(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum islamfeindlichen Film

Geschrieben am 17-09-2012

Bielefeld (ots) - »Die Wut hat den Verstand besiegt«, titelte eine
Zeitung. Hier erhob aber kein abendländischer Journalist seine Stimme
- es war ein ägyptischer Kollege, der die passenden Worte für das
Morden und Brennen im Gefolge des Anti-Mohammed-Films »Innocence of
Muslims« (Unschuld der Moslems) fand. Der Mann von »Al-Shorouk« bezog
die Zeile auf seine außer Rand und Band geratenen islamischen
Glaubensbrüder. Es hat bislang 15 Tote gegeben, aber sagen wir es
rundheraus: Dafür tragen nicht allein die Fundamentalisten des
Orients die Verantwortung. »Innocence of Muslims«, dessen Trailer bei
Youtube schon seit Juli läuft, ist steindumm. Hinter diesem Machwerk
stehen amerikanische Kopten, amerikanische Evangelikale, ein
US-Pornofilmer und ein US-Pastor, der schon Bücher - den Koran -
verbrennen ließ. Christen mithin, aber sagen wir besser: Gnome, die
sich christlich gerieren, aber die Botschaft von der Nächstenliebe
nicht einmal ansatzweise verstanden, geschweige denn verinnerlicht
haben. Dass sich solche Leute ungeniert artikulieren dürfen, mag man
skandalös finden. Allein, die Demokratie ist eine verständnisvolle
Mutter. Zum Glück: Sie fordert nicht, dass ihre Kinder ihr
Oberstübchen aufräumen und wischen und kehren - im Gegenteil, sie
erlaubt sogar die Verbreitung von Schmutz. Diese Toleranz allerdings
hat das Abendland erst mühsam lernen müssen. Deswegen ist die
Ankündigung aus Berlin, die Vorführung des islamfeindlichen Films zu
verhindern, kontraproduktiv. Das ist Zensur. Verbote jedoch bringen
kein Licht in das finstere Weltbild der Fundamentalisten. Der Vatikan
hat das beherzigt, als er von der Strafverfolgung der
»Titanic«-Satiriker absah, die auf einem unsäglich dummen Titelbild
den Papst als inkontinent verunglimpft hatten. Der souveräne Geist
hält Anwürfe aus, egal wie dürftig ihr Inhalt auch sein mag. Man
bräuchte über Gewalt kein Wort zu verlieren, wäre der Mensch
friedlich - eine Binsenweisheit. Allerdings könnte man auch über
Schund schweigen, griffe nicht der Krake Intoleranz bereits nach der
deutschen Meinungselite. Der als Philosoph dilettierende
Schriftsteller Martin Mosebach hat unlängst gefordert, Blasphemie
strafrechtlich zu verfolgen. Sein Kollege Ingo Schulze hieb in
dieselbe Kerbe, als er allen Ernstes behauptete, Kunst habe ihre
heute gültigen Formen und Inhalte nur im Zweikampf mit der Zensur
entwickeln können - eine Kunst, die in Freiheit entstehe, sei
Larifari. So weit sind wir also schon wieder. Dass am
sprichwörtlichen Stammtisch das Licht der Aufklärung in den Augen
schmerzt, nimmt nicht weiter wunder. Dass sich mittlerweile aber auch
die Intelligenzija ins Halbdunkel der Vormoderne zurückträumt, weckt
Entsetzen. Das Abendland hat den Kreuzritter längst aus dem Sattel
gefegt. Auf seinen Wiedergänger, den »Gotteskrieger im Tweedjackett«
(Sibylle Berg), können wir gut verzichten.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

417915

weitere Artikel:
  • Westfalenpost: Wähler wollen Gewissheit Von Martin Korte Hagen (ots) - Mag sein, dass es mal eine gute Idee der SPD war, mit der Kür ihres Kanzlerkandidaten bis nach der Niedersachsen-Wahl Ende Januar 2013 zu warten. Geduld führt ja manchmal auch zu guten Resultaten. Doch die Zeiten ändern sich, und die Wähler mögen keine Ungewissheit. Das belegen die aktuellen Umfragewerte: Die Sozialdemokraten fallen zurück, auch weil ihnen ein schlagkräftiges Gegenstück zu einer handlungsstark erscheinenden Angela Merkel fehlt. Der Zeitdruck auf Gabriel, Steinbrück und Steinmeier wächst, denn die K-Frage mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Islam-Schmähvideo Osnabrück (ots) - Dialog muss die Antwort lauten Brennende Botschaften, tote US-Diplomaten, antiwestliche Massendemonstrationen in islamischen Metropolen: Die Macher des Mohammed-Schmähvideos aus den USA wollten Hass säen. Das ist der kleinen fundamentalistischen Gruppe auf erschreckende Weise gelungen. Denn das Internet kennt leider keine Grenzen. Ist solch ein Clip erst einmal hochgeladen, können wenige Radikale viel Unheil anrichten. Es darf im Netz zwar keine Zensur geben. Doch es sollten internationale Standards für das mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Alkoholprävention bei Jugendlichen Osnabrück (ots) - Das Limit muss für jeden gelten Nur bei Grün - den Kindern ein Vorbild. Das Ampelschild, klein und bescheiden, birgt eigentlich eine ganz große pädagogische Leistung: Es spricht die Erwachsenen an, nimmt sie zum Schutz der Kinder in die Pflicht. Es wendet sich also an die Richtigen. Warum ist das bei der Alkoholprävention so schwer? Die Kampagne "Kenn dein Limit" zeigt heftige Bilder und Videos, verdeutlicht Jugendlichen, wie peinlich, schmerzvoll oder gefährlich ein Sauf-Absturz werden kann. Es gibt Promillerechner mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Merkel / Koalition Osnabrück (ots) - Gute Ausgangsposition So kennt man Angela Merkel: ernst, sachlich und pragmatisch, nur selten wird sie emotional. Dabei hat sie durchaus Grund zur Freude. In Umfragen surft sie auf einer Welle der Popularität. Und ihre Christdemokraten liegen aktuell in Umfragen zwölf Prozentpunkte vor der SPD - eine gute Ausgangsposition ein Jahr vor der Bundestagswahl. Das alles ist umso erstaunlicher, als die Bilanz der schwarz-gelben Koalition bescheiden ausfällt. Große innen- oder sozialpolitische Akzente hat sie nicht mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Inselstreit zwischen China und Japan Osnabrück (ots) - Gefährliche Gefühle Es ist ein gefährliches Gemisch, das sich im ostasiatisch-pazifischen Raum zusammenbraut. Ein Streit um Inseln zwischen Peking und Tokio spitzt sich zu. Mitten hinein platzt die Nachricht, dass Washington einen zweiten Raketenabwehrschirm in Japan stationieren will. Dagegen ist zunächst nichts einzuwenden. Seit Jahrzehnten sind die USA Schutzmacht von Ländern in der Region, darunter auch Taiwan oder - etwas weiter weg - Australien. Der jüngste Inselstreit mit Japan, in dem China ungewöhnlich mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht