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Schwäbische Zeitung: Mängel sind die Regel - Leitartikel

Geschrieben am 14-11-2012

Leutkirch (ots) - Der Kabarettist Wilfried Schmickler hat kürzlich
sarkastisch gereimt, das es doch normal sei, "wenn beim
Verfassungsschutz wieder einmal keiner wusste, was er wusste, als er
eigentlich wissen musste, was alle wissen konnten, aber keiner wissen
wollte, und dementsprechend auch keiner gewusst haben will".

Alles, was im Zusammenhang mit den Morden der rechtsextremen
NSU-Terroristen seit knapp einem Jahr an die Öffentlichkeit gelangt,
macht einen noch viel schlimmeren Eindruck als das Wortspiel
Schmicklers. Die Verfassungsschutzorganisationen - oder sprechen wir
lieber von unkoordinierten, diversen und selbstherrlich agierenden
Geheimdiensten - beschädigen massiv unser Gemeinwesen, sie schaden
der Bundesrepublik Deutschland. Der Eindruck kommt ja nicht von
ungefähr, dass vertuscht werden soll, dass gewählte Abgeordnete in
Untersuchungsausschüssen nur Halbwahrheiten präsentiert bekommen,
dass noch längst nicht alles auf den Tisch gelegt worden ist. Die
eine Schredder-Aktion war demnach Zufall, die andere eine Dummheit,
die dritte schwer zu erklären. Von der vierten und fünften reden wir
gar nicht mehr. Wer ein System dahinter vermutet, wird als
Schwarzmaler diskreditiert. Nun ist die Berliner
Verfassungsschutzpräsidentin zurückgetreten. Wegen einer
widerrechtlichen Schredder-Aktion. Doch diese Demission reicht nicht.
Erstens ist eine Aktenvernichtung im Umfeld von NSU-Ermittlungen eine
Beweisvernichtung und gehört strafrechtlich verfolgt, und zweitens
müssen endlich Maßnahmen ergriffen werden, die wieder ein
Grundvertrauen in den Verfassungsschutz ermöglichen. Wer anfangs
lediglich von persönlichem Fehlverhalten einiger Nachrichtendienstler
ausging, muss mittlerweile zur Kenntnis nehmen, dass strukturelle
Mängel nicht die Ausnahme, sondern die Regel darstellen.

Deutschland muss die Geheimdienste ganz neu aufbauen und
ausrichten. Die aktuelle Stümperei gefährdet die Akzeptanz des
demokratischen Rechtstaats. Betroffenheitsadressen an die Angehörigen
der Opfer reichen nicht aus.



Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 07561-80 100
redaktion@schwaebische-zeitung.de


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