(Registrieren)

BERLINER MORGENPOST: Partei oder Schulhof 2.0 Hajo Schumacher über die Ankunft der Piraten-Partei in der Realität

Geschrieben am 27-10-2012

Berlin (ots) - Keine Sorge, die Demokratie ist nicht in Gefahr,
auch wenn die Piraten 2013 den Bundestag entern, was neuen Umfragen
zufolge fraglich ist. Die Republik ist der neuen Partei schon jetzt
zu Dank verpflichtet. Denn auf großer Bühne tanzen die jungen Kräfte
eindrucksvoll vor, worum es im Leben und in der Politik geht: um
Geld, um Macht, um Mehrheiten, Ausdauer, den Einklang von Reden und
Handeln, um das komplexe Verhältnis von "Ich" und "Wir", um
respektvolles Miteinander und sogar um Spießiges wie Erwerbsarbeit.
Die empfahl der Bundesvorsitzende und Festangestellte Schlömer seinem
politischen Geschäftsführer Ponader, der sein Leben mit
gelegentlicher Projektarbeit finanziert - Realo gegen Fundi. Seit
zwei Kräfte den Bundesvorstand verließen, darf man die Partei in der
Realität begrüßen. Der Welpenschutz ist abgelaufen, offensichtlich
wird: Piraten sind keine Bessermenschen, wie sie eine Weile hofften,
sondern so wie die anderen Politiker nur noch öffentlicher und
ungeschickter und zudem geschlagen mit einem Anteil schlechtlauniger
Gewissenspolizisten, die anonym durchs Internet mobben. Man müsse
sich fragen, ob der erbarmungslose Umgang mit dem Führungspersonal
nicht dazu führe, dass keiner mehr den Job machen wolle, hieß es
einsichtig im Piratenmedium Twitter, das die Parteifreunde bevorzugt
nutzen, um sich in Bösartigkeiten gegeneinander zu übertreffen. Löst
Ponaders Rücktritt die Probleme? Keineswegs. Dann wird halt der
Nächste fertiggemacht. Piratenpartei, das ist Schulhof 2.0,
Klassenkeile inklusive. Und dieser Haufen muss jetzt mal ganz
kollektiv-liquide-transparent entscheiden, ob man als Sekte immer
recht haben oder als Partei gestalten will. Diese Pubertätsphase ist
normal. Bis ein gewisser Joseph Fischer in Hessen zum ersten
Turnschuhminister vereidigt worden war, hatte sich die Öko-Partei
auch bis aufs Blut gefetzt, mussten Mondsüchtige und Widerwärtige in
Reservate geschoben werden. Wer aber repräsentiert das Piratige als
Person halbwegs glaubwürdig und führungsbewusst? Ponader ist es
nicht, Schlömer vielleicht. Ganz sicher aber könnte es eine, die sich
derzeit aus dem Sabbatical heraus sehr genau überlegt, ob sie sich
den Job antun will: Marina Weisband. Wenn die kluge
Deutsch-Ukrainerin die Kühle und Härte besitzt, einfach abzuwarten,
bis der Haufen so zerstritten ist, dass er sich ihr willenlos zu
Füßen wirft, dann wird sie die erste richtige, allseits respektierte
Chefin der Partei sein. Erst wenn die Macht- und Personalfrage
geklärt ist, kann konkrete Politik folgen, so mit Inhalten und so:
Welcher Steuersatz für E-Books? Intervenieren in Mali?
Finanztransaktionssteuer? Griechenland raus? Oder EU um jeden Preis?
Jene widerlichen Widersprüche namens Tagesgeschäft eben, bei dem die
Piraten in den vier gekaperten Landesparlamenten, nun ja, auch noch
Luft nach oben haben. Was selbst Romantikern inzwischen klar sein
dürfte: Diese Demokratie ist ein unerbittliches Geschäft,
Wählerstimmen müssen gerechtfertigt, verteidigt und wiedergewonnen
werden. Die gute Nachricht für die Piraten: Alles ist offen. Das ist
leider auch die schlechte Nachricht.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

425571

weitere Artikel:
  • Ukraine: Spitzenkandidat Klitschko erwägt Wahlergebnis nicht anzuerkennen Hamburg (ots) - Vitali Klitschko, Spitzenkandidat der UDAR-Partei ("SCHLAG"), zweifelt an freien und fairen Parlamentswahlen in der Ukraine. "Die Vorbereitungen auf die Wahl waren nicht fair und demokratisch. Für die Wahl selbst wird es auch viele Beispiele für Manipulation geben. Auf jeden Fall wird es die Regierung versuchen", sagte Klitschko ZEIT ONLINE. Klitschko sagte, schon vor der Wahl seien Politiker seiner Partei "bestochen, eingeschüchtert oder ins Gefängnis geworfen worden". Ihm selbst wurde bei seiner Wahlkampftour mehr...

  • Ingo Weiss einstimmig als dsj-Vorsitzender bestätigt / Zwei Neue im Sportjugend-Vorstand - Vollversammlung tagt in Burghausen Frankfurt/Main (ots) - Ingo Weiss bleibt weitere zwei Jahre Vorsitzender der Deutschen Sportjugend (dsj). Bei der dsj-Vollversammlung am Samstag in Burghausen wurde der 49-Jährige aus Münster, der zugleich Präsident des Deutschen Basketball Bundes (DBB) ist, einstimmig wiedergewählt. Weiss ist seit 2002 dsj-Vorsitzender und trat in Burghausen zum fünften Mal zur Wahl an. Er gehört qua Amt dem Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) an. Als zweiter Vorsitzender der größten Jugendorganisation der Bundesrepublik Deutschland mehr...

  • Matthias W. Birkwald: SPD kapituliert vor Altersarmut Berlin (ots) - "Die SPD versucht sich in Sachen Rente mal wieder den Pelz zu waschen, ohne sich nass zu machen. So lange sie nicht an das Renten-Niveau rangeht und sich dazu bekennt, die gesetzlich fixierte Absenkung auf bis zu 43 Prozent des Sicherungsniveaus vor Steuern ein für allemal zu stoppen, kapituliert sie vor der Altersarmut", erklärt der rentenpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Matthias W. Birkwald, zur Debatte in der SPD über die Rentenpolitik. "Wenn dann noch Franz Müntefering der SPD den Takt in der Renten-Frage mehr...

  • Dietmar Bartsch: Schäubles schwarze Null ohne Steuergerechtigkeit bedeutet Sozialkürzungen Berlin (ots) - "Schäubles Verheißungen eines nahezu ausgeglichenen Bundeshaushaltes schon im nächsten Jahr sind ohne die Herstellung von Steuergerechtigkeit ein Muster ohne Wert", erklärt der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Dietmar Bartsch, zu entsprechenden Ankündigungen des Ministers in den Medien. "Schlimmer noch: Eine schwarze Null bedeutet bei sinkender Konjunktur nichts anderes als neue Sozialkürzungen, wenn man nicht endlich die Vermögenden, Bestverdienenden und Großunternehmen angemessen zur Finanzierung mehr...

  • Opposition in der Ukraine bekommt mehr Aufmerksamkeit im TV als regierende Parteien Kiew, Ukraine (ots/PRNewswire) - Die Sendezeit bei den grossen nationalen Fernsehsendern, die von Vertretern der Opposition im Zeitraum vom 24. September bis zum 21. Oktober 2012 in Anspruch genommen wurde, übersteigt die Zeit, die den staatlichen Regierungsorganen und der Partei der Regionen zugebilligt wurde, um 53 Prozent. Diese Verlautbarung wurde vom staatlichen Radio- und Fernsehkomitee der Ukraine (DerzhKomTeleRadio) abgegeben, nachdem man hier die acht grössten Fernsehsender überprüft hatte, die in der Ukraine einen Zuschaueranteil mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht