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Deutsche Umwelthilfe: Bundesregierung spaltet Gesellschaft schon wieder an der Energiefrage

Geschrieben am 11-09-2012

Berlin (ots) - Erste gemeinsame Pressekonferenz der neuen
DUH-Doppelspitze Michael Spielmann / Jürgen Resch - Politik der
Milliardengeschenke für Teile der Industrie beenden - DUH regt
Möglichkeit zur Abregelung von Einspeisespitzen bei Wind und Sonne an
- Energieeffizienz als umfassendes Funktionsprinzip der Gesellschaft
einführen - Latenter Konflikt zwischen Energiewende und Naturschutz
soll DUH-Schwerpunkt werden

Die Energiewende kann nur als "Gemeinschaftswerk" von Politik,
Wirtschaft und Gesellschaft erfolgreich sein. Das hatte die von
Bundeskanzlerin Angela Merkel eingesetzte Ethik-Kommission "Sichere
Energieversorgung" vor dem Start des Generationenprojekts im Frühjahr
2011 erklärt. Die Bundesregierung vor allem ist dafür verantwortlich,
dass ein Jahr nach dem Start des Generationenprojekts Energiewende
das Gegenteil geschieht. So lautet der zentrale Vorwurf der Deutschen
Umwelthilfe e. V. (DUH), die mit einer neuen Doppelspitze antritt.

Der neue Bundesgeschäftsführer der Umwelt- und
Verbraucherschutzorganisation, Michael Spielmann und sein Amtskollege
Jürgen Resch, der diese Funktion bereits seit 1986 inne hat, werfen
der Bundesregierung vor, mit einem Bündel milliardenschwerer
Entlastungen von Teilen der Wirtschaft den gesellschaftlichen Konsens
des vergangenen Jahres über die Energiewende aufs Spiel zu setzen und
die Gesellschaft erneut an der Energiefrage zu spalten. Die
Leidtragenden seien nicht nur die privaten Haushalte, die die
Vergünstigungen für die energieintensive Industrie einerseits mit
ihren Stromrechnungen und andererseits als Steuerzahler bezahlen
müssen, sondern auch der nicht privilegierte Mittelstand.

Die treibenden Kräfte einer seit Monaten andauernden
Negativ-Diskussion über die Energiewende seien zum einen
Branchenvertreter, die befürchten zu Verlierern der Energiewende zu
werden. Zum anderen seien es aber auch Politiker des
Regierungslagers, die die radikale Kehrtwende der Bundeskanzlerin in
der Energiepolitik nach Fukushima nicht aus Überzeugung sondern aus
Machtopportunismus mitgetragen hätten. "Wir erleben die paradoxe
Situation, dass diejenigen, die 2011 die Energiewende beschlossen
haben, sie 2012 offen oder verdeckt bekämpfen", sagte Spielmann. Von
Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gebe es seit Jahresbeginn
ausnahmslos Vorschläge, die die eben erst begonnene Energiewende
bremsen oder zum Erliegen bringen sollen. Verstörender sei
allerdings, dass nun auch Umweltminister Peter Altmaier (CDU) offen
die "Drosselung" der Energiewende einfordere.

Mit Blick auf die Milliardenprivilegien für die energieintensive
Industrie, die sich allein 2012 auf rund 10 Milliarden Euro
summieren, forderte Resch das Ende aller pauschalen Vergünstigungen.
"Was wir erleben ist nicht nur eine Klientelpolitik, mit der versucht
wird, vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr die Teile der
Wirtschaft zurück in das Regierungslager zu holen, die sich wegen
Angela Merkels Energiewende enttäuscht abgewandt hatten. Diese
Politik kündigt auch bewusst eine von einer breiten Mehrheit
solidarisch getragene Energiewende auf." Dabei würden sogar
Unternehmen begünstigt, die massiv vom Zubau der Erneuerbaren
Energien profitieren. Andererseits gehe diese Politik zu Lasten des
Mittelstands, der vor allem Träger der bisherigen Erfolge der
Energiewende sei. Geradezu symbolträchtig für die Konsequenzen der
Politik der Bundesregierung sei die Verfassungsklage
mittelständischer Unternehmen aus der Textilbranche gegen die
EEG-Umlage.

Resch forderte das Ende von pauschalen Vergünstigungen für Teile
der Industrie. Vergünstigungen dürften in Zukunft im Grundsatz nur
noch gegen belegbare Gegenleistungen etwa bei der Energieeffizienz
oder im Klimaschutz gewährt werden. Investitionen in entsprechende
Technologien könnten zum Beispiel durch steuerliche
Abschreibungsmöglichkeiten angereizt werden.

Nach Überzeugung der DUH versagt die Bundesregierung auch bei der
Energieeffizienz. Dabei gehe es nicht nur um das "endlosen Gewürge um
die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung",
betonte Resch. Vielmehr behandle die Bundesregierung Energieeffizienz
insgesamt als "Stiefkind der Energiewende". Energieeffizienz müsse
aber zu einem durchgängigen Funktionsprinzip der Gesellschaft werden,
wenn die Energiewende erfolgreich verlaufen solle. Auf der
Verbrauchsseite forderte Resch, erfolgsträchtige Konzepte wie den
Top-Runner-Ansatz konsequent für alle energieverbrauchenden
Massenprodukte anzuwenden. Wo gesetzliche Regelungen zur Reduzierung
der Energieverschwendung bestehen, müsse der Staat mit Kontrollen und
notfalls auch Sanktionen für deren Durchsetzung sorgen.

Spielmann forderte die Bundesregierung auf, nach insgesamt drei
Novellen des Erneuerbare Energien Gesetzes in dieser
Legislaturperiode, das "Rückgrat der Energiewende" nicht noch einmal
anzufassen. Spielmann: "Wir brauchen angesichts der Tatsache, dass
die Erneuerbaren Energien inzwischen ein Viertel unseres Strombedarfs
decken, eine Neubestimmung der Rahmenbedingungen der Energiewende.
Dabei gehe es insgesamt um ein neues Marktdesign, weil das alte bei
weiter steigenden Anteilen von Strom aus Sonne und Wind, nicht mehr
funktioniert. Aber hier geht eindeutig Gründlichkeit vor
Schnelligkeit."

Die angemessene Antwort auf zunehmende Schwierigkeiten, Strom aus
Windkrafträdern und Photovoltaikanlagen in das vorhandene Stromnetz
einzuspeisen, sei nicht die "Drosselung" (Altmaier) oder gar ein
"Moratorium" (Brüderle) beim weiteren Zubau. Gefragt seien Lösungen,
die geeignet seien, sowohl das Netz zu entlasten als auch den
weiteren Zubau von EE-Kapazitäten zu ermöglichen. Konkret schlägt die
DUH vor, die Kappung der höchsten Einspeisespitzen von Wind- und
PV-Anlagen grundsätzlich zuzulassen. Erste empirische Untersuchungen
hätten ergeben, dass etwa bei der Kappung der obersten 20 Prozent der
Windeinspeisung die Windräder nur wenige Stunden im Jahr abgeschaltet
werden müssten. Der Verlust an elektrischer Arbeit betrage für diesen
Fall kaum ein Prozent. Im Gegenzug könne aber einerseits der
Ausbaubedarf der Stromnetze reduziert werden, andererseits der Zubau
von Wind- und Solarkapazitäten vorerst weitergehen.

Als weiteren künftigen Schwerpunkt der DUH im Zusammenhang mit der
Energiewende nannte Spielmann die frühzeitige Beschäftigung mit den
Naturschutzfolgen der Energiewende. Dies sei entscheidend für den
Rückhalt in der Bevölkerung. Der neue DUH-Geschäftsführer: "Es gibt
im Rahmen der Energiewende einen latenten Konflikt zwischen Umwelt-
und Naturschutz, den wir nicht verdrängen dürfen." Die DUH werde ihr
Engagement auf diesem Feld in Zukunft bewusst ausbauen und nach
intelligenten Lösungen für bestehende Konflikte suchen. Als Beispiele
nannte er den Vogelschutz beim Bau von Freileitungen, das so genannte
ökologische Trassenmanagement entlang von Stromfreileitungen und die
Entwicklung von Lärmschutz-Technologien zur Abmilderung der
Schallwellen, die bei der Errichtung von Offshore-Windparks entstehen
und insbesondere bei Walen und Robben schwere Schäden hervorrufen
können.

Ein ausführliches DUH-Hintergrundpapier zum Thema finden Sie im
Internet unter
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2915.
Hier ist ab 14.00 Uhr auch eine ausführliche Vita von Michael
Spielmann erhältlich.



Pressekontakt:
Michael Spielmann, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin, Tel: 030 2400867-0; Mobil: 0160 90914431,
E-Mail: spielmann@duh.de

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin, Tel: 030 2400867-0, Mobil: 0171 3649170, E-Mail: resch@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Tel: 030 2400867-0, Mobil: 0171 5660577,
E-Mail: rosenkranz@duh.de


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