nur wenig vom Bruttolohn an. Diesen Ärger greift nach der SPD nun die FDP auf und fordert das Ende der ungeliebten "V". Damit glaubt sie, etwas für Frauen und Arbeitsmarkt mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht