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"DER STANDARD"-Kommentar: "Zahlen für Athen - das kleinere Übel" von András Szigetvari

Geschrieben am 25-09-2012

Ohne einen weiteren Schuldenschnitt wird Griechenland nicht
rettbar sein (ET 26.09.2012)

Wien (ots) - Auf den ersten Blick klingt die Forderung, die am
Dienstag aus dem griechischen Finanzministerium kam, absurd. Um die
griechische Schuldenlast zu drücken, soll die Europäische Zentralbank
(EZB) dem Land entgegenkommen und ihre Kredite an Athen strecken.
Griechenland hat von den Partnern in der Eurozone bereits zwei
Hilfspakete erhalten, aber die Vereinbarungen mit seinen Geldgebern
wieder und wieder gebrochen, und da sollen die europäischen
Steuerzahler - sie haften für die EZB - Athen Geld nachschmeißen?

So schwer das politisch zu vermitteln sein wird: ja. Griechenland
wird einen weiteren Schuldenschnitt benötigen, für den die
öffentlichen Geldgeber aufkommen sollten.

Die Ausgangslage ist eindeutig. Griechenland durchlebt das fünfte
Jahr in Folge eine Rezession. Die Schuldenlast steuert im kommenden
Jahr auf 160 Prozent der Wirtschaftsleistung zu. Selbst diese Marke
wird Athen nur halten können, wenn sich die Wachstumsprognosen nicht
so wie bisher als zu optimistisch erweisen. Für die meisten
Industrieländer wäre ein Schuldenberg in dieser Dimension untragbar,
für das krisengeschüttelte Griechenland ist er es auf jeden Fall.

Soll das Land einer chaotischen Staatspleite entgehen, muss die
Schuldenlast gesenkt werden. Die privaten Gläubiger haben ihren
Anteil dafür bereits mit einem 100 Milliarden Euro schweren
Forderungsverzicht im Frühjahr geleistet. Von ihrer Seite ist nicht
mehr viel zu holen, und es wäre nicht besonders vertragstreu, die
Vereinbarung mit den Banken wieder aufzuschnüren - bleiben die
öffentlichen Gläubiger, also die Euroländer, die EZB und der
Rettungsschirm. Griechenland schuldet ihnen 180 Milliarden Euro.
Bereits ein Verzicht auf ein Drittel dieser _Forderungen würde die
griechische Schuldenlast um 30 Prozent der Wirtschaftsleistung
drücken.

Wer die Steuerzahler nicht zur Kasse bitten will, muss die
Alternative durchdenken. Wegen der verschleppten Einsparungen, vor
allem aber wegen der Rezession, tun sich im griechischen Haushalt
ständig neue Lücken auf. Allein im aktuellen Finanzplan fehlen 30
Milliarden Euro. Die Eurozone könnte diese Lücke mit neuen Krediten
stopfen. Aber damit wäre nur etwas Zeit gewonnen, der Schuldenberg
würde weiter wachsen. Die zweite Option wäre, Athen die Hilfen
abzudrehen und damit den Austritt des Landes aus der Eurozone in Kauf
zu nehmen. Dann aber müssten die öffentlichen Kredite voll
abgeschrieben werden, denn es ist ausgeschlossen, dass Griechenland
seine Euroschulden in Drachmen begleichen kann.

Ein Forderungsverzicht wäre demgegenüber das kleinere Übel.
Dadurch, dass die bisherigen Kosten für die Rettungspakete gemeinsam
getragen wurden, sind die Risiken gestreut. Österreich etwa hat
Griechenland bisher 1,5 Milliarden Euro an bilateralen Krediten
ausbezahlt und haftet für drei Prozent der Verluste beim Euroschirm.

Die größte Herausforderung trifft die Politik. Die Regierungen in
Wien, Berlin und Paris haben bisher versichert, das an Athen geborgte
Geld mit Zinsen zurückzubekommen. Stellt sich das als falsch heraus,
wäre das für Populisten (FPÖ) und frühere Autozulieferer (Stronach)
ein gefundenes Fressen. Allerdings ließe sich argumentieren, dass es
für Staatenrettungen nun mal keine Blaupausen gibt und viele der
heutigen Probleme 2010 unvorhersehbar waren. Krisenbewältigung ist
eben auch für die Politik ein großes Experiment.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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