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WAZ: Wenn die schwarze Troika sich feiert - Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 26-09-2012

Essen (ots) - Merkel, Kohl, Schäuble - die schwarze Troika
inszeniert sich, Geburtstage und Jubiläen feiernd, so, wie der
Altkanzler seine CDU immer sehen wollte: als harmonische "Familje".
Wobei ein Dreieck vielleicht in der Physik eine stabile Veranstaltung
ist, in der Politik ist es das nicht. Kohl hat Schäuble nicht zum
Kanzler gemacht, Merkel ihn nicht zum Präsidenten. Kohl hat in der
Spendenaffäre erst sich selbst erledigt, bevor er von Merkel vom
Thron geschubst wurde, um hernach Schäuble mit in diesen Sumpf zu
ziehen. Alles in allem eine seltsame "Familje", in der das persönlich
und biografisch Trennende überwiegt. Was sie verbindet ist der
Versuch, ein Geschichtsbild zu verankern, in dem alle drei als
europäische Patrioten erscheinen. Es ist ungewiss, ob das gelingt.
Scheitert der Euro - was wir nicht hoffen - stehen alle drei
plötzlich als tragische Figuren da, die es gut meinten und schlecht
machten. Schafft es der Euro, gebührt ihnen der Ruhm. Vielleicht sind
die Feierlichkeiten auch der Versuch, Helmut Schmidt das Feld des
"elder statesman" nicht allein zu überlassen. Das wäre verwegen. Kohl
hat über die Spenden, den Selbstmord seiner Frau, den Bruch mit dem
Sohn und seine polarisierende Persönlichkeit die Chance auf eine
Vorbildrolle verwirkt. Schäuble, der ein intellektuelles
Staatsoberhaupt abgegeben hätte, bleibt der Tagespolitik verhaftet.
Und Merkel ist wohl zu nüchtern für eine solche Rolle. Allenfalls
bleibt der CDU der Trost, dass die Bewunderung der meisten Deutschen
für Schmidt der SPD wenig nutzt (jedoch einen Kanzlerkandidaten
Steinbrück beflügeln würde). Unbestreitbar bleibt Kohls und Schäubles
Verdienst um Deutschlands Einheit und dessen bleibende Verankerung im
Westen. Es war das glückliche Ende der Nachkriegszeit. Kohl sorgte
dafür, dass Deutschlands Nachbarn den Koloss in ihrer Mitte nicht als
Bedrohung empfanden. Zumindest zeitweise war der Altkanzler der
Meinung, seine Nachfolgerin verspiele dieses Erbe. Auch das wird man
erst in Jahren wissen. Andere Konflikte als der zwischen Ost- und
Westeuropa zogen inzwischen herauf. So viel zum vorhergesagten Ende
der Geschichte.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


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