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Westfalen-Blatt: zum Thema Zinswett-Geschäfte

Geschrieben am 22-11-2012

Bielefeld (ots) - Geld, das einfach so aus dem Nichts entsteht:
Mit diesem Versprechen haben Alchimisten schon vor Jahrhunderten
Könige und Herzöge genarrt. Nicht wenige Herrscher warfen den
Hochstaplern und Traumtänzern Unsummen in den Rachen, bis sie
erkennen mussten, dass aus Blei niemals Gold werden wird. Die
Alchimisten sind Geschichte, doch der Trick funktioniert noch immer.
Die Finanz-Alchimisten der Neuzeit arbeiten nur mit weit feineren
Methoden. Es geht nicht mehr um Blei und Gold, sondern um
komplizierte Finanzwetten, bei denen sich Euribor und Schweizer
Franken mit Kurz- und Langfristzinsen wie von Zauberhand zu einer
magischen Geldvermehrung vereinen. Der Börsen-Boom der 90er Jahre mit
sagenhaften Renditen nährte die Illusion, dass Reichtum ohne eigene
Leistung zu erreichen sei. Von Risiko war selten die Rede. Manche
Kommunen haben mit den Zinswetten tatsächlich Gewinn gemacht. Sie
hatten pures Glück. Andere - wie Bad Oeynhausen - stehen auf der
Verliererseite. 57 Millionen Euro Verlust hat allein das als
»Goldstadt« bekannte Pforzheim eingefahren. Auch dort laufen
Ermittlungen wegen Untreueverdachts gegen die frühere
Oberbürgermeisterin und die ehemalige Kämmerin. Nun ist Untreue kein
Kapitalverbrechen, entsprechend gering dürften im Falle einer
Verurteilung die Strafen ausfallen - in Pforzheim wie in Bad
Oeynhausen. Dennoch ist es richtig, dass die Staatsanwaltschaft
Bielefeld Anklage gegen die Verantwortlichen in Bad Oeynhausen
erhoben hat. Denn eine Strafe soll immer auch abschreckend sein.
Schluss mit dem Casino im Rathaus! Diese Mahnung gilt für
Kommunalpolitiker allerorten, und sie gilt nicht nur für riskante
Zinsgeschäfte. Immer mehr Kommunen finanzieren sich über kurzfristige
Kredite. Damit tickt die nächste Zeitbombe. Ein Drittel aller
kommunalen Verbindlichkeiten laufen mittlerweile über diese
sogenannten Kassenkredite. Die Schuldenmacherei auf den öffentlichen
Girokonten geht nur so lange gut, wie die Zinsen niedrig sind. Doch
irgendwann werden die Zinsen wieder steigen, und dann explodiert das
kommunale Schuldenmanagement. Zinswetten wie Schuldentrickserei sind
undenkbar ohne die Banken, die dazu anstiften oder zumindest
mitmachen. Private Institute wie die Deutsche Bank haben zwar hier
und da ein wenig Schadenersatz leisten müssen, doch die daraus
entstehenden Verluste können sie beim Finanzamt geltend machen.
Öffentliche Banken wie die in Abwicklung stehende West-LB, die im
Zinswettgeschäft ebenfalls mitgemischt und sich zudem selbst
verspekuliert hat, fallen dem Steuerzahler gleich doppelt zur Last.
Deshalb kann es nur einen Ratschluss geben: Wer mit fremdem Geld
umgeht, der darf nicht spekulieren. Weder als Politiker noch als
Bankier. Zu dieser Erkenntnis braucht es keine Alchimie, sondern
gesunden Menschenverstand - und Anstand.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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