(Registrieren)

DER STANDARD-KOMMENTAR "Häupl und andere Populisten" von Michael Völker

Geschrieben am 06-11-2012

Die Regierung arbeitet auf Sparflamme, dennoch verdient sie
eine Lohnerhöhung - Ausgabe vom 7.11.2012

Wien (ots) - Die Erwartungshaltung ist nicht sehr ausgeprägt, und
die To-do-Liste der Regierung ist durchaus überblickbar. Das bringt
die Koalition in die bequeme Position, bei ihrer Klausur zum Ende der
Woche gar nicht erst scheitern zu können. Ein knappes Jahr vor der
Nationalratswahl erwartet niemand ernsthaft, dass die Regierung
plötzlich Reformeifer entdeckt und zum finalen Sprint ansetzt. Die
Bewegungsfreiheit von Kanzler Werner Faymann und seinem Vize Michael
Spindelegger ist angesichts des herandräuenden Wahlkampfs
einigermaßen eingeschränkt. Dennoch darf man ein paar
Mindestanforderungen voraussetzen: Beispiel Studiengebühren. Die SPÖ
ist nicht bereit, sich mit diesem Thema inhaltlich
auseinanderzusetzen. Dennoch muss bei der Klausur eine Lösung des
jetzigen Dilemmas präsentiert werden. Die Universitäten agieren im
rechtsfreien Raum. Manche Unis, acht von 21, heben Studiengebühren im
Rahmen ihrer Autonomie ein, andere nicht. Zu einer gesetzlichen
Regelung konnte sich die Regierung noch nicht durchringen, die
derzeitige Praxis der "wilden" Einhebung aber auch nicht rechtens
sein, das hat der Verfassungsgerichtshof bereits durchblicken lassen.
Ob einer Studiengebühren zahlt oder nicht, orientiert sich nicht nach
seinen Möglichkeiten. Das Kind reicher Eltern zahlt so viel wie das
Kind armer Eltern: in der Regel nämlich nichts. Das ist weit davon
entfernt, gerecht zu sein, dennoch hat sich die SPÖ festgelegt: Sie
sagt Nein zu allgemeinen Studiengebühren. Das hat sie jetzt so lange
und so oft gesagt, dass der Kanzler gar nicht mehr darüber nachdenken
mag, nicht ein Jahr vor der Wahl, und daher lieber weiterhin Nein
sagt. Die Einhebung von Studiengebühren wird daher nicht neu
geregelt, auch wenn dies sinnvoll wäre, es wird lediglich die alte
Regelung so notdürftig repariert, dass sie vor dem Höchstgericht
hält. Ob gerecht oder sozial oder nicht: Mit diesem Thema wird sich
eine andere Regierung auseinandersetzen müssen. Diese Regierung
setzt auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, da kann sie nicht viel
Lob in Anspruch nehmen. Das leitet zu einem anderen Thema über, zu
dem der Leistung und deren Bezahlung. Nach vier Nulllohnrunden will
sich die Politik wieder eine dezente Gehaltserhöhung gönnen. Plus 2,8
sieht das Bezügegesetz vor, 1,8 Prozent reichen auch, meinen Faymann
und Spindelegger. FPÖ und BZÖ sind dagegen, sie fordern angesichts
der allgemeinen Sparmaßnahmen eine neuerliche Nulllohnrunde. Üble
Populisten! "Die Arbeit ist wertvoll", sagt Faymann dazu. Und sie
soll daher entsprechend bezahlt werden. Der Wiener Bürgermeister
Michael Häupl, der immer wieder auch gerne den eigenen Leuten in den
Rücken fällt, sieht das anders. Er forderte jetzt eine weitere
Nulllohnrunde. Ist Häupl jetzt auch ein Populist? Der Kanzler
schweigt dazu. Dabei ist die Antwort einfach. Ja, Michael Häupl ist
ein Populist. Auch diese Regierung, auch diese Abgeordneten, auch
diese und dieser Bürgermeister verdienen eine Gehaltserhöhung. Es
müssen keine 2,8 Prozent sein, es reichen auch 1,8. Politiker zu sein
ist ein Beruf, kein Beruf wie jeder andere, aber auch diese
Berufsgruppe hat Anspruch auf adäquate Bezahlung und verdient von
Zeit zu Zeit eine Anpassung. Dann wird man sich wenigstens wünschen
dürfen, dass bei der Regierungsklausur am Freitag mehr herauskommt
als faule Kompromisse und notdürftiges Flickwerk.

Rückfragehinweis:
Der Standard
Tel.: (01) 531 70 DW 445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

427344

weitere Artikel:
  • Westdeutsche Zeitung: Karlsruhe verhandelt über Absprachen im Strafprozess = von Peter Kurz Düsseldorf (ots) - Biete milde Strafe gegen Geständnis. Solche Absprachen zwischen Richter, Verteidiger und Staatsanwalt gibt es nicht erst seit der gesetzlichen Regelung vor drei Jahren. Doch eines scheint gewiss: Diese Regelung, die heute vom Bundesverfassungsgericht überprüft wird, hat das Vertrauen in eine gerechte Justiz nicht gestärkt. Sicherlich gibt es gute Gründe für solche Absprachen. Die überlasteten Gerichte ersparen sich komplizierte und teure Prozesse, können sich anderen Aktenbergen zuwenden. Monatelange Verfahren mehr...

  • NRZ: Blamage mit Ansage - ein Kommentar von JAN JESSEN Essen (ots) - Im August kommenden Jahres wird es nicht genügend Ganztagsbetreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren geben; jedenfalls nicht so viele, dass dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz Genüge getan werden könnte. Eine Blamage mit Ansage: Bereits in den vergangenen Jahren hatte es sich abgezeichnet, dass der 2007 von der Großen Koalition beschlossene Kita-Ausbau unter den Zielvorgaben bleiben würde. Es war früh klar, dass Kommunen in Westdeutschland, wo die Betreuung von Kleinkindern keine Tradition wie in Ostdeutschland mehr...

  • NRZ: Not im Pflegeheim - ein Kommentar von WILFRIED GOEBELS Essen (ots) - Wenig Personal, überlastete Pfleger - da kann der medizinische Notfall im Pflegeheim vor allem nachts und am Wochenende schnell zum Problemfall werden. Nicht immer weiß die Pflegekraft, wie der Patient behandelt wurde, und der Hausarzt in Rufbereitschaft kann nicht minutenschnell überall sein. Es gibt nur einen Weg: Ärzte, Kliniken und Heime müssen enger kooperieren, um die medizinische Versorgung zu verbessern. Dabei geht es auch um Kosten: Wer Nacht- und Wochenenddienste für Ärzte in Pflegeheimen gesetzlich vorschreiben mehr...

  • WAZ: Der Präsident muss versöhnen - Kommentar von Gudrun Büscher Essen (ots) - Es ist Zufall, dass in dieser Woche beide Weltmächte, die USA und China, ihre politische Führung bestimmen. In den USA hat das Volk entschieden - nach einem langen, lauten, zum Teil hässlichen Wahlkampf, mit einem komplizierten, antiquierten und auch ungerechten Wahlsystem, aber frei und demokratisch. In China wird in der großen Halle des Volkes entschieden, aber unter Ausschluss desselben. Wer die Inszenierung des Führungswechsels in Peking betrachtet, lernt die pathosgetränkten US-Wahlkämpfe in ihrer ganzen Härte mehr...

  • Märkische Oderzeitung: Märkische Oderzeitung (Frankfurt/Oder) zu Frankreich Frankfurt/Oder (ots) - François Hollande hat die Krise der französischen Wirtschaft nicht verursacht. Diese ist vielmehr die Folge einer Reihe von Fehlentwicklungen über viele Jahre. Daraus resultieren ein Verlust an Wettbewerbsfähigkeit, ein enormes Defizit im Außenhandel, eine zweistellige Arbeitslosenrate sowie eine Staatsverschuldung, die schon an der Kreditwürdigkeit des Landes zweifeln lässt. Doch mehr als nur zaghafte Korrekturen unterblieben, weil schon diese auf heftigen Widerstand stießen. Und Hollande, der Sozialist, mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht