(Registrieren)

BERLINER MORGENPOST: Denkverbote darf es nicht geben / Leitartikel von Jens Anker

Geschrieben am 27-12-2012

Berlin (ots) - Der Senator für Stadtentwicklung, Michael Müller
(SPD), macht sich in diesen Tagen keine neuen Freunde. Als ob er mit
dem zu gründenden Stadtwerk, dem Weiterbau der Stadtautobahn A 100
und dem Umbau der Liegenschaftspolitik nicht schon genug
Problemfelder zu bearbeiten hätte, sucht er jetzt die Konfrontation
mit den Kleingärtnern. Kleinere Anlagen sollten dem städtischen
Wohnungsbau weichen, fordert Müller ungewohnt scharf. Auch einzelne
Parzellen von anderen Anlagen müssten verschwinden, wenn sich die
Grundstücke für den Wohnungsbau eignen. Der Aufschrei der
Kleingärtner, die über eine starke Lobby in Berlin verfügen, erfolgte
prompt. Diese Überlegungen seien Unfug, hieß es. Dabei handelt Müller
richtig. Die Mieten in Berlin steigen schneller als in den
vergangenen Jahren, die Verdrängungstendenzen nehmen zu. Schon heute
sind für Studenten und Kleinverdiener die Mieten in manchen
Stadtteilen unerschwinglich geworden. Die große Koalition hat zwar
den Neubau von jährlich 6000 Wohnungen beschlossen, um den Druck auf
dem Mietenmarkt zu senken. Das kann allerdings nur die Untergrenze
sein, da der Bedarf an Wohnungen in den kommenden Jahren noch
deutlich steigen wird. Der Verband der Berlin-Brandenburgischen
Wohnungseigentümer spricht sogar von 150.000 Wohnungen, die
mittelfristig fehlen. In den vergangenen 20 Jahren hat Berlin 250.000
neue Einwohner hinzugewonnen, in den kommenden 20 Jahren sollen es
noch einmal genauso viele in die Stadt ziehen. Und all diese Menschen
brauchen einen angemessenen und bezahlbaren Wohnraum. Deshalb ist es
richtig, sich über die künftig zu bebauenden Flächen Gedanken zu
machen. Dabei darf es keine Denkverbote geben - weder für die
Randbebauung des Flughafens Tempelhof noch für Kleingartenkolonien in
der Innenstadt. Sicher, die Kleingärten sind über Jahrzehnte lieb
gewonnene Kleinode, die ihren Inhabern ein wenig Natur und Freiheit
in der Stadt bieten. Das galt vor allem zu Mauerzeiten, als die Stadt
geteilt und West-Berlin über weniger Erholungsflächen als heute
verfügte. In den letzten Jahren hat sich die Lage - glücklicherweise
- geändert. Berlin ist eine der grünsten Metropolen Europas. Deshalb
hat Senator Müller recht, wenn er die Frage stellt, ob 73.600
Kleingärten, verteilt auf die immer knapper werdende Fläche der
Stadt, noch zeitgemäß sind. Es ist sinnvoll, die kleineren Anlagen in
die Flächenplanung des Landes aufzunehmen und zu prüfen, ob sie für
Wohnungsbau geeignet sind. Das bedeutet nicht, allen Kleingärtnern
den Krieg zu erklären und ihre Existenz grundsätzlich infrage zu
stellen oder bestehende Verträge aufzukündigen. Aber wenn in den
Innenstadtbezirken Platz für neue Wohnhäuser gebraucht wird, sollten
die Pachtverträge auslaufen, sollte der Bestandschutz nicht
verlängert werden. Das muss übrigens für alle Liegenschaften des
Landes gelten. Stadtentwicklungssenator Müller ist qua Amt - wie der
Name schon sagt - dazu verpflichtet, sich Gedanken über die künftige
Nutzung landeseigener Flächen zu machen. Denn Berlin ist attraktiv
und Berlin wächst. Diese Entwicklung kann jeder nur wollen, auch die
Kleingärtner.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

438856

weitere Artikel:
  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar NRW-Justizminister Kutschaty will Strafrechtsreform Schnellschuss MATTHIAS BUNGEROTH Bielefeld (ots) - Was den NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) dazu bewogen hat, gerade jetzt eine Strafrechtsreform ins Gespräch zu bringen, wird nur er selber wissen. Bei näherer Betrachtung entpuppen sich die Ideen aus Düsseldorf als unausgegorener Schnellschuss. Die Forderung nach Fahrverboten als Ersatz für Geldstrafen ist nicht neu. Eine Umsetzung ist bisher daran gescheitert, dass die Übertragung einer Sanktion, die als Strafe für Verstöße gegen das Verkehrsstrafrecht gedacht ist, auf den Bereich der allgemeinen Kriminalität mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar US-Haushaltskrise Unvermögen DIRK HAUTKAPP, WASHINGTON Bielefeld (ots) - Die Verzweiflung über die Unfähigkeit der politischen Klasse in Amerika treibt gerade seltsame Blüten. Kurz vor dem Showdown im Schuldengefecht hat die landesweit größte Kaffeehauskette einen Appell für mehr Gemeinsamkeit gestartet. Auf allen Starbucks-Bechern prangt nun "Come together". Gemeint ist: Werdet euch einig. Dass Demokraten und Republikaner ihre von Trotz geprägten Sandkastenspielereien um den staatlichen Schuldenberg rechtzeitig einstellen, steht gleichwohl so bald nicht zu erwarten. Zu verhärtet sind mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Nur so eine Idee Zum Vorstoß einer 30-Stunden-Woche für junge Eltern Cottbus (ots) - In aller Regel werden Wunschzettel vor Weihnachten geschrieben. So gesehen ist SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles reichlich spät mit ihrem Vorstoß gestartet, jungen Eltern künftig für zwei oder drei Jahre eine staatlich bezuschusste 30-Stunden-Arbeitswoche angedeihen zu lassen. Aber ganz so ernst ist die Sache auch nicht gemeint. Dafür spricht schon der Umstand, dass sie in nachrichtenarmer Zeit platziert wurde. Sinn der Übung ist damit wohl eher die Schlagzeile als die Substanz. Zweifellos klingt es zunächst einmal mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Philipp Rösler weiter in der Kritik Ladenhüter ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN Bielefeld (ots) - FDP-Chef Philipp Rösler gehört zu den Politikern, die im Lauf des Jahres 2012 auf der Stelle traten. Das ist erkennbar zu wenig für eine Partei, die sich in bundesweiten Umfragen eher bei vier als bei fünf Prozent eingependelt hat. Besserung ist nicht in Sicht. Der inhaltlichen Orientierung, die Rösler vermitteln möchte, haftet etwas Altbackenes an. Schon zu Beginn des Jahres 2012 schaffte er es nicht, mit dem Wachstumsgedanken der FDP inhaltliche Attraktivität einzuhauchen. Und dass Rösler jetzt für die Privatisierung mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Rösler / FDP / Papier Osnabrück (ots) - Realitätsfremd Die Nerven bei der FDP liegen blank. 2013 ist das Superwahljahr, und die Regierungspartei dümpelt mit ihren Umfragewerten unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde. Dass Parteichef Philipp Rösler nun mit seinem Positionspapier einen Befreiungsschlag versucht hat, ist ehrenwert. Aber das ist auch schon das Freundlichste, was man über diese weihnachtliche Bescherung sagen kann. Denn das Papier liest sich so neoliberal-nostalgisch, als stammte es aus der Feder einer jungliberalen Ortsgruppe aus dem vergangenen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht