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"DER STANDARD"-Kommentar: "Zeit für eine Neutralitätsdebatte" von Eric Frey

Geschrieben am 28-08-2012

Das Ende der Wehrpflicht ist überall schwierig - in Österreich
ganz besonders (ET 29.08.2012)

Wien (ots) - Wenn in den kommenden fünf Monaten die Österreicher
tatsächlich das Für und Wider eines Berufsheers ernsthaft
diskutieren, dann wird ihnen einen Blick zu den europäischen
Nachbarn nicht erspart bleiben. Dieser bietet Munition für beide
Seiten: Einerseits gibt es nur noch wenige Länder in der EU, die an
der allgemeinen Wehrpflicht festhalten. Und dieser Trend hat gute
Gründe: Die alte Volksarmee, die das Heimatland gegen äußere Feinde
verteidigt, hat seit dem Ende des Kalten Krieges ausgedient.

Andererseits läuft der Aufbau von Berufsheeren nirgendwo so glatt,
wie es Studien vorausgesagt haben. Ob Belgien, Schweden oder
Deutschland - überall fehlt es an Freiwilligen, die auch nur ein
paar Jahre ihres Lebens der Landesverteidigung widmen wollen. Als
Folge sinkt die Qualität der Soldaten, da die Armeen weniger
selektiv werden, und steigen die Kosten, da sie mehr Sold bieten
müssen.

Diese Probleme kennen sogar die angelsächsischen Staaten, die
schon seit Jahrzehnten auf die Wehrpflicht verzichten. Vor allem
während des Irakkriegs hatten die US-Streitkräfte die größten
Schwierigkeiten, genügend Truppen für den Kriegseinsatz zu finden.
Und das niedrige Bildungsniveau vieler einfacher Soldaten trug viel
zu den Übergriffen und Kriegsverbrechen bei, die dem Ansehen Amerikas
so sehr geschadet haben.

Auch Österreich wird sich, sollten sich die Wähler für das Ende
der Wehrpflicht entscheiden, überlegen müssen, wie ohne große
Mehrkosten eine professionelle Armee geschaffen werden soll, die ihre
Aufgaben erfüllen kann, ohne dass sich das Land für sie schämen muss.
Aber bei uns gibt es auch weitere Schwierigkeiten, die andere Staaten
nicht in diesem Ausmaß kennen. Die Wehrpflicht war seit Jahrzehnten
dank der Popularität des Zivildienstes eine billige Quelle von
Sozialarbeitern. Und selbst nach Ende des sinnlosen
Assistenzeinsatzes an der Ostgrenze ist nicht die Landesverteidigung,
sondern der Katastrophenschutz die wahre Hauptaufgabe des
Bundesheers. Kein Berufsheer kann diese Missionen effizient erfüllen.

Deshalb wäre es jetzt an der Zeit, darüber zu diskutieren, was wir
mit unserem Heer eigentlich wollen. Für Krankentransporte braucht
man Sozialhelfer, die auch im Ausland angeworben werden können. Für
Naturkatastrophenschutz gehört eine Art Technisches Hilfswerk nach
deutschem Vorbild her, das dann auch im Ausland zum Einsatz kommen
könnte. Auch hier dürfte ein österreichischer Pass keine
Vorbedingung sein.

Und für die Landesverteidigung hat ein kleines Berufskorps nur
dann einen Sinn, wenn es eng mit den befreundeten Nachbarstaaten
zusammenarbeitet. Das aber wird durch unser Festhalten an der
Neutralität verhindert oder zumindest massiv erschwert. Nur innerhalb
der Nato könnten ein paar zehntausend Berufssoldaten einen sinnvollen
Beitrag zur nationalen Sicherheit leisten. Sonst wird das neue Heer
zu einer Farce, der die Politik allmählich wohl die letzten
Budgetmittel entziehen wird.

Die SPÖ und andere, die nach dem Ende der Wehrpflicht schreien,
sind sich dieser Realitäten kaum bewusst. Vielleicht dämmert es
ihnen, wenn demnächst eine ernsthafte Sicherheitsdebatte ausbricht.
Zu befürchten ist allerdings, dass sich die Diskussion bis zum
Urnengang darin erschöpft, welches Modell ein paar Millionen mehr
oder weniger kostet.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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