(Registrieren)

Schwäbische Zeitung: Die Kirche ist kein Konzern - Kommentar

Geschrieben am 20-11-2012

Leutkirch (ots) - Die kirchlichen Arbeitgeber von Diakonie und
Caritas haben vor dem Bundesarbeitsgericht ein bisschen verloren, und
sie sollten den Richtern ein bisschen dankbar sein, statt neue
Instanzen anzurufen. Denn das Urteil deckt nur auf, was Realität ist:
Die 1,2 Millionen Beschäftigten in Krankenhäusern und Einrichtungen
sind normale Arbeitnehmer. So hat sich das im Laufe der Jahrzehnte
ergeben - auch wenn die Sache so eigentlich nicht gedacht war. Daran
hat eindrücklich der Papst in seiner Freiburger Rede erinnert. Er hat
der Kirche eine "Entweltlichung" empfohlen, damit sie sich wieder
aufs Kerngeschäft rückbesinnen kann. Wörtlich hat Benedikt XVI.
gesagt: "Allerdings haben sich auch die karitativen Werke der Kirche
immer neu dem Anspruch einer angemessenen Entweltlichung zu stellen,
sollen ihr nicht angesichts der zunehmenden Entkirchlichung ihre
Wurzeln vertrocknen."

Was hat das mit der Frage eines Streikrechts für Beschäftigte in
kirchlichen Einrichtungen zu tun? Sehr viel. Das Kernproblem lautet
nämlich: Die Wert- und Moralgesetze der Kirchen kollidieren mit der
gesellschaftlichen Realität des 21. Jahrhunderts. Die Ursprünge waren
ganz klar und einfach: Wer bei einer kirchlichen Einrichtung
beschäftigt war, der hat dort nicht nur angeheuert, sondern er sollte
selbstverständlich auch die christliche Sittenlehre mittragen und
-leben. Das findet immer weniger Akzeptanz. Für die allermeisten
Arbeitnehmer in kirchlichen Diensten ist ihr Arbeitgeber einer wie
jeder andere. Und sie reklamieren für sich - fast logischerweise -
dieselben Rechte, die Arbeitnehmer in einer säkularisierten Welt in
Anspruch nehmen. Das geht von sogenannter wilder Ehe über
homosexuelle Partnerschaften bis hin zu einem generell areligiösen
Leben.

Der sogenannte dritte Weg, das spezielle Arbeitsrecht der Kirchen,
passt nicht mehr, weil Kirche und Konzern nicht zusammenpassen.
Entweder die Kirchen schrauben ihre Wertevorstellungen zurück - was
ja schleichend immer mehr geschieht - oder sie überlassen die
Konzerntätigkeit weltlichen Profis.



Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 07561-80 100
redaktion@schwaebische-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

430376

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Das Recht der Kirchen = Von Frank Vollmer Düsseldorf (ots) - Auch wenn es mal kräftig im Gebälk knirscht, muss man nicht gleich das ganze Haus abreißen - die Wahrheit dieses Satzes auch in politischen Dingen belegt das gestrige Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum kirchlichen Arbeitsrecht. Zwar haben die Richter dem generellen Streikverbot in kirchlichen Einrichtungen ein Ende gemacht. Zugleich haben sie aber den Kirchen eine goldene Brücke gebaut, wie sie ihren Sonderweg im kirchlichen Arbeitsrecht weiter beschreiten können: indem sie die Gewerkschaften einbeziehen und sich mehr...

  • Weser-Kurier: Kommentar zum Streikrecht bei kirchlichen Arbeitgebern Bremen (ots) - Schon lange sind kirchliche Arbeitgeber im wirtschaftlichen Wettbewerb der Welt angekommen - auch dort gibt es Fälle von Lohndumping. In dem teils harten Geschäft kommt man mit Konsens am grünen Tisch nicht weit. Eine "Verhandlung auf Augenhöhe", wie sie von Kirchen behauptet wird, verblasst in einem solchen Fall zur reinen Theorie. Das Urteil könnte auf diese Weise zumindest den "schwarzen Schafen" unter den kirchlichen Arbeitgebern zusetzen und für mehr Druck sorgen, wenn sich die Gewerkschaften einmischen. Mit dem mehr...

  • Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts Stuttgart (ots) - Der Arbeitgeber Kirche muss sich fragen lassen, ob er unterm Deckmantel der gesetzlich garantierten Selbstständigkeit wirklich rigoros fragwürdige Lohn-Modelle durchsetzen will. Ob es wirklich mit dem christlichen Selbstverständnis vereinbar ist, auf Sonderrechte bei Tarifvertragsgesetz, Koalitionsfreiheit und Streikrecht zu pochen - erst recht, wenn vieles davon gegen die Interessen der Mitarbeiter eingesetzt wird. Ja, die Richter betonen den Sonderstatus der Kirchen als Unternehmer. Gerade deshalb aber sollten mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Recht / Arbeit / Kirche Osnabrück (ots) - Einen Fuß in der Tür Es ist wie nach etlichen Bundestags- und Landtagswahlen, wenn sich fast alle Beteiligten als Sieger sehen. Auch nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zeigten sich sowohl die Gewerkschaften als auch die kirchlichen Wohlfahrtsverbände zufrieden. Die Gewerkschaften Verdi und Marburger Bund haben nun einen Fuß in der Tür, wenn es um das Streikrecht geht - Diakonie und Caritas sehen dagegen den bisherigen Sonderweg im kirchlichen Arbeitsrecht bestätigt. Doch welche Konsequenzen hat die Entscheidung mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Schuldenkrise / Frankreich / Rating Osnabrück (ots) - Schuss vor den Bug Nur keine Panik. Die Herabstufung der Kreditwürdigkeit durch die Ratingagentur Moody's wird in Frankreich nicht gleich zu deutlich höheren Zinsen führen. Auch die vorherige Degradierung durch Standard & Poor's blieb diesbezüglich ohne spürbare Folgen. Ein Schuss vor den Bug ist der abermalige Verlust der Bestnote jedoch trotzdem. Und die französische Regierung ist gut beraten, die Warnung ernst zu nehmen. Denn der Reformstau, in dem das Land steckt, ist gefährlich lang. So hat Frankreich mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht