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DER STANDARD - Kommentar: "Erwin, dein Wille geschehe" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 04-09-2012

Spindelegger lässt als ÖVP-Obmann ein klares Profil und
Programm vermissen. (Ausgabe vom 5.9.2012)

Wien (ots) - Mitleiderregend, authentisch und schwammig. In diese
Phasen lässt sich das ORF-Sommergespräch mit ÖVP-Chef Michael
Spindelegger einteilen. Er wirkte stark, wenn es um Europathemen
ging. Sein EU-Engagement ist glaubwürdig - vor allem, wenn er auf
markige Sprüche wie zuletzt verzichtet.
Er wirkte schwach, wenn sein Standing in der Partei zur Sprache kam.
Die von ihm selbst zuvor dementierten und dann in der Sendung
bestätigten Pläne, ins Finanzressort zu wechseln, trugen nicht zu
der von ihm propagierten Glaubwürdigkeit bei.
Entlarvend waren seine Worte zu Niederösterreichs Landeshauptmann
Erwin Pröll. Dass dieser ihm über den Kurier ein Referendum zur
Wehrpflicht vorgeschrieben und ihn zu einem Schwenk gezwungen hat,
kommentierte Spindelegger so: "Das sagt, dass ich mit Erwin Pröll
immer einer Meinung bin. Das ist der Punkt."
Genau, das ist der Punkt.
Spindelegger wurde noch präziser, was seine Beziehung zu Pröll
betrifft: "Ich lasse über ihn nichts kommen, aber er auch nichts
über mich. Jetzt sind wir doch einmal froh in der ÖVP, dass nicht
ein Parteichef gegen den stärksten Landeshauptmann in
Niederösterreich Politik macht."
Erwin, dein Wille geschehe. Das ist Spindeleggers
Glaubensbekenntnis, das er vor laufender TV-Kameras ablegte. Er
präsentierte sich als Parteichef von Prölls Gnaden.
Dass Spindelegger kein Charisma hat, weiß er selbst. Er macht das
wett, wenn er authentisch ist - und nicht gestelzte, von einem Coach
eingebläute Sätze von sich gibt. Das reicht nicht, um als
Kanzlerherausforderer punkten zu können. Was fehlt, ist ein Profil,
ein Programm, eine Agenda. Es gibt - angefangen bei Bildung - viele
Bereiche, in denen Reformen notwendig sind.
Aber da präsentiert sich Spindelegger als Bewahrer, nicht als
Erneuerer - übrigens auch, wenn es um Reformen in der katholischen
Kirche wie das Frauenpriestertum geht. Spindel_egger schaffte nicht
einmal eine klare Verurteilung der von FPÖ-Chef Heinz-Christian
Strache weiterverbreiteten antisemitischen Karikatur. "Ich kann doch
nicht alles ständig kommentieren, was andere tun", lautete die
Auskunft des Außenministers, der sehr wohl registriert haben muss,
welch verheerendes Echo im Ausland diese Zeichnungen hervorgerufen
haben.
Eine Koalitionsvariante mit der FPÖ und Stronach ist rechnerisch
wahrscheinlich und mag machtpolitisch verlockender als ein Bündnis
mit der SPÖ sein. Aber wer sich alles offenhält, vermittelt den
Eindruck, mit dem der ORF-Teletext Spindeleggers Koalitionsansagen
zusammenfasste: mit allen möglich.
Welche konkreten Zukunftsperspektiven die ÖVP entwirft, welche
_Reformen etwa im Sozialbereich die ÖVP anpeilt, welche
Bildungskonzepte die ÖVP außer Neugebauer?schen
Alles-bleibt-wie-es-ist-Beton anzubieten hat, konnte Spindelegger in
seiner eineinhalbjährigen Obmannschaft nicht deutlich machen. Galt
früher: Onkel Hans (Dichand) regiert die Republik, gilt jetzt noch
immer: Onkel Erwin dirigiert die Volkspartei.
Die Chance, sich zurückzuziehen und einem stärkeren Kandidaten das
Feld zu überlassen, hat Spindelegger nicht genutzt. Agiert
Spindelegger weiter so, kann er auf den Mitleids_bonus setzen. Oder
Pröll zieht die Reißleine nach der Landtagswahl in Niederösterreich
im Frühjahr. Alles ist möglich in und mit der ÖVP.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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