"DER STANDARD"-Kommentar: "Blinder Ungehorsam" von Markus Rohrhofer
Geschrieben am 30-10-2012 |
(ET 31.10.2012)
Wien (ots) - Anfang März 2010 wurde zum ersten Mal klar, welches
Unheil wohl über die katholische Kirche in Österreich hereinbrechen
wird. Der Abt von St. Peter in Salzburg - immerhin das älteste
Kloster im deutschen Sprachraum - gesteht, Ende der 1960er-Jahre
einen Zwölfjährigen Buben missbraucht zu haben. Am 9. März tritt der
bekannte Ordensmann zurück. Nationale und internationale Medien
berichteten entsprechend darüber. Nur die Pfarrer-Initiative rund um
Helmut Schüller scheint das mediale Echo nicht gehört zu haben. Dort
ist der Salzburger Ex-Abt nämlich bis dato Mitglied - gemeinsam mit
einem weiteren Pfarrer, der unter Missbrauchsverdacht steht.
Sollte etwa die Nachricht der späten Beichte von Abt Bruno die
Pfarrhof-Rebellen nicht erreicht haben, ist dies angesichts der
Tragweite des Falles befremdlich. Dass aber jetzt ausgerechnet eine
Organisation, die gerne lautstark die verkrusteten Strukturen der
Kirche kritisiert, im Fall eines geständigen Kinderschänders in den
eigenen Reihen zuerst im Vorstand einen Regelkatalog für die weitere
Vorgehensweise beschließen muss, um dann noch eine eingehende Prüfung
beider Fälle anzukündigen, ist eine Schande. Zur Erinnerung: Es war
Schüller, der ab 1996 als Leiter der Ombudsstelle der Erzdiözese Wien
Regeln für kirchliche Mitarbeiter im Umgang mit Missbrauch verfasste.
Zumindest Gehorsam dem eigenen Gewissen gegenüber sollte man auch
den "Ungehorsamen" abverlangen können.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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